Der französische Staat legt sich mit Amazon an. Das ist per se nicht falsch: Man denke allein an die Steuerpraxis des Online-Händlers. Steuereinnahmen in Millionenhöhe, die Staaten wie Frankreich oder auch Deutschland, Jahr für Jahr auf legalem Wege entgehen. Ganz zu schweigen von der aggressiven Preisdumping-Strategie, die nicht wenige Buchhändler international in den Ruin treibt.
Es ist also zweifelsohne an der Zeit, Amazon aus staatlicher Sicht mindestens an eine gesunde Unternehmenskultur zu erinnern und die jahrelang verpassten Steuergelder einzutreiben. Genaugenommen war es schon lange an der Zeit. Da dies in Deutschland auf staatlicher Ebene bislang kaum geschieht – außer dem Vorstoß des Bundeskartellamtes, traute sich bei uns ja in der jüngeren Vergangenheit kaum ein Politiker ernsthaft an das mächtige Unternehmen heran – müssen Kritiker auf das Ausland hoffen.
Kulurministerium fürchtet Online-Handel
Frankreich legt sich jetzt massiv mit dem Online-Händler an: Eine Gesetzesinitiative soll Amazon den Wind aus den Segeln nehmen und die Nation vor einem vermeintlichen Kulturverfall retten. „Ziel des Gesetzes ist es, dass Bücher im Online-Handel mehr kosten als in den Buchhandlungen“, erklärten die Verantwortlichen. Zusätzlich hieß es aus dem französischen Kulturministerium: Der Online-Handel im Allgemeinen, gefährde die kulturelle Vielfalt.
Ernsthaft? Ein europäisches Kulturministerium sieht seine Existenzgrundlage durch den Online-Handel gefährdet?
Es ist völlig nachvollziehbar, dass Frankreich Amazon die Leviten lesen möchte. Der Gesetzesentwurf und die Kulturdebatte allerdings treffen fälschlicherweise den gesamten Online-Handel. Zwar dominiert Amazon den Online-Handel, doch auch in Frankreich repräsentiert Amazon nicht den gesamten Online-Handel. Laut dem französischen E-Commerce-Verband Fevad betreiben in Frankreich über 100.000 Unternehmen Online-Shops. Selbst die kleinen Buchhändler, die es laut Kulturministerium vor dem Kulturverfall zu schützen gilt, haben begonnen Bücher im Internet zu verkaufen.
Der Gesetzesentwurf wird wirtschaftlich nicht nur Amazon treffen, sondern zum Teil auch den kleinen Buchhändler, den man doch schützen wollte. Der Entwurf gleicht dem verzweifelten Versuch, ein als unkontrollierbar empfundenes Phänomen, den Online-Handel, mit aller Härte zurückzudrängen.
Die Aussage, der Online-Handel schade der kulturellen Vielfalt und damit der Kultur im Allgemeinen, steht der Aussage von Angela Merkel, das Internet sei Neuland, an Kurzsichtigkeit in Nichts nach.
Der Vorstoß trifft die gesamte Branche, nicht Amazon
Ein Gedankenexperiment: Mit dem Online-Handel sind in Frankreich vor allem in ländlichen Regionen mehr Bücher zugänglich, als ohne Online-Handel. Möchte das Kulturministerium allen Ernstes behaupten, weniger Bücher führten zu mehr Kultur? Es gibt Kulturanthropologen, die diese These tatsächlich und vielleicht auch zu Recht vertreten, doch ihre Kritik richtet sich nicht an den Online-Handel, sondern an dem Überfluss an Büchern und dem Abflachen behandelter Themen und Argumente in unserem Kulturkreis. Das ist wahrer Kulturverfall, liebes Kulturministerium.
Die Argumente gegen Amazon wiegen bekanntlich schwer, allen voran die Kritik der Steuervermeidung in Frankreich. Dafür allerdings den gesamten Online-Handel und zum Teil auch stationäre Buchhändler mit Online-Shops anzugreifen, ist kurzsichtig und falsch.
Amazon wird in Frankreich weiterhin Steuern vermeiden und seine Marktdominanz ausbauen.
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Gut - manche wohl schon - aber wem nützt so was wirklich ? Gut - Gallo wird Milliardär und in der Wachau werden 20000 arbeitslos.
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