Die Coronakrise stellt Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und alle anderen Lebensbereiche in diesen Tagen vor eine der größten Herausforderungen ihrer jüngeren Geschichte. Bis auf ein paar Verschwörungstheoretiker und zweifelhafte Medien sind sich dahingehend wohl alle einig. Konzerne rutschen in die roten Zahlen, Kleinunternehmer sorgen sich um ihre Existenz und Mütter und Väter lernen ihre Kinder besser kennen, als es ihnen vielleicht lieb ist. Wir alle kämpfen mit dieser Krise und sind von ihr mehr oder weniger stark betroffen.
Und man darf sich fragen, wie derzeit „Systemrelevanz“ gelesen wird. Seit März arbeitet die Bundesregierung daran, viele Wirtschaftsbereiche zu unterstützen, einfach, damit sie nach der Krise noch da sind. Und man darf das auch mal wertschätzen. Schaut man sich andere Länder auf der Welt an, dann beruhigt es aktuell, dass man in Deutschland lebt. Das gilt für die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie genauso wie für die unzähligen Milliarden, die in die Wirtschaft gesteckt werden.
Her mit den Staatshilfen
Aus der Notwendigkeit zur Hilfe ist vielerorts aber offenbar mittlerweile ein Anspruch erwachsen, so als stehe es bestimmten Unternehmen und Wirtschaftsbereichen eben zu, unterstützt zu werden. Die Automobilbranche macht für Kaufprämien mobil, VW und Co. wollen aber trotzdem Dividenden ausschütten. Irgendwas mit Überschüssen aus dem Vorjahr und unfair und so. Wenn aber die Lufthansa mit dem Bund über Hilfen verhandelt (was in sich übrigens ein irgendwie fragwürdiges Konzept ist) und Dividenden-Ausschüttung und Bonuszahlungen ausgesetzt werden, dann ist das natürlich etwas anderes.
Auch umweltschädliche Benziner sollen nach Möglichkeit gefördert werden, es geht ja darum, das Geschäft wieder anzukurbeln. Dass die Branche selbst das so sieht, mag nachvollziehbar sein – dass das nach außen eher fragwürdig wirkt, aber auch. Der ÖPNV geht in den meisten Städten gerade baden – Fahrgastrückgänge um bis zu 90 Prozent – da hört man bislang eher wenig von Staatsmilliarden, um den Laden am Laufen zu halten.
Die Recycling-Industrie fordert jetzt auch staatliche Hilfen, weil die Menschen weniger Plastik verwenden. Aha. Es brauche nun „dringend eine Stimulation der Nachfrage für Recyklate“, zitiert der Spiegel Roman Maletz, Diplom-Ingenieur am Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft der TU Dresden. Verdi fordert nun, wie der NDR berichtet, Staatshilfen für Galeria Karstadt Kaufhof. Für das Traditions-Joint-Venture, das in der Vergangenheit derart gut gewirtschaftet hat, dass nun die Hälfte der Filialen geschlossen werden muss, um wirtschaftlich irgendwie wieder in die Spur zu kommen.
Hilfe fordert man nicht ein
Um das mal klarzustellen: Es ist absolut schlimm, dass wegen der einbrechenden Wirtschaft Jobs auf dem Spiel stehen. Viele Jobs. Der Job bei VW am Band ist dabei genauso wichtig und sein Wegfallen genauso tragisch wie der des Verkäufers bei Galeria Karstadt Kaufhof und der des Experten im Recycling-Betrieb. Es ist aber jedem bewusst, dass nicht alle diese Arbeitsplätze gerettet werden können. Und es ist arrogant, für sich in Anspruch zu nehmen, dass gerade meine Branche die ist, die gerettet werden muss. Und es ist impertinent, Geld einzufordern, um gerade meine Branche am Laufen zu halten. Und es ist auf der anderen Seite fragwürdig, dass bestimmte Branchen mit Milliarden versorgt werden, während andere leer ausgehen.
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Lediglich ein Ausblick zu einer sinnvollen Alternative hätte mir hier evtl. gefehlt (Experten-Gremi um welches transparente Hilfsentscheidu ngen trifft o.ä.?) .
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www.zeit.de/.../Soboczynski_05
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