Temu: Ist „brauchbar“ echt der Maßstab?

Veröffentlicht: 05.03.2025
imgAktualisierung: 05.03.2025
Geschrieben von: Ricarda Eichler
Lesezeit: ca. 2 Min.
05.03.2025
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ca. 2 Min.
Frau sitzt vor einem Berg aus Müll
Erstellt mit Dall-E
Die Stiftung Warentest bewertete Temu erstaunlich positiv. Aber kann man sich des Prädikats „brauchbar“ wirklich rühmen?


Bei der Bewertung von Billigportalen wie Wish, Temu und AliExpress gibt es immer zwei Seiten: den Nachhaltigkeitsgedanken sowie den Sozialgedanken. Wem es finanziell gut geht, dem fällt es leicht auf „Chinaschrott“ herumzuhacken. Viele Menschen haben aber, gerade in den letzten Jahren, mit finanziellen Engpässen zu kämpfen und freuen sich über den Zugang zu Mode, Gadgets und Co. fürs kleine Budget.

Und trotzdem wirkt die jüngste Bewertung der Stiftung Warentest für beide Seiten irgendwie skurril. Untersucht wurden sieben Billigmarktplätze sowohl auf Serviceaspekte als auch auf die gelieferten Produkte. Der Aufsteiger Temu schnitt dabei überraschend positiv ab. In der Pressenotiz rühmte man sich gar: „die bei Temu gekauften Produkte hätten sich als ‚brauchbar‘ erwiesen und ‚entsprachen der Beschreibung‘.

Aber ist „brauchbar“ denn jetzt wirklich der neue Maßstab? 

Gekauft, um auf dem Müll zu landen

Eigentlich ist die Sache doch ganz klar: kaufst du billige Produkte, wurde meistens irgendwo in Sachen Produktion gespart. Qualitative Abstriche sind hier klares Kalkül. Als Verbraucher:in trifft man die bewusste, wenn auch teils unumgehbare, Entscheidung für ein Produkt, das weniger lange halten wird. In manchen Fällen ist die Haltbarkeit dabei natürlich weniger relevant.

Ein Shirt, welches man aufgrund der schnelllebigen Modeindustrie ohnehin nur ein- bis zweimal tragen möchte, braucht keine hochwertige Verarbeitung. Anders sieht es da aber bei Technik aus. Und wer sich den teuren Ghd-Haarstyler nicht leisten kann, nimmt eben das 20 Euro-Äquivalent von Temu. Resultat können dann halt, wie bei Stiftung Warentest erlebt, brennende Handtücher oder Stromschläge sein.

Die Gefahr für den eigenen Leib mal beiseite gestellt, fördert man mit dem Kauf also auch direkt den stetig wachsenden Berg an Elektroschrott. Laut Statista soll die Menge an globalem Elektroschrott bis 2030 auf 75 Millionen Tonnen ansteigen. Dass die Produkte auf dem Müll landen, ist dabei aber noch nur die eine Seite. Die andere Seite ist, dass sich die Plattformen, anders als deutsche Händler:innen, nicht an den Entsorgungskosten beteiligen. 

Brauchbar – aber braucht man’s?

Das soll nun keine Moralpredigt werden. Wer auf China-Marktplätzen kauft, hat hierfür seine oder ihre Gründe. Und der oder die einzelne Verbraucher:in werden nie im gleichen Ausmaß für den Klimawandel verantwortlich sein, wie große Konzerne. Du kannst dir keine Markenware leisten, aber möchtest trotzdem mal so eine coole Smartwatch? Gönn dir! Davon geht die Welt nicht zu Grunde.

Wenn diese dann aber kaputtgeht, was tust du dann? Kaufst du den gleichen Schrott erneut, oder greifst du doch zum wertigeren Produkt? Oder hast du gar gemerkt, dass du sie ohnehin jeden Tag zu Hause lässt? Die Frage ist nicht „Ist das brauchbar?“, sondern viel mehr „brauche ich das wirklich?“

Veröffentlicht: 05.03.2025
img Letzte Aktualisierung: 05.03.2025
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Ricarda Eichler

Ricarda Eichler

Expertin für Nachhaltigkeit

KOMMENTARE
4 Kommentare
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ralf
06.03.2025

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Ja, aber wo ist der Unterschied jetzt zwischen Amazon und Temu? Das könnte die Redaktion mal erörtern. Der Anteil an Chinaware ist bei Temu zwar derzeit etwas größer, aber jeden Tag kommen neue europäische Händler dazu, sodass sich das Verhältnis in in 6 bis 12 Monaten ähnlich wie bei Amazon sein wird. Was ich mir wünschte wäre, dass man auf Amazon ebenfalls mal das gleiche kritische Auge draufwerfen würde. Letztendlich ist Temu ja nur ein Marktplatz. Die Waren stammen ja von Firmen die auf Temu verkaufen. Soll man den Marktplatz kritisieren oder die Firmen, die nebenbei auch auf Amazon verkaufen?
cf
06.03.2025

Antworten

Ein guter Beitrag - vielen Dank. Einzig die Aussage "Du kannst dir keine Markenware leisten, aber möchtest trotzdem mal so eine coole Smartwatch?" würde ich etwas relativieren, da viele "Marken" auch in Billiglohn-Ländern unter schlechten Arbeitsbedingungen produzieren lassen - aber es werden die beschriebenen Sicherheitsprüfungen tatsächlich oft korrekt umgesetzt...
Frank2
05.03.2025

Antworten

Seit wann ist den eine Aussage von der Stiftung Warentest wieder was Wert? Da Könnte sich auch der TÜV XY mal wieder lächerlich machen und ein Siegel vergeben...
P-G
05.03.2025

Antworten

Hallo Ricarda, ich mag deinen Umwelt- und Nachhaltigkeits-Gedanken. Leider ist meine Erfahrung, dass es kaum noch Produkte gibt, die auf Langlebigkeit ausgelegt sind. Bei dem Produktentwickler Maßstäbe in Haltbarkeit und Reparaturfreundlichkeit setzen. In den meisten Geschäften tun Verkäufer das, was sie sollen, verkaufen. Eine wirklich fachkundige Beratung erhält man auch nicht mehr. Also greife ich direkt zum Onlinehandel. Große Auswahl, vergleichbare Preise und am Ende kommen doch die meisten Produkte aus fernen Ost. Wenn ich mir die deutschen Autohersteller ansehe, machen die es uns seit gefühlt 20 Jahren vor. Autos sind Wegwerfartikel geworden. Meine Idee: Ein vertrauenswürdiges Siegel, das für Vertrauen, Langlebigkeit +8 Jahre und Reparaturfreundlichkeit (Ersatzteile mittels 3D Drucker, Schaltpläne oder garantiere Ersatzteillieferung) steht. Damit schaffen wir weniger Abfall und