Es ist der 2. Januar 2020. Beim Bäcker holen Sie sich Ihre Frühstücksbrötchen, zahlen wie immer die rund zwei Euro – und erhalten den Bon in die Hand gedrückt. Wollen Sie nicht? Tja, Pech gehabt, denn das wird mit dem Jahreswechsel Pflicht: Das „Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen“, oder – weil sich kein Mensch einen solchen Namen merken kann – Kassengesetz 2020, sieht eine Bon-Pflicht vor. Bedeutet, dass jeder Kunde bei jedem Kauf einen Kassenbon erhalten muss, bei Verstößen droht ein Bußgeld in Höhe von 25.000 Euro.
Kaufe ich also beim Bäcker für 35 Cent ein einfaches Brötchen, krieg ich den Bon zwangsweise überreicht. Gönne ich mir abends einen Döner, gibt’s auch den Kassenzettel. Der Satz: „Den Bon brauche ich nicht“ gilt dann nicht mehr. Und das ist auf vielen Ebenen irrsinnig und nervt schon beim Gedanken daran.
Umweltschutz? Welcher Umweltschutz?
Denn ich brauche für meine Brötchen beim Bäcker keinen Bon, genauso wenig wie beim Kauf eines Döners. Würde ich einen bekommen, wandert er direkt in den Müll. Brötchen und Döner werden gegessen, was soll ich mit dem kleinen Zettel? Mich stört es ja schon, dass in manchen Geschäften der Bon immer gedruckt wird und dann vom Kassenpersonal direkt in den Mülleimer geschmissen wird, wenn ich ihn nicht annehme. Gerade in Zeiten von Fridays for Future und einem Kampf gegen den Klimawandel ist die Maßnahme schizophren, der drohende Müllberg noch erschreckender.
Denn der Müllberg besteht nicht aus einfachem Papier – was ja noch halbwegs irgendwie (aber nicht wirklich) vertretbar wäre – sondern aus beschichtetem Thermopapier. Das lässt sich eben nicht so einfach entsorgen und wird von Experten als „besonders problematisch für die Umwelt“ eingeschätzt. Das Umweltbundesamt rät ebenfalls davon ab, die Bons im Altpapier zu entsorgen. Das Papier ist nämlich mit der schädlichen Chemikalie Bisphenol A beschichtet.
Können wir den Papierkrieg nicht mal lassen?
Und warum der ganze Spaß? Steuerhinterziehung, darum. Die Bonpflicht soll die Steuerehrlichkeit der Händler steigern. Aha. Anstatt aber die digitalen Kassensysteme zu nutzen, jeden Buchungsvorgang und jedes Öffnen der Kassenlade zu erfassen und diese Daten auszulesen, ist die Lösung im Kampf gegen die Steuerhinterziehung: Wenn der Bon gedruckt wird, wurde der Verkauf durchgebucht und dann wissen wir, dass keine Steuern hinterzogen werden. Der Kunde wird zeitgleich quasi zum Steuerfahnder, denn er muss den Bon ja entgegennehmen. Wieso sind Papier und Privatpersonen eigentlich die letzte Festung im Kampf gegen den Steuerbetrug?
Auch bei der Marktplatzhaftung ist das doch so gelaufen. Gut, da wollte der Gesetzgeber ja eigentlich eine digitale Infrastruktur schaffen, um den Prozess zu vereinfachen. Leider wurde das Gesetz nur so schnell, übereilt und entgegen aller EU-Rechte durchgedrückt, dass es diese Infrastruktur noch nicht gab. Also wird erstmal ein bürokratisches Monster mit Papierformularen gefüttert, um die Nachweise an die Marktplätze zu bringen. Laufzettel und Privatpersonen auch hier vereint im Kampf gegen die Steuerhinterziehung.
...ein riesiger Müllberg für die Menschheit!
Wie Spiegel Online berichtet, lassen sich übrigens 43 Fußballfelder mit der Menge der jährlich gedruckten Kassen-Bons bedecken, hintereinander gelegt sind sie 2,2 Millionen Kilometer lang. Zum Vergleich: Bis zum Mond sind es nur rund 385.000 Kilometer. Peanuts im Vergleich zum deutschen Kassenbon. Die Crew von Apollo 11 bräuchte mit ihrer Rakete satte 18 Tage, um diese Strecke abzufliegen. Zum Mond waren sie nur drei Tage unterwegs. Ein kleiner Zettel für den Kunden, ein riesiger Müllberg für die Menschheit!
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Da fragt mann sich, wer hat denn da die meisten Steuern hinterzogen ? Evtl. vielleicht die Gastronomie und das Backhandwerk ?
Mein Dönerladen hinterzieht hier die Steuern.
Der China-Laden auch.
Die KFZ Bude sowieso.
Wir also Zeit für die Bon-Pflicht.
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