Sie kennen sicher alle die Geschichte vom „Rattenfänger von Hameln“? Dabei handelt es sich um eine alte, deutsche Sage, die die Geschichte eines Mannes erzählt, der erst die Stadt Hameln von ihrer Rattenplage befreit und dann – weil ihm der Lohn dafür verwehrt wird – alle Kinder der Stadt auf Nimmerwiedersehen entführt. Möglich war ihm dies mithilfe einer Flöte, auf der er es vermochte, eine Melodie anzustimmen, der zuerst die Ratten und dann die Kinder folgten.
Nunja… es mag vielleicht ein etwas harscher Vergleich sein, doch heute Morgen musste ich an eben jene Geschichte denken. Auslöser waren die neuesten Nachrichten über Amazon: Der US-Konzern hat nämlich verlauten lassen, in den USA seine Prime-Mitgliedschaft teurer zu machen.
Wohin wird es noch gehen mit den Kosten für Amazon Prime?
Als das Kundenbindungsprogramm im Jahr 2005 das Licht der Welt erblickte, mussten die US-amerikanischen Kunden 79 Dollar jährlich zahlen, um im exklusiven Prime-Team dabei zu sein. Zugegebenermaßen blieb das Preisniveau daraufhin viele Jahre stabil, bis sich Amazon 2014 für eine deutliche Preiserhöhung auf 99 Dollar entschied.
Nun steht die nächste Anpassung an: Kunden, die künftig noch von der Premium-Mitgliedschaft profitieren möchten, müssen ab dem 11. Mai sogar 119 Dollar im Jahr auf den Tisch legen.
Das muss man erst einmal sacken lassen…
119 Dollar. Für ein Kundenbindungsprogramm ... Sicher: Wer diese Summe zahlt, kann über Prime Video Serien und Filme kostenlos schauen. Doch man muss auch zugeben, dass das Angebot vergleichsweise gering ist. Im Sortiment sind immer mal wieder ein paar richtig guter Blockbuster und Serien. Doch die Kritik vieler Nutzer, dass diese Prime-Inhalte nur allzuschnell auch wieder kostenpflichtig werden und die hohen Prime-Gebühren gar nicht wert sind, hört man immer wieder.
Ansonsten lockt Amazon zwar mit einem kostenlosen und schnellen Versand – doch nicht nur aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Amazon seine Lieferversprechen nicht immer einhalten kann. Außerdem: 119 Dollar im Jahr ausgeben, um keinen Versand zahlen zu müssen???
Doch es stellt sich die Frage: Wie viele Kunden, die erst einmal im Amazon-Prime-Team platzgenommen haben und Teil der großen glücklichen Amazon-Familie sind, wollen überhaupt noch gehen? Oder schaffen es gar, die Kündigungsfrist einzuhalten. Ich persönlich kenne eine Handvoll Leute, die mir immer mal wieder sagen: „Ach, eigentlich wollte ich ja kündigen… Aber… naja… nächstes Jahr irgendwann…“ und dann sind sie weitere drei Jahre Teil des Teams.
Und was hat das nun mit dem Rattenfänger zu tun?
Ganz einfach: Amazon hat sich erst vor kurzer Zeit mit einem neuen Meilenstein in der Unternehmensgeschichte gebrüstet und kann nun unfassbare 100 Millionen Prime-Kunden vorweisen. EINHUNDERTMILLIONEN.
Und den meisten dürfte es ein wohliges Gefühl ums Herz vermitteln, Teil der Amazon-Familie zu sein. Trotz der viel angeprangerten Arbeitsbedingungen. Trotz der Steuervermeidungstricks. Trotz der vermeintlich laschen Datenschutzstrategie. Trotz fragwürdiger Verkaufstaktiken. Trotz Kritik von Verbraucherschützern, Herstellern, Autoren, Zulieferern und und und…. Und warum geht die Strategie dennoch auf? – Ganz einfach: Weil Amazon weiß, was Kunden wollen und die Wünsche erfüllt. UND weil Amazon es schafft, Begehrlichkeiten zu wecken, die vorher nicht da waren.
Amazon fängt sich die Kunden mit netten Goodies und ansprechenden Aktionen und schafft es dann – und das ist das Wichtigste an der ganzen Nummer – die Kunden langfristig zu binden. Und nie wieder herzugeben. Selbst, wenn die Preise steigen. Darin liegt der Erfolg dieses schier unantastbaren Online-Giganten.
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