Das Weihnachtsfest steht an, Geschenke werden nun fleißig geshoppt. Um jetzt zu verkaufen, haben viele Händler:innen in den letzten Monaten ihre Lager – vor allem bei Marktplätzen wie Amazon, aber auch im eigenen Shop – gefüllt und den Nachschub schon parat. Solche saisonalen Spitzen bringen für viele Handelsunternehmen im Vorfeld einen großen Kostendruck mit sich. „Die meisten Online-Händler:innen kennen die Herausforderungen der Saisonalität gut“, erklärt die Finanzexpertin Ulrike Grandi vom Kreditinstitut Banxware. „Wenn Ware geordert oder produziert werden muss und sie in Vorleistungen gehen müssen, kann das zu Problemen mit dem Cashflow führen.“ Und wenn in der Kasse gerade nicht genug drin ist, bleibt mitunter die eine oder andere Chance liegen.

Geld brauchen Händler:innen aber auch immer wieder, um wachsen zu können, in andere Märkte zu expandieren oder in neue Sortimente und Lagerbestände sowie in Software, Website oder Prozesse zu investieren. Doch es zu bekommen, ist leider nicht ganz so einfach – und es gibt so einiges zu beachten.

#1 Das wirtschaftliche Umfeld beeinflusst die Kreditvergabe 

Banken sind in der Regel die erste Anlaufstelle, wenn Unternehmen einen Kredit bekommen wollen. Doch sie sind bei der Vergabe derzeit so restriktiv, wie seit sieben Jahren nicht mehr, zeigte jüngst eine Erhebung des ifo-Instituts. „2024 ist immer noch von schwächelnder Konjunktur geprägt. Wir haben Zurückhaltung bei der Investitionsbereitschaft und etliche Insolvenzen gesehen. Die aktuelle Wirtschaftslage und die hohen Energiepreise, die zu vermehrten Kreditausfällen führen können, haben gerade bei den Banken dazu geführt, dass sie Kreditvergaberichtlinien spürbar verschärft haben und sich bei der Kreditvergabe zurückhalten“, führt Grandi zu den Gründen aus.

Eine Verbesserung der angespannten Lage erhofft man sich in der Kreditbranche durch das Weihnachtsgeschäft: Die Marktforschungsagentur Mintel prognostizierte für dieses Jahr insgesamt ein Wachstum des Online-Handels auf 83,7 Milliarden Euro – das entspräche einem Plus von 5 Prozent. Zudem senkte die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinssätze um 0,25 Prozent auf 3,5 Prozent. Dies seien „kleine, aber wichtige Signale, die uns Hoffnung machen“, so Grandi.

#2 Kreditgeber – Bank oder Alternative?

Die größte Herausforderung für Online-Händler:innen bei der Kreditanfrage ist, die zu ihnen passende Finanzierungsform zur aktuellen Situation zu finden. Ein etabliertes Unternehmen mit einer guten Beziehung zur Hausbank wird dort meistens die günstigeren Konditionen erhalten. Um kurzfristig den Cashflow zu optimieren, funktioniert das aber eher nicht. „Wollen Online-Händler:innen sehr schnell auf Marktchancen reagieren oder kurzfristig Marketing pushen, dann sind die Prozesse der Bank oft zu langwierig“, so die Finanzierungsexpertin. Dafür kommen alternative Kreditgeber, auch als „alternative Lender“ bekannt, infrage. „Sie haben mehr Spielraum, da sie sich den aktuellen Cashflow anschauen und Algorithmen und KI nutzen, um die Kreditwürdigkeit von Kund:innen zu bewerten – und so Kreditausfallrisiken anders einschätzen können“, sagt sie.

Auch, wie lange ein Unternehmen am Markt ist, ist für die Frage relevant, ob eine Bank oder eine Alternative für eine Finanzierung der richtige Ausgangspunkt ist. „Gerade junge Unternehmen trifft es hart, weil klassische Kreditgeber sie entweder gar nicht bedienen oder sehr langwierige Antragsverfahren nutzen. Um finanzielle Lücken zu schließen und trotzdem Wachstum zu ermöglichen, können dann eher schnelle und kurzfristige Finanzierungen geeignet sein.“ Unterschiede gibt es etwa auch bei den Sicherheiten für die Kreditausfälle. Bei Banken oder Förderkrediten werden Sicherheiten oder Bürgschaften verlangt, um sich abzusichern. Das bedeutet einen Mehraufwand bzw. gegebenenfalls mehr Zeit bei der Vertragsgestaltung. Ähnlich ist es auch bei Factoring-Anbietern. Bei Banxware / alternativen Lendern müssen in der Regel weder Bürgschaften noch Sicherheiten hinterlegt werden.

#3 Kreditvergabe: Die Voraussetzungen

Je nach Kreditgeber – traditionelle Bank oder alternative Kreditgeber – unterscheiden sich auch die Voraussetzungen für die Kreditvergabe: Klassische Banken wollen neben Vermögensaufstellungen und Selbstauskünften oftmals Umsatznachweise, betriebswirtschaftliche Auswertungen über mehrere Jahre und Investitionsunterlagen sehen. Die Kreditverhandlung erfolgt in der Regel auch im persönlichen Gespräch.  

„Alternative Lender arbeiten anders“, erläutert Ulrike Grandi. „Sie nutzen Künstliche Intelligenz (KI) für die Underwriting- und Entscheidungsprozesse und können damit nicht nur schneller Entscheidungen treffen, sondern auch auf einer anderen Datenbasis und so jüngere und kleinere Unternehmen besser unterstützen.“ Bei Banxware werden beispielsweise die Umsätze der letzten sechs Monate angeschaut. Wer etwa über Online-Plattformen wie Amazon oder Shopify oder über EC-Kartenterminals Erlöse erwirtschaftet, benötigt 1.250 Euro pro Monat für einen Kreditantrag. Weitere grundlegende Voraussetzungen sind ein Firmensitz in Deutschland und auch die Rechtsform – das können GmbH, GmbH & Co. KG, UG, GbR, OHG, KG, e.K., Einzelunternehmer und Freiberufler sein. Der Kreditantrag erfolgt bei alternativen Geldgebern meist online und gegebenenfalls telefonisch.

#4 Genehmigung: Diese Faktoren haben Einfluss 

Auch wenn die Voraussetzungen stimmen, ist nicht jeder Kreditantrag erfolgreich – auch nicht bei alternativen Kreditgebern. Die Gründe können unterschiedlich sein. Oft liegt es nicht an einer bestimmten Kennzahl, sondern es ist ein Mix aus mehreren Faktoren. So kann es sein, dass im Konto zu viele, zu hohe Rücklastschriften oder Pfändungen zu sehen sind oder der Creditreform- oder Schufa-Score deutlich zu hoch ausfallen.  

Einfluss haben auch die Bonität, die Kredithistorie sowie die Eigenkapitalquote. Vor allem letztere kennen die meisten gar nicht, weil sie sich bisher kaum damit beschäftigt haben, erklärt Banxware. Ein Tipp ist, proaktiv auf Auskunfteien zuzugehen und dann zu versuchen, die Bonität zu verbessern.

#5 Fehler beim Kreditantrag vermeiden

Bei der Antragstellung können Fehler passieren – die man leicht vermeiden kann. Die gängigsten sind:

  • Unvollständige oder fehlerhafte Unterlagen einreichen: Fehler in diesen Dokumenten oder das Fehlen wichtiger Informationen können den Antragsprozess verzögern oder sogar zum Scheitern bringen. Das passiert recht oft.
  • Zu optimistische Finanzprognosen: Zu hohe Umsatzangaben, überhöhte Umsatzerwartungen oder unterschätzte Kosten können zur Ablehnung führen.
  • Zu hohes Kreditvolumen anfordern: Unternehmen neigen manchmal dazu, mehr Kapital anzufordern, als tatsächlich benötigt wird. Dies kann den Eindruck erwecken, dass das Unternehmen unsicher oder schlecht kalkuliert ist.
  • Schwaches Geschäftsmodell oder fehlende Zukunftsstrategie: Manchmal ist aus den Parametern, Informationen und vorliegenden Unterlagen erkennbar, wie ein Unternehmen „performed“ und keine Strategie zu erkennen. Banken und Finanzdienstleister wollen sicherstellen, dass es in der Lage ist, langfristig zu bestehen und den Kredit zurückzuzahlen.

# 6 Der Mix macht’s 

Neben Krediten bei Banken oder alternativen Geldgebern gibt es auch weitere Möglichkeiten, sich finanzielle Mittel zu sichern. Dazu zählen beispielsweise:

  • Förderprogramme: Regierungen und öffentliche Institutionen bieten oft Förderprogramme für kleine Unternehmen an, es gibt auch lokale Wirtschaftsprogramme.
  • Privatkredite 
  • Leasing: Ausrüstung, Maschinen, Fahrzeuge und dergleichen können auch geleast werden. Leasing-Raten sind auch von der Steuer absetzbar.
  • Factoring: Unternehmen verkaufen ihre offenen Forderungen (z. B. Rechnungen) an einen Factoring-Anbieter und erhalten direkt einen Großteil des Rechnungsbetrags. Das verbessert den Cashflow, ohne dass zusätzliche Schulden aufgenommen werden müssen. 
  • Crowdfunding: Das bringt Marketing und Finanzierung unter einen Hut.
  • Investoren, die Geld und Expertise bieten können.

Für Online-Händler:innen lohnt es sich, auf einen Mix zu setzen.

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