Leonie Petersen, Referentin bei Oxfam Deutschland, kommentierte die Ergebnisse der gestern veröffentlichten Untersuchung so: „Die Gehälter von CEOs schießen weiter unkontrolliert in die Höhe und sind völlig losgekoppelt von der Lohnentwicklung normaler Beschäftigter, denen ihre Lebenshaltungskosten zunehmend über den Kopf wachsen.“ Man könne sogar von einer Gefahr für die Demokratie sprechen, so Petersen weiter.
Verantwortung muss vergütet werden?
Schnell ist man versucht, den Finger zu heben: Gier! Unverschämtheit! Alle abgehoben! Doch so einfach ist es nicht. Denn natürlich tragen Vorstände und Manager eine enorme Verantwortung, müssen sich bisweilen aber wenig Gedanken darüber machen, ob es am Ende des Monats statt der Markenbutter nicht besser die preiswerte Margarine aus dem Discounter sein soll. Sie steuern hingegen 24/7 Konzerne mit Tausenden Mitarbeitenden, treffen strategische Entscheidungen, die Milliarden bewegen. Ihre Arbeit ist fordernd, risikobehaftet und oft nicht beneidenswert. All das hat natürlich seinen Preis.
Aber muss dieser Preis derart hoch sein? Muss er in einem solchen Missverhältnis zu dem stehen, was andere leisten – jene, die am Band stehen, Pflege leisten, Pakete schleppen oder mit Kunden streiten? Gerade in einer Zeit, in der Unternehmen reihenweise Stellen abbauen, in der Effizienzprogramme zum Alltag gehören, wirkt dieses Lohngefälle wie ein Affront im Vergleich zu Meldungen, die Massenentlassungen ankündigen.
Die stille Wut der Mitte
Wenn Menschen, insbesondere Fachkräfte, das Gefühl verlieren, dass Leistung gerecht entlohnt wird, dann schwinden Vertrauen und Motivation. Und beide sind Grundpfeiler für ein profitables Unternehmen. Auch die sogenannte innere Kündigung, ein Akt der stillen Rebellion, wird immer mehr zum Thema. Angesichts solcher News dürften viele Menschen resignieren und nur noch mit halbem Herzen weiterarbeiten. Wer das ignoriert, riskiert vor allem Innovationskraft, was letztlich auch die Top-Gehälter ins Wanken bringt.
Oxfam fordert aufgrund dessen konkrete politische Konsequenzen: eine Vermögenssteuer, einen Mindestlohn von mindestens 15 Euro, eine Reform der Managervergütungen. Allerdings ist insbesondere der Ruf nach einem höheren Mindestlohn kein Allheilmittel. Zwar würde er kurzfristig die Kaufkraft stärken und ein Signal für mehr Wertschätzung einfacher Arbeit setzen. Kritiker warnen: Ein zu starker Anstieg könnte gerade in strukturschwachen Regionen Jobs kosten, weil kleine Betriebe die Lohnkosten nicht mehr stemmen können. Auch Preissteigerungen bei Dienstleistungen sind der nächste notwendige Schritt und hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Folgerichtig müssen überhöhte Managergehälter nicht verboten, aber unattraktiver gemacht werden. Das schafft Fairness, ohne in Bestrafung abzugleiten.
Die Zahlen sprechen für sich. Die Frage ist, was wir daraus machen. Es geht nicht um Neid. Es geht um Fairness. Um Augenhöhe. Um das verloren gegangene Bob der Baumeister-Gefühl „Yo, wir schaffen das!“
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