Wie Golem ein Interview des SAP-Chefs Christian Klein mit Zeit Online zitiert: „Wenn wir weiterhin unser Geschäft im öffentlichen Sektor der USA behalten wollen (…), können wir unsere bislang gültigen Zielvorgaben nicht behalten.“
Und ja, natürlich ist das für den Chef eines Großkonzerns ein wichtiges Thema. Laut eines Berichts der Brussel Times beschäftigt das Unternehmen allein in den USA über 17.000 Mitarbeitende. Mitarbeitende, die bei einem Vertragsende seitens der US-Bundesregierung ohne Job dastehen könnten.
Diversity wird zum Gimmick der Mächtigen
Um jetzt diese Mitarbeitenden nicht zu enttäuschen (beziehungsweise sich die Umsätze nicht entgehen zu lassen) musste also gehandelt werden. Dafür streicht SAP konkret das Ziel, 40 Prozent der Belegschaft durch Frauen zu besetzen. Weiterhin wird eine zuvor bestandene Diversity-Abteilung praktisch aufgelöst und mit einer anderen Abteilung zusammengelegt.
Der Schritt erfolgte bereits im Mai. Doch erst jetzt äußerte sich Klein zu der seither lautgewordenen Kritik und zieht in den Verteidigungsmodus. Die Abschaffung der Frauenquote betreffe demnach nur die USA. Ach, dann ist ja alles nur halb so wild.
Versteht mich nicht falsch: Aus rein wirtschaftlicher Sicht ergibt der Schritt schon Sinn. Aber sollte die wirtschaftliche Sicht wirklich alles andere übertrumpfen? Vor allem bei Unternehmen, die sich zuvor als ach so inklusiv hervortaten.
Nach Ausbruch des Ukraine-Krieges zeigte sich, dass viele Unternehmen sehr wohl in der Lage sind, Moral über Wirtschaftlichkeit zu stellen. Aber Gleichberechtigung und Inklusion sind schließlich kein Krieg. Gerade aktuell, im Pride Month, zeigt sich wieder, dass DEI für viele nur ein Marketing-Gimmick ist: aus der Schublade geholt, wenn es nützt, aber schnell wieder weggepackt, wenn andere Interessen vermeintlich wichtiger sind.
Was kommt nach Trump?
Die große Frage, die jedoch im Raum stehen bleibt: Was kommt nach Trump? Also gesetzt dem Falle, dass dieser nicht sämtliche Regeln überwirft und sich zum Gottkaiser auf Lebzeiten positioniert. Was aber, wenn die nächste Regierung wieder eine andere Meinung hat? Kommt dann die nächste Rolle vorwärts?
Das Mindeste, was wir als Gesellschaft nun tun sollten, wäre SAP mit dem Entzug der Glaubwürdigkeit zu strafen. Also, lieber Christian Klein: Lass es einfach sein. Hör auf so zu tun, als wäre dir Gleichberechtigung auch nur im Ansatz so wichtig wie Geldscheinchen. Steh wenigstens dazu. Und spätestens bei der nächsten Rolle vorwärts, rückwärts oder wohin auch immer lachen wir zusammen darüber. Vielleicht gibt es dann ja sogar Geldscheinchen mit Pride-Flagge darauf, um die Heuchelei komplett zu machen.
Meine Hoffnung wäre auch, dass Diversity irgendwann kein Bonusprogramm mehr wäre. Nichts, dass man mal eben einstellt, wenn es aus der Mode kommt. Gleichberechtigung sollte Standard sein. Idealerweise braucht es dafür irgendwann einmal auch keine Quote mehr. Aber so lange sich erwachsene Männer mit zu viel Macht streiten wie 3-Jährige und dabei mit dem Leben von Menschen spielen, bleibt das vermutlich nur naive Utopie.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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