1. Finanzierungsmöglichkeiten im Überblick: Eigenkapital, Kredite und Fördermittel
2. Der Businessplan als Schlüssel zur Kapitalbeschaffung
3. Förderprogramme gezielt nutzen – aber richtig
4. Wenn die Bank ablehnt: Alternativen und Investoren einschätzen
5. Typische Finanzierungsfehler vermeiden – und rechtzeitig planen
Die passende Finanzierung ist für Gründer:innen oft eine der ersten großen Hürden – und zugleich eine der entscheidendsten Weichenstellungen für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Doch welche Optionen stehen überhaupt zur Verfügung? Wann sollte man sich um Kapital kümmern – und was tun, wenn der klassische Bankkredit scheitert?
Im Interview erklärt Maik Hertwig, Finanzberater und Immobilienexperte bei Swiss Life Select, welche Finanzierungsmöglichkeiten Gründer:innen haben, worauf Banken und Investoren achten – und wie man typische Fehler bei der Kapitalbeschaffung vermeidet. Mit langjähriger Erfahrung und einem breiten Netzwerk liefert er praxisnahe Einblicke und konkrete Tipps für den erfolgreichen Start.
Finanzierungsmöglichkeiten im Überblick: Eigenkapital, Kredite und Fördermittel
OHN: Welche Finanzierungsmöglichkeiten stehen Gründern grundsätzlich zur Verfügung – und worin liegen die Unterschiede?
Maik Hertwig: Gründerinnen und Gründer haben grundsätzlich mehrere Optionen, ihr Unternehmen zu finanzieren – je nach Geschäftsmodell, Kapitalbedarf und Risikobereitschaft kann eine Kombination aus Eigenkapital, Fremdkapital und staatlichen Fördermitteln sinnvoll sein. Die jeweiligen Finanzierungsformen unterscheiden sich dabei deutlich in Struktur, Zugang und Auswirkungen auf das Unternehmen.
Eigenkapital, etwa aus eigenen Ersparnissen, hat den Vorteil, dass man ohne Rückzahlungsverpflichtungen startet und die volle Kontrolle über das Unternehmen behält. Alternativ lässt sich externes Eigenkapital über Business Angels oder Venture-Capital-Geber einwerben. Diese investieren zwar größere Summen in chancenreiche Geschäftsmodelle, verlangen im Gegenzug jedoch Anteile am Unternehmen sowie häufig Mitspracherechte – was langfristig die unternehmerische Freiheit einschränken kann.
Fremdkapital, also Kredite, verursacht zwar Zins- und Tilgungsverpflichtungen, ermöglicht aber eine Finanzierung ohne Abgabe von Anteilen. Neben klassischen Bankdarlehen sind staatlich geförderte Kredite, insbesondere über die KfW, zentrale Instrumente. Voraussetzung ist hier allerdings die Unterstützung durch eine Hausbank, die das Vorhaben positiv bewertet. Fehlen Sicherheiten, kann eine Haftungsfreistellung durch die KfW oder die Einbindung einer Bürgschaftsbank helfen – wobei dies meist zu einem leicht höheren Zinssatz führt. Für kleinere Finanzierungsvolumen bieten sich Mikrokredite an, besonders für Einzelgründer oder nebenberufliche Vorhaben.
Wichtig bei allen Kreditformen ist die sogenannte Kapitaldienstfähigkeit – also die Fähigkeit des Unternehmens, Zins und Tilgung dauerhaft zu erwirtschaften. Als Sicherheiten können neben klassischen Vermögenswerten auch Rückkaufswerte aus Versicherungen oder ein lastenfreies Grundstück dienen.
Zusätzlich stehen bundes- und landesweit zahlreiche Förderprogramme zur Verfügung, die Gründer gezielt entlasten – etwa durch zinsgünstige Darlehen, Zuschüsse oder ergänzende Eigenkapitalhilfen. Programme wie „Gründen und Wachsen“ ergänzen bestehende Finanzierungen sinnvoll. Einige Fördermittel setzen allerdings voraus, dass ein Teil des Kapitals selbst eingebracht wird. Die genaue Förderlandschaft hängt stark von Branche, Region und Phase der Gründung ab – eine gezielte Beratung ist daher entscheidend.
Fazit: Die Wahl der Finanzierung ist mehr als eine Frage des Geldes – sie beeinflusst den Handlungsspielraum, das Risiko und die langfristige Unternehmensstruktur. Wer die Unterschiede kennt, kann gezielter entscheiden – und die Finanzierung auf eine tragfähige Basis stellen.
Der Businessplan als Schlüssel zur Kapitalbeschaffung
Wie wichtig ist ein Businessplan bei der Kapitalbeschaffung – und was muss zwingend drinstehen?
Ein Businessplan ist das zentrale Instrument zur Kapitalbeschaffung – bei Banken, Investoren und Fördermittelgebern. Aber vor allem ist er auch für den Gründer selbst unverzichtbar, um das Vorhaben strukturiert und realistisch zu durchdenken. Er beantwortet zentrale Fragen: Was ist das Angebot? Für wen? Wie groß ist der Markt? Wie sieht die Strategie aus? Und kann das Unternehmen wirtschaftlich überleben? Auch die Person hinter der Idee wird bewertet – fachlich wie kaufmännisch.
Ein vollständiger Businessplan enthält:
- Die Geschäftsidee mit Kundennutzen und Innovationsfaktor
- Eine fundierte Marktanalyse
- Marketing- und Vertriebsstrategie
- Rechtsform und Organisation
- Eine Finanzplanung (Ertrags- und Liquiditätsvorschau, Kapitalbedarf)
- Eine realistische Risikoeinschätzung (SWOT)
- Das Gründerprofil inkl. Lebenslauf und Nachweise
- Alle relevanten Anlagen
Besonders wichtig: Kapitalgeber prüfen nicht nur die Idee, sondern vor allem deren Umsetzbarkeit – mit realistischen Zahlen und einem glaubwürdigen Gründerteam. Ein guter Businessplan ist deshalb immer auch ein Beweis unternehmerischer Reife.
Förderprogramme gezielt nutzen – aber richtig
Welche staatlichen Förderprogramme oder Zuschüsse lohnen sich aktuell besonders für Gründer?
Staatliche Förderprogramme für Gründer sind vielfältig – aber nicht pauschal bewertbar. Ob ein Zuschuss oder Förderkredit sinnvoll ist, hängt vom Geschäftsmodell, dem Bundesland, der persönlichen Situation des Gründers und der Kapitalstruktur ab. Programme wie die KfW setzen etwa voraus, dass die Hausbank das Vorhaben mitträgt – ohne deren Zustimmung kommt es nicht zur Förderung. Gleichzeitig gibt es auf Landesebene zinsgünstige Programme wie Mikrodarlehen, die besonders für kleinere Gründungen attraktiv sind – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Da diese Thematik sehr spezifisch ist, arbeiten wir bei Swiss Life Select mit einem starken Netzwerk aus regionalen Gründungsberatern und Fördermittel-Experten zusammen. Wir beraten bis zu einem gewissen Grad mit, vermitteln bei tiefergehenden Fragen aber gezielt an passende Ansprechpartner, die sich auf diese Förderprogramme spezialisiert haben.
Fazit: Eine eindeutige Antwort gibt es nicht – die richtige Förderung ist immer einzelfallabhängig. Unsere Stärke liegt darin, Gründer mit den richtigen Experten zu vernetzen.
Wenn die Bank ablehnt: Alternativen und Investoren einschätzen
Was tun, wenn die Bank den Kredit ablehnt – welche Alternativen gibt es dann?
Wenn die Bank den Kredit ablehnt, ist das kein Grund aufzugeben. Es gibt mehrere Wege, trotzdem zur Finanzierung zu kommen – und unter Umständen sogar zu besseren Bedingungen.
Die sauberste Form ist, auf eigene Mittel zurückzugreifen – das hält unabhängig und reduziert spätere Verpflichtungen. Venture Capital eignet sich für schnell skalierende Modelle, bringt aber Mitspracherechte und Anteilsabgabe mit sich. Und auch Crowdfunding kann eine Lösung sein – besonders bei kleineren Projekten oder Produkttests, bei denen die Community das Vorhaben direkt unterstützt.
Wichtig ist: Es gibt Alternativen. Wer flexibel denkt, findet meist einen Weg.
Alternativ zum Bankkredit bieten sich auch an:
- KfW-Förderkredite mit Haftungsfreistellung
- Bürgschaftsbanken
- Mikrokredite auf Landesebene
- Leasingmodelle
- Stille Beteiligungen oder Business Angels
Wie erkenne ich, ob ein Investor oder Beteiligungsangebot seriös ist?
Eine seriöse Beteiligung erkennt man nicht am Geld allein – sondern an den Bedingungen. Wenn jemand z. B. eine kleine Summe investiert, aber dafür hohe Anteile oder zweistellige Zinsen verlangt, sollte man sehr kritisch werden. Überzogene Renditeforderungen – gerade mit 50 Prozent oder mehr – sind oft sittenwidrig und nicht nachhaltig. Auch die Haltung zählt: Wer sich für die Idee interessiert, das Geschäftsmodell verstehen will und vielleicht sogar Know-how einbringt, agiert auf Augenhöhe. Wer nur auf Zahlen starrt oder auf schnelle Abschlüsse drängt, will meist nur profitieren – nicht mitgestalten.
Der beste Investor ist nicht der mit dem meisten Geld, sondern der mit der besten Passung.
Woran erkennt man Seriosität?
- Klare, faire Vertragsbedingungen
- Angemessene Beteiligungsquote zur Investitionshöhe
- Interesse am Geschäftsmodell, nicht nur am Gewinn
- Nachvollziehbare Exit-Strategie
- Gute Reputation & Referenzen
Woran erkennt man Vorsicht?
- Vorkasseforderungen
- Überzogene Renditeversprechen
- Kein Interesse an der Idee oder am Gründerteam
Typische Finanzierungsfehler vermeiden – und rechtzeitig planen
Welche typischen Fehler machen Gründer bei der Finanzierung – und wie lassen sie sich vermeiden?
Einer der größten Fehler bei der Finanzierung ist, sich zu sehr von Emotionen leiten zu lassen. Wer in seiner Idee aufgeht, riskiert oft, den sachlichen Blick zu verlieren – und trifft dann überstürzte Entscheidungen, verlässt sich auf Wunschdenken oder glaubt, alles alleine stemmen zu können. Auch die eigene Kompetenz sollte realistisch eingeschätzt werden: Finanzierung ist ein komplexes Feld, das professionelle Planung und nüchterne Bewertung erfordert. Eine gute Idee ist kein Garant für wirtschaftlichen Erfolg – nur wer solide Zahlen liefert, wird Kapitalgeber überzeugen.
Mein Rat: mit Sorgfalt, klarer Struktur und ehrlichem Blick auf die Realität arbeiten – und sich rechtzeitig Hilfe holen.
Ab wann im Gründungsprozess sollte man sich um Finanzierung kümmern – und welche Unterlagen braucht man?
Mit der Finanzierung sollte man nicht warten, bis es brennt – sondern sie von Anfang an mitdenken. Ohne Businessplan läuft gar nichts, das ist die Basis für jede Finanzierungsanfrage. Und bei komplexeren Gründungen – etwa dem Kauf eines Unternehmens – braucht es deutlich mehr Vorlauf, oft mehrere Monate.
Frühzeitig Feedback einzuholen, ob ein Vorhaben grundsätzlich finanzierbar ist, kann viele Umwege ersparen. Dazu gehört auch zu wissen, wie Banken z. B. den Kaufpreis eines Unternehmens bewerten – oder ob eine Idee aus Bankensicht überhaupt tragfähig erscheint.
Die nötigen Unterlagen hängen stark vom Gründungstyp ab – bei Übernahmen braucht man z. B. die gesamte Unternehmenshistorie, bei Neugründungen v. a. einen stichhaltigen Businessplan und persönliche Nachweise wie Qualifikationen oder Selbstauskünfte.
In Kürze:
Wann starten?
- Sofort – idealerweise parallel zur Geschäftsplanung
- Fördermittel oft nur vor Gründung verfügbar
- Kapitalzusage hilft bei weiteren Verhandlungen
Welche Unterlagen?
- Businessplan mit Zahlen
- Persönliche Eignungsnachweise
- Bonitäts- und Vermögensübersicht
- Gewerbeerlaubnisse (falls erforderlich)
- Verträge, Vorverträge, Sicherheitennachweise
- Bei Übernahmen: Bilanzen, BWAs, Übergabekonzept
Tipp: Frühzeitig Beratung einholen – Swiss Life Select kann unterstützen oder gezielt an geeignete Partner vermitteln.
Über den Interview-Partner Maik Hertwig
Maik Hertwig ist selbstständiger Handelsvertreter für Swiss Life Select und als Finanzberater sowie Immobilienexperte tätig. Darüber hinaus hat er mit Gewinnerprinzip ein eigenes Label gegründet. Mit Sitz in Meißen beraten er und sein Team umfassend zu Finanz- und Investmentthemen sowie zu Immobilien- und Kapitalanlagen. Swiss Life unterstützt Gründer bei der Einschätzung von Beteiligungsangeboten – und vermittelt bei Bedarf an erfahrene Experten aus dem eigenen Netzwerk. Diese prüfen nicht nur Vertragsbedingungen und Beteiligungsmodelle, sondern helfen auch dabei, strategische und wirtschaftliche Auswirkungen realistisch zu bewerten. So können Gründer fundierte Entscheidungen treffen und sich vor unseriösen Angeboten schützen.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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