Die Skandale um den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard reißen nicht ab: Wie nun bekannt wurde, hat die Bayerische Staatsregierung offenbar recht enge Kontakte zu dem Konzern gepflegt. In diesem Frühjahr – als sich die Verdachtsmomente gegen Wirecard bereits häuften – ließ sich die Landesregierung in der Coronakrise von dem Zahlungsdienstleister helfen, wie der Spiegel berichtet.
Konkret ging es um die Bearbeitung von Corona-Hilfe-Anträgen. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hatte auf Wirecard gesetzt, um die zunächst handschriftlich gestellten Anträge zu digitalisieren. So sollten die Anträge schneller bearbeitet werden und Unternehmen somit auch schneller an die Hilfsgelder kommen. Rund 6.000 Soforthilfe-Anträge von Mitte April bis Anfang Mai bearbeitet, wie das Wirtschaftsministerium auf eine Anfrage der Grünen im Landtag erklärte.
Dass die bayerische Regierung auf Wirecard vertraute, kommt nicht von ungefähr. Seit 2014 ließen sich mehrere Staatsminister laut Spiegel auf Auslandsreisen von Wirecard-Managern begleiten oder trafen sich anderweitig mit ihnen. Das letzte Treffen habe im November 2019 zwischen Innenminister Joachim Herrmann und Alexander von Knoop, dem damaligen Finanzvorstand von Wirecard, stattgefunden. Die Staatsregierung erklärte, es habe sich dabei um ein reines Kennenlerngespräch gehandelt.
Ermittlungen wegen Geldwäsche – in Zusammenhang mit Corona-Hilfen
Die Unterstützung bei den Soforthilfe-Anträgen habe Wirecard unentgeltlich erbracht. Aiwanger betonte Mitte Mai, man wisse „die Unterstützung von Wirecard“ sehr zu schätzen. Dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein Abschlussbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vorlag, in dem der Vorwurf des Bilanzbetrugs nicht ausgeräumt werden konnte, spielte für Aiwanger offenbar keine Rolle.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt bereits wegen Geldwäsche bei der Wirecard Bank ermittelte – und zwar im Zusammenhang mit Corona-Soforthilfen. Wirecard soll sogenannte virtuelle IBANs an Betrüger herausgegegeben haben, die diese nutzten, um unberechtigt Corona-Hilfen zu erschleichen. 50 Soforthilfe-Anträge, die über virtuelle Konten der Wirecard Bank gestellt wurden, seien inzwischen dem Landeskriminalamt gemeldet worden – bei rund 20 Fällen habe sich der Verdacht nicht bestätigt, das Geld wurde ausgezahlt. Bei den übrigen Fällen laufen die Ermittlungen.
Ex-Management habe Wirecard „leergeräumt“
Derweil kommt auch der Insolvenzverwalter Michael Jaffé nicht zur Ruhe. Der hat nun schwere Vorwürfe gegen das ehemalige Management des Aschheimer Konzerns erhoben. Wirecard sei „in den Monaten vor der Insolvenz leergeräumt worden“, erklärte Jaffé laut FAZ gegenüber der Belegschaft. Von einem systematischen Beiseiteschaffen von Geld sei die Rede. Konkrete Namen nennt Jaffé in seinem Schreiben nicht. Dass der Insolvenzverwalter aber auf den untergetauchten Ex-Vorstand Jan Marsalek und dessen Umfeld anspielt, ist allerdings naheliegend.
Michael Jaffé erklärte in dem Schreiben an die Belegschaft zudem, dass noch im November entschieden werden soll, an wen das Kerngeschäft von Wirecard verkauft werden soll. Vergangene Woche hatte der Insolvenzverwalter die US-amerikanische Tochter des Konzerns erfolgreich veräußert und damit wieder etwas Geld in die Kassen gespült.
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