Facebook will Adblocker ausschließen – natürlich zum Wohle des Nutzers. AdBlock Plus will das umgehen – natürlich zum Wohle des Nutzers. Der eine wirft dem anderen vor, aber so gar nicht zum Wohle des Nutzers zu handeln. Und der Nutzer? Der denkt sich:
Kein Mensch braucht Adblocker?
Innerhalb weniger Tage hat sich ein Vorstoß von Facebook gegen Adblock-Programme zur Sommerloch-Schlammschlacht entwickelt. In der kürzest möglichen Form ist Folgendes passiert: Facebook verkündete am Dienstag, Werbung trotz installierter Blockierprogramme anzeigen zu wollen. In der Darstellung des Social Networks ging es dabei freilich nicht darum, dem User verkaufte Anzeigen aufs Auge zu drücken, nein, vielmehr wolle man die User Experience verbessern. „Schlechte Werbeanzeigen unterbrechen unser Online-Erlebnis und verschwenden unsere Zeit“, erklärte das Unternehmen. Also gibt man dem Nutzer mehr Einstellungsmöglichkeiten zur Anpassung seines Feeds. Wer eine Anzeige nicht sehen will, kann sie abschalten, ein Adblocker wird (vermeintlich!) überflüssig.
In dem Zusammenhang kritisierte man gleich noch einmal das Whitelisting, mit dem sich Unternehmen aus der Blockierung „herauskaufen“ können. Kurz darauf meldete sich Eyeo, die AdBlock Plus-Firma, zu Wort und verkündete, dass man bereits einen Workaround gefunden hätte, das eigene Programm kann nun wieder Ads auf Facebook blockieren. Nutzer wollen schließlich keine Werbung sehen, die meisten haben ihren Adblocker dauerhaft in Betrieb. Facebooks sinngemäße Antwort: Euer Workaround ist Mist, weil damit nicht nur Anzeigen, sondern auch bestimmte normale Beiträge geblockt werden. Wir werden auch dagegen ankämpfen. Die erneute Antwort kam prompt, Facebook sei nun wohl „anti-user“ gegangen, meinte Eyeo.
Ich, ich, ich, Geld, Geld, Geld
In der Außendarstellung wirken beide Seiten längst wie bockige Besserwisser, die solange auf ihrem Standpunkt beharren, bis einer irgendwann entnervt aufgibt. Aufgeben wird hier natürlich niemand, denn es geht nicht ums Rechthaben, sondern ausschließlich um Image und Geld. Facebook mag sein Update als Komfortlösung für den Nutzer hinstellen, der nun noch mehr selbst einstellen kann, doch allein die Tatsache, dass man angezeigte Werbung erst manuell „abschalten“ muss, ist alles andere als user-friendly. Aber das muss man ja nicht so laut nach außen kommunizieren.
Facebook macht das zugegebenerweise derzeit äußerst geschickt mit der Öffentlichkeitsarbeit. Auf der einen Seite sammelt man Beliebtheitspunkte, indem man etwa Clickbaiting den Kampf ansagt. Auf der anderen Seite prüft man frische Werbemodelle wie Mid-Roll-Spots in Live-Videos und Mark Zuckerberg verkauft sogar das noch als nutzer-freundlich. Wer Werbung mitten in Online-Videos mag, möge dies bitte unten in die Kommentare schreiben.
Facebook und Eyeo stellen sich gerade beide als die ehrenwerten Verfechter des Guten hin, die nur die Interessen der Online-Nutzer im Sinn haben. Dabei sind beide nur darauf bedacht, den eigenen Umsatz zu maximieren. Facebook will die Werbung zum Kunden bringen, AdBlock Plus will dank der Bekämpfung dieser Werbung Kunden gewinnen. Beide werfen sich Steine an den Kopf, bis einer weint.
Und wir als Facebook-Nutzer sind genauso schlau wie vorher. Wir nutzen einen Adblocker, der uns im Zweifel trotzdem Werbung anzeigt, wenn die Firma dahinter nur bezahlt hat und wir nutzen Facebook und regen uns trotzdem weiter darüber auf, wenn Anzeigen, in deren Zielgruppenauswahl wir irgendwie gerutscht sind, im Newsfeed auftauchen. Jetzt können wir diese quasi wegklicken. Eine Verbesserung der User Experience ist das trotzdem nicht, schließlich konnte man Werbung auch vorher schon wegklicken.
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