Im Wirecard-Bilanzskandal schaltet sich nun auch die britische Finanzaufsicht FCA ein. Die Behörde hat der britischen Wirecard-Tochter Wirecard Card Solutions (WCS) „de facto den Geschäftsbetrieb untersagt“, berichtet das Handelsblatt. Konkret darf WCS aufgrund der Insolvenz des Mutterkonzerns keine regulierten Aktivitäten mehr ausüben, heißt es weiter. Die Wirecard-Tochter wurde zudem dazu verpflichtet, ihre Kunden darüber zu informieren.
Die Auswirkungen der FCA-Entscheidung sind weittragend: Millionen Kreditkartenkunden können ihre Karten vorläufig nicht benutzen, alle Konten, die mit der WCS-Technologie laufen, seien eingefroren. Kundengelder sind damit nicht zugänglich, wie die FCA weiter ausführte. Die Finanzaufsicht hatte die Wirecard-Tochter bereits vergangene Woche angewiesen, keine Kundengelder mehr zu überweisen – es sei denn, es gebe eine explizite Anweisung der Kunden.
Millionen Kunden betroffen
„Unser oberstes Ziel ist es, die Interessen und das Geld der Verbraucher zu schützen, die Wirecard nutzen“, zitiert das Handelsblatt die FCA. Wirecard Card Solutions erbringt Zahlungsdienstleistungen für einige Fintechs, die Prepaid-Kreditkarten anbieten. Dazu zählt auch das britische Unternehmen Curve, das 1,3 Millionen Kunden hat. Diese können nun für einige Tage nicht auf ihre Curve-Karte oder die zugehörige Smartphone-App zurückgreifen, um Zahlungen durchzuführen.
An ihr Geld kommen die Kunden aber trotzdem, da Curve lediglich alle Bankkonten eines Kunden in einer App bündelt, um diese zentral verwalten zu können. Die Gelder der Kunden blieben aber auf ihren Bankkonten. Über die normale Bankkarte bleibt der Zugriff also weiterhin bestehen.
Curve habe zudem bereits im April begonnen, sich von WCS loszulösen und ein eigenes Zahlungsabwicklungssystem aufzusetzen. Dieser Prozess sei nahezu abgeschlossen, die Curve-Karten dürften also ab kommender Woche wieder funktionieren.
Kreditkartenanbieter beobachten Situation genau
Die Kreditkartenanbieter Visa und Mastercard sollen Insidern zufolge ihre Geschäftsbeziehungen zu Wirecard überdenken, berichtet Finanzen.net. Wirecard hatte über die beiden Anbieter seine Kreditkarten ausgegeben. Der Welt zufolge äußern sich die beiden Anbieter allerdings noch zurückhaltend. „Wir beobachten die aktuellen Entwicklungen sehr genau und bewerten neue Informationen, sobald sie bekannt werden“, ließ demnach Visa verlauten. Die Wahrung der Integrität des Zahlungssystems und der Schutz der Kunden hätten nun Priorität.
Auch Mastercard beobachte die Situation genau. „Unsere Priorität ist es, sicherzustellen, dass die Leute ihre Karten weiterhin nutzen können. Wir werden weiterhin mit allen Parteien zusammenarbeiten und stehen bereit, um alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“, zitiert die Welt eine Sprecherin des Unternehmens.
Bafin übernimmt Kontrolle der Wirecard Bank AG
Unterdessen hat sich mit Aldi Süd auch ein erster Kunde der Wirecard Bank AG, die nicht von dem angestrebten Insolvenzverfahren des Mutterkonzerns betroffen ist, zu dem Fall geäußert. Aldi Süd wickelt über die Wirecard Bank AG Kreditkartenzahlungen und das Geschäft mit der Aldi-Geschenkkarte ab. „Für unsere Kunden ergeben sich bisher in beiden Bereichen keinerlei Veränderungen“, erklärte das Unternehmen nun. Die Guthaben auf den Geschenkkarten seien „sicher und gedeckt“, die Zahlungen mit Kreditkarten weiterhin möglich.
Die Wirecard Bank AG ist zwar nicht von der Wirecard-Insolvenz betroffen, wird aber seit dieser Woche von einem Sonderbeauftragten der Bafin kontrolliert. Dieser soll unter anderem sicherstellen, dass kein Geld aus der Bank in den Konzern abfließt. Die Guthaben der Bankkunden sind durch den Einlagensicherungsfond der privaten Banken abgesichert. Diese Absicherung umfasst bis zu 19,7 Millionen Euro pro Kunde.
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