Was für ein Wahlsonntag. Wie zufrieden man nun mit dem Ergebnis ist, hängt natürlich von den eigenen Partei-Präferenzen ab, einig dürfte man sich aber darüber sein, dass es endlich mal wieder spannend war. Und Einigkeit herrscht auch darüber (wenn es nicht noch grandios schiefgeht), dass es in Deutschland nach 16 Jahren CDU an der Spitze zu einem Politikwechsel kommt. Derzeit deutet alles auf das erste Dreierbündnis auf Bundesebene hin, ohne Grüne und FDP wird wohl keine Regierung zu machen sein (wie gesagt: wenn es nicht doch noch grandios schiefgeht).
Und das dürfte für Deutschland als Digitalstandort eine gute Nachricht sein. In der großen Koalition war das Internet „Neuland“, der Digitalpakt Schule ein Bürokratiemonster und die Idee für die digitale Zukunft das Flugtaxi. Das hat alles noch nicht so gut geklappt, um es vornehm auszudrücken. Jetzt aber gibt es gleich mehrere Gründe, warum die Digitalisierung tatsächlich mal vernünftig angepackt werden könnte.
Die ehemalige Opposition muss liefern
In der Opposition war es für Grüne und FDP qua Aufgabenprofil von Oppositionsparteien sehr einfach, Kritik an der Regierung zu üben – diese hat es den Parteien mit hakeligem Breitbandausbau oder Humbug wie der Einführung von Uploadfiltern zugegebenermaßen auch sehr leicht gemacht. Künftig aber werden mit den Grünen eine Partei, die wie keine andere für Aufbruch steht, und mit der FDP, die Digital-Partei schlechthin, auf der anderen Seite sitzen. Und wenn sie liefern, was sie versprechen, dann ist zu hoffen, dass Digitalisierung kein Randthema bleibt – ganz unabhängig davon, ob mit oder ohne von der FDP gefordertem Digitalministerium.
Viel wichtiger aber noch als die Tatsache, dass wir es hier mit Parteien zu tun haben, die Digitalisierung und Modernisierung ins Zentrum ihrer Programme rücken, sind wohl die Menschen, die in Zukunft im Bundestag sitzen werden. Dieser wird zwar so aufgebläht wie nie zuvor, aber auch so jung wie nie zuvor. Das gilt nicht nur für Grüne und FDP, sondern – und das ist wohl noch viel wichtiger – auch für die SPD. 72 Abgeordnete der SPD sind 40 Jahre alt oder jünger, immer noch 26 sind unter 30.
Das lässt darauf schließen, dass es auch in der SPD, die in den vergangenen Jahren das „Neuland“-Bild nicht unwesentlich mitgetragen hat, eine Vielzahl an Stimmen geben wird, für die digitale Transformation nicht nur als Kampfbegriff, sondern auch als inhaltliche Leitlinie herhalten wird. Das ist zunächst erst einmal eine gute Nachricht.
Und ja: Stand jetzt kann natürlich auch die Union in der zukünftigen Regierung eine Rolle spielen und dann wäre der Anteil der jungen Abgeordneten plötzlich wieder auf einem grotesk niedrigen Niveau – aber nun warten wir doch erstmal die Sondierungen ab.
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