Der Wohnungsvermittler Airbnb hat es schwer in europäischen Gefilden. Den Großstädten ist das Portal ein Dorn im Auge, immer wieder wird dem Unternehmen vorgeworfen, die Gentrifizierung voranzutreiben, den sozialen Wohnungsbau zu behindern und bezahlbaren Wohnraum zu blockieren. Die EU mahnte das Unternehmen schon ab, Paris strengte eine Millionenklage an, Berlin verschärfte gar das Zweckentfremdungsverbot, welches seine Wirkung bislang aber zu verfehlen scheint, wie Gründerszene kürzlich berichtete.
Airbnb selbst hielt valide Zahlen bislang weitgehend unter Verschluss, zeigt sich nun aber überraschend auskunftsfreudig, um auf die anhaltende Kritik zu reagieren. Das Unternehmen hat beim Berliner Wirtschafts- und Sozialforschungsinstitut Empirica eine Studie in Auftrag gegeben, die dem Handelsblatt vorliegt. In der Erhebung finden sich genaue Zahlen für die Wohnungsvermittlung über Airbnb in Berlin, Hamburg, München und Dortmund.
Über 137 Tage: Gewinn
In Berlin gibt es laut der Erhebung 2.600 Komplettwohnungen, die über Airbnb mehr als 137 Tage im Jahr vermietet werden „und damit als Renditeobjekt eingestuft werden können“, so das Handelsblatt. Diesen „rentablen Schwellenwert“, wie es in der Erhebung heißt, erreichen in Hamburg 700 bis 750 Wohnungen, in München 550 bis 600. Allerdings, so schränkt das Handelsblatt ein, dürfte der reine Home-Sharing-Anteil geringer sein, da auch Boutique- und Longstay-Hotels Airbnb nutzen.
1.668 der Komplettwohnungen in Berlin, die den Schwellenwert überschreiten, waren auch tatsächlich mehr als ein halbes Jahr an Fremde vermietet, das entspricht elf Prozent der Berliner Airbnb-Komplettwohnungen, von denen es dem Unternehmen zufolge insgesamt 13.045 gibt. 55 Prozent der Airbnb-Komplettwohnungen in Berlin werden übrigens weniger als 30 Tage pro Jahr vermietet.
Problem für den Berliner Wohnungsmarkt?
Wie groß aber ist nun tatsächlich das Problem für den Berliner Wohnungsmarkt? Rechnerisch gibt es in Berlin einen Fehlbestand von 114.799 Wohnungen. Der Airbnb-Anteil daran entspricht also 2,3 Prozent. Die Forschungsleiterin Annamaria Deiters-Schwedt schlussfolgert daher gegenüber dem Handelsblatt: „Ein spürbarer Zusammenhang zwischen Mietpreissteigerungen und der Entwicklung angebotener Unterkünfte auf Airbnb in den Städten ist insgesamt nicht erkennbar.“
Allerdings: Da sich die meisten Angebote auf das Zentrum Berlins – Mitte, Kreuzberg, Pankow und Neukölln – konzentrieren, werde gerade dort der Mietspiegel überproportional angetrieben, befindet Felix Mindl vom Kölner Uni-Institut für Wirtschaftspolitik (IWP).
Die Berliner Senatsverwaltung kritisiert, dass man bei Airbnb nicht erkennen könne, ob Unterkünfte privat oder gewerblich vermietet werden. Eine grundsätzliche Genehmigungspflicht habe wenig Klarheit gebracht. 4.150 Anträge auf zweckfremde Nutzung seien gestellt worden, 2.275 Registernummern habe die Senatsverwaltung vergeben. Den Zahlen von Airbnb zufolge (13.045 Komplettunterkünfte in Berlin), gibt es also noch sehr viel Nachholbedarf.
Das Problem ist die fehlende Digitalisierung. Vermieter können sich in Berlin nicht online registrieren. In Hamburg auf der anderen Seite gibt es seit April eine Schnittstelle, die Airbnb mit der Verwaltung verlinkt. Einer Unternehmenssprecherin zufolge funktioniere das Modell zufriedenstellend: „In Hamburg haben sich mehr Wohnungsanbieter im ersten Monat registriert als in Berlin über ein ganzes Jahr hinweg. Mittlerweile sind es mehr als 4000.“
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