Online-Handel und stationärer Handel wachsen immer mehr zu zusammen. Begriffe wie Multi- und Cross-Channel sind in aller Munde und nach wie vor die wichtigsten Trends im E-Commerce. Um diese Verzahnung weiter voran zu bringen und dem stationäre Handel im Internet mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, wurde der Local-Commerce-Marktplatz Locafox gegründet. In einem exklusiven Interview mit OnlinehändlerNews spricht Karl Jo Seilern, CEO und Gründer von Locafox, über das Phänomen des Showroomings und über den Nutzen eines Local-Commerce-Marktplatzes auch für Online-Händler.
OnlinehändlerNews: In den Medien ist immer wieder vom sogenannten Showrooming zu lesen – dabei stöbern Käufer im stationären Geschäft und bestellen teilweise noch im Laden mobile über ihr Smartphone. Mit Locafox haben Sie ein Geschäftsmodell, das in die entgegengesetzte Richtung agiert. Warum glauben Sie, dass das funktioniert?
Karl Jo Seilern: Das stimmt, Showrooming ist keine Seltenheit heutzutage. Das liegt natürlich u. a. daran, dass das Internet für jeden von überall aus zugreifbar ist und Konsumenten es einfach gewohnt sind, aufs Internet wie selbstverständlich im Alltag zurückzugreifen. Gerade für die „Smart Natives“ ist das Smartphone der ultimative Shoppingassistent. Aber das „Im Laden anschauen und im Netz bestellen“ ist nur die eine Seite – es gibt auch die genau umgekehrte Variante, wie immer mehr Studien zeigen: das sogenannte Webrooming.
Die Kunden informieren sich im Internet und in Webshops ausführlich über Produkte, die sie dann anschließend nachweislich in einem Geschäft kaufen (ROPO – Research Online, Purchase Offline). So gehen derzeit schon über ein Drittel der deutschen Konsumenten vor, nach aktuellen Zahlen der GfK sind es 41 Prozent, Tendenz steigend. Nach einer anderen Studie, die Google 2014 veröffentlicht hat, suchen vier von fünf Verbrauchern bei Suchmaschinen nach lokalen Informationen wie Ladenöffnungszeiten, Wegbeschreibungen und Warenverfügbarkeit in einem Geschäft in der Nähe.
Die Smart Natives verbinden sogar Online- und Offline-Käufe miteinander. Hier verbirgt sich also ein unfassbares Potential für den stationären Handel, in dem ja auch immer noch rund 85 Prozent des Einzelhandelsumsatzes gemacht werden. Doch bisher gab es keine Lösung, die den Kunden gezielt und zentriert die Informationen zur Verfügung stellt, die sie suchen und wo sie sie suchen – nämlich im Netz. Und genau das war der Ansatz für die Gründung von Locafox. Unser Konzept basiert quasi auf dem umgedrehten Showrooming, wenn man so will. Wir möchten mit unserem Service das Beste aus Online- und Offline-Welt miteinander verbinden.
Wir glauben auch, dass Online- und Offline-Handel zukünftig noch mehr miteinander verschmelzen werden: Es wird nicht mehr den Kunden geben, der nur im Internet shoppt oder nur im lokalen Einzelhandel – alle Kunden sind hybride Kunden und nutzen das Internet ebenso wie stationäre Geschäfte, je nachdem was für sie convenient ist. Für Händler, die ein stationäres Geschäft betreiben, macht es deutlich mehr Sinn, auf einem Local-Commerce-Marktplatz vertreten zu sein als einen eigenen Webshop einzurichten – den meisten Händlern fehlt hierfür die Zeit, das Geld und das Know-how.
Mit Ihrem Portal wenden Sie sich in erster Linie an die stationären Händler. Können auch Online-Händler von Locafox profitieren?
Seilern: Den Multi-Channel- bzw. Cross-Channel-Ansatz setzen ja immer mehr Händler heutzutage um, um den Einkaufsvorgang für den Kunden so komfortabel wie möglich zu gestalten. So betreiben ja auch immer mehr Online-Händler Showrooms oder Outlet-Stores, besonders im Fashion- und Möbelbereich ist das mittlerweile gängig. Für genau solche Händler kann natürlich auch Locafox interessant sein.
Wie funktioniert die Einbindung und Aktualisierung der Bestandsdaten? Wie viel Aufwand besteht für die Händler?
Seilern: Als Minimalanforderung muss der Händler nur ein Warenwirtschaftssystem haben, in dem die Bestände seiner Waren aktuell erfasst sind – mehr nicht. Die Integration auf Locafox ist für Einzelhändler komplett kostenlos. Eine Integration in das System des Händlers ist dabei nicht notwendig – wir haben einen Importer entwickelt, der die Daten so annimmt, wie sie kommen. Das heißt: Solange es nicht handgeschrieben auf Karopapier an uns übermittelt wird, können wir es verarbeiten. Wir versuchen, den Aufwand vom Händler fern- und bei Locafox zu halten. Unser Client-Services-Team kümmert sich darum, dass alles seinen Weg auf die Website bzw. in die App findet. Zudem übernehmen wir komplett das Marketing und alles, was dazugehört.
Drei von fünf Gründern waren im Vorfeld bei Rocket Internet beschäftigt, und auch die anderen Manager im Team können bereits auf einen enormen Erfahrungsschatz zurückblicken. Inwiefern hat die Bündelung von so viel Kompetenz bei der Gründung und der Suche nach Investoren geholfen?
Seilern: Erfahrungen sind immer wichtig, wenn man eine eigene Firma gründet. Sie bilden die Basis. Das Gute, wenn man sich im Team zusammentut, ist, dass verschiedene Erfahrungen und Skills gebündelt werden können. So verfügt jeder Manager bei uns über andere Skills, wie zum Beispiel im Marketing, im Aufbau von Firmen, im E-Commerce, im Verkauf oder in der Entwicklung komplexer Seiten. Egal, ob bei Rocket Internet oder in anderen Firmen: Wir haben alle viel gelernt, dass wir jetzt selbst anwenden können, haben viele interessante Leute getroffen und können auf ein gutes Netzwerk zurückgreifen.
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