Etwa zwei Jahre nach der Einführung der Datenschutzgrundverordnung sind etwa 89 Prozent der deutschen Unternehmen der Auffassung, dass diese praktisch nicht vollständig umsetzbar sei. Tatsächlich gelungen wäre die Umsetzung der Vorgaben samt Prüfprozessen erst bei etwa einem Fünftel der Firmen, über ein Drittel (37 Prozent) gelang dies bislang größtenteils, ähnlich vielen (35 Prozent) teilweise, sechs Prozent hätten erst damit begonnen. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen repräsentativen Befragung des Digitalverbands Bitkom unter 500 Unternehmen in Deutschland.
„Die immer noch niedrigen Umsetzungszahlen sind ernüchternd“, wertet Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung, diese Ergebnisse in der Mitteilung zur Umfrage. Sie führt aus: „Die Datenschutzgrundverordnung lässt sich nun einmal nicht wie ein Pflichtenheft abarbeiten. Im Gegenteil: Durch unklare Vorschriften und zusätzliche Anforderungen der Datenschutzbehörden ist aus der DSGVO ein Fass ohne Boden geworden.“ Drei von vier Firmen sind der Meinung, dass die anhaltende Rechtsunsicherheit der DSGVO für sie die größte Herausforderung darstelle.
Mehrzahl der Unternehmen fordert Nachbesserung der DSGVO
Technologische Innovationen seien aufgrund der Umsetzung der neuen Vorgaben auf der Strecke geblieben. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen erklärte, dass direkte Vorgaben oder Unklarheiten in der Auslegung der Verordnung Projekte zum Scheitern gebracht hätten. Das gelte etwa für den Aufbau von Datenpools zum Teilen von Daten mit geschäftlichen Partnern, aber auch für die Verwendung von Big Data oder künstlicher Intelligenz. Bei knapp einem Viertel (24 Prozent) der Firmen hätte die Digitalisierung von Geschäftsprozessen darunter gelitten.
Ein Großteil der Befragten (92 Prozent) wünsche sich deshalb die Optimierung der bestehenden Regelungen der Datenschutzgrundverordnung. Die Vorschriften sollten sich näher an der Praxis bewegen, verständlicher sein und Datenschutzaufsichtsbehörden sollten bessere Hilfs- bzw. Beratungsmöglichkeiten bieten.
Für etwa ein Fünftel würde die DSGVO aber auch Vorteile mit sich bringen. Gleichsam habe die Verordnung nach Ansicht von 69 Prozent der Firmen auch dazu beigetragen, weltweit Maßstäbe für einen Umgang mit persönlichen Daten zu setzen. Auch sind ca. zwei Drittel der Auffassung, dass sie für einheitliche Wettbewerbsbedingungen in der EU gesorgt habe.
Zusatzbelastung während der Coronakrise
Insbesondere die Datenschutzkonformität während der derzeitigen Corona-Pandemie zu gewährleisten, sei für Unternehmen schwierig. So hätte jede vierte Firma Tools zur Verständigung und zur Zusammenarbeit im Homeoffice nicht genutzt, Cloud-Dienste fanden bei ähnlich vielen Firmen deshalb nur in geringem Umfang Anwendung. „Viele Unternehmen stecken in einem Dilemma: Einerseits sind sie angewiesen auf Kommunikations- und Kollaborationstools, die die Zusammenarbeit auf Distanz ermöglichen und Dienstreisen ersetzen. Andererseits kritisieren deutsche Aufsichtsbehörden eben jene Tools als nicht datenschutzkonform“, erklärt Dehmel.
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