Am 1. Juni haben sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europa-Parlaments auf ein sogenanntes Country-by-Country-Reporting geeinigt. Damit müssen große Unternehmen in der Europäischen Union künftig offenlegen, in welchem Land sie wie viel Steuern zahlen. Damit soll die Steuerflucht von Konzernen wie Amazon, Google oder Facebook bekämpft werden. Die Regel betrifft Konzerne mit einem weltweiten Umsatz von 750 Millionen Euro.
Die Unternehmen müssen in einem länderbezogenen Bericht Nettoumsätze, Gewinn oder Verlust vor Steuern und tatsächlich gezahlte Ertragsteuern veröffentlichen. Die aufgeschlüsselten Daten gelten für alle EU-Staaten und auch für Länder auf der sogenannten Schwarzen Liste der Steueroasen. Das Prinzip des Country-by-Country-Reportings wurde erst im Frühjahr nach jahrelanger Hängepartie von den EU-Staaten akzeptiert, mit dem Europa-Parlament wurden nun letzte Details verhandelt.
Durch Steuervermeidung großer Firmen verlören die EU-Staaten jährlich über 50 Milliarden Euro. Viele Konzerne nutzen Tochterfirmen, um Gewinne in Ländern mit niedrigen Steuersätzen wie Irland oder Luxemburg zu versteuern. Erst vor kurzem wurden Amazons Steuertricks in Luxemburg durchleuchtet, wie Amazon Watchblog berichtet. „Es ist unsere Pflicht sicherzustellen, dass alle wirtschaftlichen Akteure ihren fairen Anteil zur wirtschaftlichen Erholung beitragen“, erklärte dem Spiegel zufolge der portugiesische Wirtschaftsminister Pedro Siza Vieira.
Die Reaktionen auf die Einigung fallen indes gemischt aus. Grünen-Finanzexperte Sven Giegold sieht in ihm einen „Meilenstein für Steuergerechtigkeit in Europa“. Steuerdumping werde durch die neue Regelung nun für alle sichtbar. Auch der SPD-Europa-Abgeordnete Tiemo Wölken begrüßt die Einigung: „Die EU übernimmt mit diesem Beschluss eine globale Vorreiterrolle und setzt Maßstäbe im Bereich der Unternehmenstransparenz und Steuergerechtigkeit.“
Kritik an geplanter Steuertransparenz der EU
Transparency International kritisiert hingegen, dass der Beschluss große Schlupflöcher für Unternehmen lasse, da die Pflicht zur Offenlegung nur in EU-Staaten und Steueroasen gelte, aber nicht weltweit. Die NGO fordert die EU-Staaten und das Parlament – die über den Kompromiss noch abstimmen müssen – auf, die Zustimmung zu verweigern. Ähnliche Kritik äußert auch die Organisation Oxfam: „Die EU-Gesetzgeber haben multinationalen Konzernen viele Möglichkeiten eingeräumt, weiterhin im Verborgenen Steuern zu hinterziehen, indem sie ihre Gewinne in Steueroasen außerhalb der EU verlagern, wie die Bermudas, die Cayman-Inseln und die Schweiz“, so Chiara Putaturo, Steuerexpertin von Oxfam.
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