Für die britische Regierungschefin ist es sicherlich das bittere Ende eines langen und verzweifelten Kampfes: Nachdem ihr Brexit-Abkommen vor dem britischen Parlament mehrmals abgelehnt und der Austritt Großbritanniens aus der EU bis spätestens Ende Oktober verschoben wurde, hat Theresa May ihren Rücktritt als Parteichefin der Tories zum 7. Juni angekündigt. May wolle laut Zeit Online noch so lange als Regierungschefin tätig bleiben, bis ein Nachfolger gefunden ist.
May sagte bei ihrer Rücktrittserklärung, dass sie es „für immer bedauern“ werde, den Brexit nicht erreicht zu haben. Das Brexit-Referendum im Jahr 2016 sei der Ruf nach einem „grundlegenden Wandel in unserem Land“ gewesen, so May weiter. Eine Einigung auf ein Austrittsabkommen sei nur möglich, wenn alle Seiten zum Kompromiss bereit seien: „Kompromiss ist kein schmutziges Wort, das Leben hängt davon ab“, erklärte die britische Noch-Regierungschefin.
Die Opposition fordert Neuwahlen
Die Wahl eines Nachfolgers für May dürfte rund sechs Wochen dauern. May zufolge soll der Prozess ab dem 10. Juni beginnen. Als großer Favorit im Rennen um den Posten gilt ausgerechnet Ex-Außenminister Boris Johnson, der sich als Brexit-Befürworter hervorgetan hatte. Aber auch der ehemalige Brexit-Minister Dominic Raab werde als potenzieller Kandidat für Mays Nachfolge gesehen.
Unklar ist, ob ein Regierungschef aus den Reihen der Tories überhaupt regierungsfähig wäre. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl 2017 wollte Theresa May ihre Mehrheit ausbauen, erlitt aber eine deutliche Schlappe. Seitdem führt sie eine Minderheitsregierung, die von der nordirisch-protestantischen DUP gestützt wurde. Und selbst so hat May nur eine knappe Mehrheit erreicht. Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn forderte eine Neuwahl und bezeichnete Mays Rücktrittsentscheidung als richtig. „Wer auch immer der neue Chef der Konservativen wird, muss das Volk über die Zukunft unseres Landes entscheiden lassen und zwar über eine rasche Parlamentswahl“, so Corbyn.
Es kommt nicht zu Abstimmung Nr. 4
May hatte ursprünglich geplant, Anfang Juni über ihren Brexit-Gesetzesentwurf abstimmen zu lassen. Vergangenen Freitag sollte dieser Gesetzesentwurf veröffentlich werden, doch das wurde wieder abgesagt. Eine Abstimmung darüber scheint mehr als unwahrscheinlich und damit steht Mays Brexit-Abkommen am Abgrund: Dreimal hatte das Parlament den vorgelegten Brexit-Deal bereits abgelehnt. Beim vierten Anlauf wollte May sowohl den Brexit-Hardlinern in ihrer Partei und der Opposition entgegenkommen. Auch die Idee, das Abkommen der britischen Bevölkerung in einem Referendum zur Abstimmung vorzulegen, brachte May ins Spiel.
Dafür erntete die Noch-Regierungschefin viel Kritik. Sowohl aus den eigenen Reihen als auch von der Opposition wurde May mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Andrea Leadsom, Ministerin für Parlamentsfragen, legte vergangenen Mittwoch aus Protest gegen Mays Pläne ihr Amt nieder.
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