Viele Restaurants haben aufgrund der Coronakrise derzeit nicht wie üblich geöffnet – eine mögliche Einnahmequelle für sie sind deshalb aktuell Lieferdienste wie Lieferando. Vor rund zwei Wochen hatte Lieferando 2.500 Neuanmeldungen von Restaurants auf der eigenen Plattform registriert. Zahlreiche Kuriere bringen die Bestellungen hierbei von den Restaurants zu den Kunden – das jedoch geschehe nach Angaben der Kurierfahrer unter Arbeitsbedingungen, die in diesen Zeiten nicht genügend Schutz vor dem Virus böten.
Fahrer fordern Desinfektionsmittel und Schutzkleidung
Auf change.org wurde deshalb eine Petition erstellt, die diese Missstände scharf kritisiert: „Ihr geht bewusst ein Risiko ein für die Rider und somit im Umkehrschluss auch für eure Kunden. Das ist entsetzlich fahrlässig“, heißt es hier. So herrsche zusätzlicher Bedarf an Desinfektionsmitteln. Desweiteren fordert die Petition dazu auf, dass Schutzkleidung und regelmäßig neue saubere Ausrüstung ausgegeben werden solle. So würden etwa untereinander die Thermo-Rucksäcke und Regenjacken mangels weiterer Ausrüstung zwischen den Fahrern gewechselt werden – „manchmal samt benutzter Taschentücher“, schreibt hierzu Business Insider.
Auch generelle Aspekte, die aus Sicht der Kuriere verbessert werden sollten, sind Thema der Petition: Es sollten mehr Thermotaschen bereitgestellt werden, weil Essen sonst auskühle, mehr Personal eingesetzt werden, damit Essen nicht zu lang herumläge und eine angemessene Verschleißpauschale für Handy- bzw. Internetkosten gezahlt werden, da die Fahrer sie nicht mit ihrem Lohn auffangen können.
Lieferando weist die Vorwürfe zurück
Die Petition ist zwei Wochen alt, bisher habe sich nach Angaben des Initiators Orry Mittenmeier jedoch nicht viel getan. „Wenn sich Fahrer anstecken, verbreitet sich das in der ganzen Stadt. Die Infektionskette nimmt Lieferando derzeit in Kauf“, wird er bei Business Insider zitiert. Gegenüber Business Insider hat Lieferando Stellung zu den Vorwürfen genommen und diese zurückgewiesen. So würden bereits in den Logistikzentren Desinfektionsmittel für die Fahrer bereitstehen, für Fahrer, die nicht in den Hubs verkehren, habe Lieferando „alternative Verteilungsmethoden organisiert. Dies hat grundsätzlich gut funktioniert, sodass neben den Hub Fahrern, nun auch die meisten unserer ‚remote‘ Fahrer mittlerweile mit Desinfektionsmittel ausgestattet sind“, so das Statement des Unternehmens.
Auch habe Lieferando die Mitarbeiter in Sachen Hygiene-Verhaltensregeln geschult, ihnen empfohlen mit dem eigenen Rad von zu Hause zu starten und nicht in die Hubs zu kommen sowie Restaurants zur Öffnung der Waschräume für die Fahrer aufgerufen. Auch würden die Zustellung seit ca. zwei Wochen bereits kontaktlos ablaufen. Zudem hätten sich keine Lieferzeiten verändert, weshalb der Vorwurf, dass Essen nicht in der richtigen Temperatur ankomme, nicht nachvollzogen werden könne. Nach Angaben der Fahrer würden Atemschutzmasken und Handschuhe sowie Personal fehlen, darauf ging Lieferando aktuell nicht näher ein.
Update: Ausführliche Stellungnahme von Lieferando zu Vorwürfen in der Petition
Auf Nachfrage hat Lieferando nochmals ausführlich Stellung zur Petition genommen und bereits genannte Maßnahmen zum Infektionsschutz bestätigt. Neben ständigen, umfangreichen und auch erst jüngst (02.04.) erfolgten Unterrichtungen der Mitarbeiter habe Lieferando seine Fahrer aktuell auch um entsprechendes Feedback für Verbesserungen und ein sicheres Arbeitsumfeld gebeten. Zudem würden alle Hinweise zukünftig in regelmäßigen Abständen über gewohnte Kanäle als Erinnerung an die Fahrer gesendet. „Jegliche Kommunikation wird sowohl vom Gesundheitsbeauftragten des B.A.D (Berufsgenossenschaftlicher Arbeitsmedizinischer und Sicherheitstechnischer Dienst) als auch einem Arbeitsschutzberater geprüft“, erklärt eine Unternehmenssprecherin.
In Bezug auf das Tragen von Atemschutzmasken erläutert Lieferando: „Ein Team beobachtet täglich die aktuellen Entwicklungen in den einzelnen Regionen und Städten und steht mit den lokalen Behörden in Kontakt, um falls notwendig mit weiteren Maßnahmen reagieren zu können.“ So würden aktuelle Empfehlungen der offiziellen Stellen, etwa der WHO und des Robert-Koch-Instituts, berücksichtigt werden. „Da das Robert-Koch-Institut jedoch gestern seine Einschätzung zum Tragen eines Mundschutzes geändert hat, stehen wir auch hier mit medizinischen Beauftragten und dem Arbeitsschutzberater in Kontakt, um die Situation neu zu bewerten.“ Bestätigt wurde zudem die Versorgung mit Desinfektionsmitten, wenngleich es hier zwischendurch Lieferengpässe gegeben habe, wie das Unternehmen einräumt. Dies sei aber nachbestellt und an die Fahrer nach Hause versandt worden.
Zusätzlich äußert sich Lieferando auch zu Vorwürfen in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, die ebenfalls Teil der Petition waren. So heißt es darin: „Stoppt eure perfiden Versuche, Betriebsratswahlen zu behindern.“ Laut dem Unternehmen habe es keine Versuche gegeben, Betriebsratswahlen zu behindern. „Allerdings gab es teilweise unterschiedliche Auffassungen in der Frage, welche Betriebsteile gemäß der gesetzlichen Vorgaben einen Betriebsrat wählen können. Hierzu befinden wir uns mit dem Gesamtbetriebsrat derzeit in Gesprächen.“
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