Der Lieferdienst Gorillas hat einige Mitarbeiter gegen sich aufgebracht: Nachdem ein Fahrer des Unternehmens entlassen wurde, hatten 50 Mitarbeiter am Mittwoch, dem 9. Juni gestreikt. Am Abend blockierten sie dann das Warenlager in Berlin-Mitte, um gegen die Entlassung zu protestieren und bessere Arbeitsbedingungen zu fordern, berichtet der Tagesspiegel.
Auslöser der Proteste war die Entlassung eines Fahrers namens Santiago. „Wir wollen Santiago zurück!“ wurde zum Ruf der Streikenden. Die Entlassung des Kollegen hatte die Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen bei dem Lieferdienst offenbar zum Überkochen gebracht – unternehmensintern hatte es schon länger Kritik an den Arbeitsbedingungen gegeben, Beschäftigte hatten sich deshalb auch im „Gorillas Workers Collective“ zusammengeschlossen, um Missstände anzuprangern.
Warenlager lahmgelegt, Polizei eingeschaltet
Die Streikenden hatten am Mittwochabend den Eingang des Gorillas-Lagers mit ihren Elektrofahrrädern blockiert. Somit konnten auch die nicht streikenden Mitarbeiter im Gebäude ihrer Arbeit nicht nachgehen. Versuche von Harm-Julian Schumacher, dem stellvertretendem Geschäftsführer von Gorillas, die Situation zu beruhigen und den Eingang freizuräumen, blieben erfolglos. Letztendlich ließ Gorillas die Polizei anrücken, um die Lage zu klären.
Dem Tagesspiegel zufolge sei die Polizei „mit mehreren Mannschaftswagen vor Ort“ gewesen. Schumacher wollte eine Eskalation der Situation allerdings verhindern, die Blockade wurde deshalb nicht aufgelöst – kurz vor 22 Uhr schloss das Management schließlich das Lager vorübergehend und gab sich geschlagen. Am Donnerstag wurde nach Angaben des Manager Magazins erneut zu Streiks und Blockaden aufgerufen.
Gorillas-Mitarbeiter streiken illegalerweise
Am Donnerstagvormittag bestreikten Gorillas-Mitarbeiter weitere Warenlager in Berlin. Die Arbeitsniederlegung ist allerdings gesetzmäßig nicht zugelassen, wie ein Sprecher des „Gorillas Workers Collective“ gegenüber Gründerszene einräumte. Denn zu Streiks können laut deutschem Recht nur Gewerkschaften aufrufen, aber die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und die Gewerkschaft Verdi waren vorab nicht über den Streik informiert oder daran beteiligt. Damit handelt es sich bei den aktuellen Arbeitsniederlegungen um einen sogenannten „wilden Streik“ – eine rechtswidrige Maßnahme.
Theoretisch habe Gorillas damit die Möglichkeit, allen Beteiligten fristlos zu kündigen und Schadensersatz für die ausgefallenen Touren zu fordern. Gründerszene schätzt diesen Schritt allerdings als fraglich ein – der Imageschaden wäre schließlich beträchtlich.
Gorillas: „Fälle groben Fehlverhaltens“ beim entlassenen Fahrer
Auf Anfrage von OnlinehändlerNews erklärte Gorillas, dass sich die Blockade der Mitarbeiter auf „die ausschließlich verhaltensbedingte Kündigung eines Mitarbeiters während seiner Probezeit“ beziehe. Das Unternehmen kümmere sich „aktiv um einen sachlichen Dialog mit der Mitarbeitergruppe und eine Deeskalation der Lage vor Ort“, heißt es weiter. „Wie in allen Unternehmen gibt es auch bei Gorillas klare Richtlinien, wenn es um Fehlverhalten geht, welches zu einer Kündigung führen kann. An diese haben sich alle Mitarbeiter zu halten, vom Rider über die Warehouse Crew bis hin zu den Mitarbeitern in der Zentrale. In dieser Woche wurde nach Fällen groben Fehlverhaltens die Entscheidung getroffen, den Vertrag eines Mitarbeiters innerhalb seiner Probezeit zu kündigen.“
Das „Gorillas Workers Collective“ spricht auf Twitter unterdessen davon, dass ein Manager streikende Mitarbeiter geschubst habe. Beim heutigen Streik habe es zudem Drohungen des Managements gegeben, falls sich Beschäftigte der Arbeitsniederlegung anschließen sollten, schreibt das Kollektiv auf der Plattform.
Die Fronten scheinen verhärtet
Der Konflikt zwischen Gorillas und einigen Mitarbeitern schwelt schon länger. Das „Gorillas Workers Collective“ kritisiert seit einigen Monaten die Arbeitsbedingungen bei dem jungen Unternehmen und fordert auch die Gründung von Betriebsräten.
Am 3. Juni hatten die Mitarbeiter schließlich in Berlin erstmal einen Betriebsrat gegründet. Doch es kam zu Auseinandersetzungen zwischen den Organisatoren und dem Management: Einigen Mitarbeitern sei der Zugang zur Versammlung verweigert worden, monierte das Management. Die Organisatoren konterten, dass es sich um Führungskräfte gehandelt habe, die sich Zugang zu den Wahlen verschaffen wollten. Die Fronten scheinen in dieser Angelegenheit nach wie vor verhärtert – Gorillas-CEO Kağan Sümer hatte im April dem Manager Magazin allerdings erklärt, dass das Unternehmen die Bildung von Betriebsräten „absolut“ unterstütze.
Gorillas gehört zu den aufstrebenden StartUps in Deutschland: Der Dienst hatte im März, nur neun Monate nach seiner Gründung, eine Milliardenbewertung erreicht und wächst weiter stark. Gorillas verspricht seinen Kunden die Lieferung von Lebensmitteln in nur zehn Minuten. Es gibt allerdings auch starke Kritik an dem Unternehmen: Neben den Arbeitsbedingungen sorgte im Mai auch eine größere Datenpanne für Aufsehen – sie betraf 200.000 Kunden und legte teils komplette Bestelldaten offen.
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