Dagmar und Richard Pfeiffer betreiben das Schnupper Stübchen, eine kleine Parfümerie in Kamp-Lintfort bei Duisburg. In der Landparfümerie kann man die Düfte auch online kaufen. Die Coronakrise hat sie hart getroffen: Die Umsätze sanken um fast 70 Prozent, für sie „brach eine Welt zusammen“, wie es Richard Pfeiffer ausdrückt. Die vergangenen Monate und auch die Zukunft sind von Unsicherheit geprägt, aber auch vom Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen. Im Interview erzählen Dagmar und Richard Pfeiffer von den letzten Monaten, von Herausforderungen und auch davon, was sie in Zukunft anders machen wollen.
Als Parfümerie „nicht systemrelevant“
OnlinehändlerNews: Wie haben Sie den Beginn der Coronakrise im Februar/März erlebt?
Dagmar und Richard Pfeiffer: Die Umsätze sind kontinuierlich zurückgegangen und wir hatten erst keinerlei Erklärung dafür.
Ihre Hauptumsätze machen Sie im Ladengeschäft. Mit dem Shutdown mussten Sie dieses schließen. Konnten Sie die Ausfälle mit dem Online-Geschäft abfedern? Hat es da eine merkliche Zunahme gegeben in den vergangenen Monaten?
Nein, eine Zunahme des Online-Geschäfts konnten wir nicht feststellen. Im Gegenteil, auch hier gingen die Zahlen sichtbar zurück. Als Parfümerie ist man nicht unbedingt systemrelevant.
Kurzfristig bergauf mit Soforthilfen
Haben Sie dann im März Soforthilfen beantragt? Wie lief das ab?
Wir haben, nachdem bekannt wurde, dass der Staat uns hilft, am 27.03.20 den Antrag für die Corona-Soforthilfe gestellt und schon am nächsten Tag Bescheid bekommen, dass der Antrag eingegangen ist. Am 31.03.20 bekamen wir auch schon Bescheid, dass unser Antrag bewilligt wurde. Ca. eine Woche später war das Geld da.
Hat das dann ausgereicht, um sich über Wasser zu halten?
Ja, das hat erstmal tatsächlich geholfen.
Kürzlich gab es ja dann auch die Möglichkeit der Überbrückungshilfen, haben Sie diese auch in Anspruch genommen?
Nein, eine weitere Hilfe haben wir bis jetzt noch nicht in Anspruch genommen, wir werden das aber noch von unserem Steuerberater überprüfen lassen.
Wann konnten Sie ihr Geschäft wieder öffnen?
Am 21.04.2020 haben wir wieder geöffnet.
Wie „läuft der Laden“ seitdem? Sind die Kunden wieder da?
Die ersten Tage waren kaum Kunden da. Dann aber, im Mai, war ein regelrechter Run und wir hatten fast unseren normalen Umsatz wieder. Leider brach das aber im zweiten Drittel des Monats wieder total ein und hat sich bis heute gehalten.
Seit dem ersten Juli gilt ja die Mehrwertsteuersenkung für den Rest des Jahres. Wie beeinflusst das Ihr Geschäft?
Außer einem enormen Aufwand überhaupt nicht.
War es eigentlich aufwendiger, die Preise im Laden oder online entsprechend anzupassen?
Im Geschäft geben wir an der Kasse einen Drei-Prozent-Rabatt, im Online-Shop wurden die Preise automatisch bei geänderter Mehrwertsteuer angepasst. Wir haben es da sicherlich etwas leichter gehabt als andere, da wir nur von 19 auf 16 Prozent runter mussten.
Aktiver im Online-Geschäft
Was halten Sie, als kleines Unternehmen, generell von den Bemühungen der Bundesregierung in der Coronakrise?
Ganz ehrlich war ich am Anfang sehr berührt, dass die Bundesregierung so schnell und ohne Probleme reagiert hat. Im Nachgang bin ich enttäuscht. Wir müssen nach nur drei Monaten darlegen, wofür wir die 9000 Euro gebraucht haben und ob etwas übrig ist. Ich finde das lächerlich, die wirklich schlimme Zeit kommt jetzt erst. Viele Menschen sind arbeitslos, sind in Kurzarbeit. Das allgemeine Leben ist immer noch auf Sparflamme, das bedeutet für den Einzelhandel weiterhin unübersehbare Einbußen bis hin zur Schließung.
Treffen Sie spezielle Vorkehrungen, falls es im Herbst zu einer zweiten Welle kommen sollte? Kann man sich darauf in Ihrer Situation überhaupt vernünftig vorbereiten?
Wir reden hier nicht über einen Sturm, vor dem ich meine Räume mit gewissen Schutzmaßnahmen schützen könnte, wir reden hier über etwas, was ich nicht sehen, fühlen, schmecken, geschweige denn einordnen kann. Nein, wir versuchen so gut es geht, alles zu desinfizieren, auf den Sicherheitsabstand unserer Kunden zu achten und das war es dann. Und im äußersten Fall müssen wir wieder schließen.
Als Händler, der sowohl stationär als auch online verkauft: Wollen Sie zukünftig etwas anders machen? Den Blick mehr auf das Online-Geschäft richten oder sich vielleicht umgekehrt noch mehr auf das stationäre Geschäft konzentrieren?
Herr Pech, wir müssen sogar! Wir schließen unser Ladenlokal zum 31.12.2020, sofern wir solange durchhalten können und dürfen. Aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand, sondern sind sogar noch aktiver geworden. Wir erstellen gerade einen weiteren Online-Shop, verlagern mehr auf Portale wie Facebook, Instagram, Whatsapp, Pinterest und Google. Die Portale hatten wir zwar auch jetzt schon im Fokus, aber eher um die Aufmerksamkeit auf uns zu lenken. Jetzt werden wir auch Artikel in diesen Portalen einbinden, sofern das möglich ist. Wir werden den Lieferservice mehr hervorheben und uns wieder öfter auf Stadtfesten und Wochenmärkten sehen lassen, sofern die körperliche Konstellation das zulässt.
Das heißt, mehr Zeit am anonymen PC als der direkte Kontakt zum Menschen. Für meine Frau und mich eine mehr als schreckliche Vorstellung. Nichts ist schöner als der Austausch von Wörtern, Gesten und Emotionen im Handel und Dienstleistungssektor.
Vielen Dank für das Gespräch!
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