Die Frontal21-Dokumentation „Die Milliarden-Geschäfte der Zalando-Boys“ versuchte sich daran, die Samwer-Brüder und ihr Unternehmensimperium zu beleuchten. Heraus kam aber eine recht einseitige Darstellung der Ereignisse, die Oliver Samwer zum Inbegriff des Bösen macht.

Oliver Samwer
© Lukas Piechowski - ZDF

Mehrere Monate musste das ZDF nach eigenen Angaben auf ein Fernseh-Interview mit Oliver Samwer drängen, um eine Zusage zu erhalten. Das Interview mit dem Rocket-Internet-Gründer wurde in der gestrigen Dokumentation „Die Milliarden-Geschäfte der Zalando-Boys“ zugegebenermaßen auch in den Mittelpunkt gerückt und dem Zuschauer damit die Sicht von Rocket Internet auf die Welt geboten – abgesehen davon überwog aber die Antipathie gegen die Samwer-Brüder und ihren Inkubator.

Oliver Samwer gegen den Rest der Welt

So zeigte die Dokumentation Youtube-Videos von bekannten Investoren, die gegen die Samwers wetterten, interviewte frühere Geschäftspartner, wie etwa StudiVZ-Gründer Ehssan Dariani, die von den Samwer-Brüdern nach eigenen Angaben über den Tisch gezogen wurden, und zeigte stationäre Mode-Händler, die offenbar einzig und allein wegen Zalando in Existenznot gebracht wurden und vor der Kamera weinten(!).

Aus allen Richtungen zieht das ZDF Experten und Betroffene zu Rate, um die Geschäftspraktiken und Unternehmensphilosophien der Samwer-Brüder genauestens unter die Lupe zu nehmen. Heraus kommen lediglich Vorwürfe. Einzig Oliver Samwer höchstpersönlich hat die Möglichkeit, sich im Interview gegen die Vorwürfe zur Wehr zu setzen und kann eine andere Perspektive aufzeigen. Doch das ZDF gibt sich jede Mühe, den Rocket-Gründer als opportunistischen und rücksichtslosen Geschäftsmann darzustellen. Demnach "flirtet" Oliver Samwer regelrecht mit interessanten Gründern, verlangt seinen Mitarbeitern alles ab, zieht unwirtschaftliche Geschäftsmodelle hoch und zerstört sogar den Ruf der Deutschen insgesamt.

Viel Kritik aus der Twitter-Gemeinde

Anstelle einer ausgewogenen Dokumentation konnte das ZDF also kaum mehr als eine Art Hexenjagd auf Rocket Internet bieten. Aber selbst hier ging die Dokumentation nicht sonderlich in die Tiefe und verlor sich in Inkonsequenz. Diverse Vorwürfe, wie etwa der, dass Rocket Internet in Afrika verschiedene Charity-Programme betreue, aber diese nicht umsetze, wurden in diesem Rundumschlag nur kurz angerissen. Auch der Punkt der möglichen Steuerhinterziehung wird ähnlich kurz aufgegriffen und wieder beiseite gelegt: Ein Interview mit einem Wirtschaftsexperten über den Standort Delaware, eine Gegenaussage von Oliver Samwer - und das war es dann auch schon. 

In der Bevölkerung wird die Samwer-Dokumentation kaum für Aufregung sorgen. Große Skandale haben die WirtschaftsWoche und Frontal21 nicht aufgedeckt, beziehungsweise diese nur ansatzweise aufbereitet und präsentiert. Oliver Samwer wurde im Interview überwiegend mit Vorwürfen konfrontiert als über seine Unternehmensphilosophie befragt. Zwar liefert die Doku einen guten Einstieg in die Thematik Samwer und Rocket Internet, kommt aber nicht über die oberflächliche und einseitige Berichterstattung hinaus. Am Ende zieht die Dokumentation das Fazit: "Die Samwers werden immer gewinnen" - positiv ist das nicht gemeint.

Auch auf Twitter wurde viel Kritik an der Dokumentation laut:

 
Die Frontal21-Dokumentation "Die große Samwer-Show: Die Milliarden-Geschäfte der Zalando-Boys" gibt es in der ZDF-Mediathek zum Nachsehen.