Der Black Friday ist vorbei und gar etwas enttäuschend. So fielen die Verkaufszahlen in diesem Jahr geringer aus als noch vor einem Jahr. Ein wesentlicher Grund ist aktuellen Analysen zufolge, dass das Weihnachtsgeschäft diesmal aufgrund von Lieferengpässen vorgezogen war, auch die pandemiebedingten Zutrittsregelungen für stationäre Geschäfte trugen dazu bei.
Ebenso traditionell wie die bekannten Rabattaktionen der Black Week sind deren Gegenentwürfe, beispielsweise der Buyback-Friday von Ikea, der White Monday aus Schweden und der Circular Monday, bei denen es sich eher um Wiederverwendung und bewusstes Einkaufen von Produkten dreht, oder auch der Kaufnix-Tag, an dem gänzlich aufs Konsumieren verzichtet wird. Und sie werden sowohl verbraucher- als auch händlerseitig immer relevanter. Eine Entwicklung, die die Corona-Pandemie noch beschleunigt hat: So hat sich der Konsum wegen des Lockdowns eher gen online verschoben, wodurch Lieferdienste und Händlern jedes Jahr enorme Herausforderungen zu bewältigen haben. Allein in diesem Jahr wurde zum Black Friday ein viermal so hohes Paketaufkommen prognostiziert, wie auf dem LogistikWatchblog zu lesen ist. Andererseits kann ein größerer Andrang in den Läden auch das Infektionsrisiko für Corona erhöhen. Lieferprobleme verschieben zudem den Fokus auf Lieferketten und Hersteller und deren Bedingungen, kurze Erholungen der Natur durch Lockdowns und weniger Flugverkehr lenkten die Aufmerksamkeit erneut auf das ohnehin und vorher verstärkt diskutierte Thema Klimaschutz. All das wirkt sich nachhaltig auf das Konsumverhalten aus, dass sich mehr und mehr verschiebt.
Wunsch nach Nachhaltigkeit und Transparenz
Einen Wandel hin zu bewussterem Konsum beobachtet etwa Thomas Täuber, Leiter Retail Innovation und Transformation, bei der Unternehmens- und Strategieberatung Accenture: „Immer mehr Verbraucher wünschen sich mehr Transparenz. Um verantwortungsvolle Kaufentscheidungen treffen zu können, schärfen sie immer häufiger ihren Blick für Inhaltsstoffe von Produkten oder die Art und Weise, wie diese produziert werden“, erklärt er. Das sei zwar nicht immer mit einer nachhaltigen Kaufentscheidung gleichzusetzen, doch es würden mehrere Aspekte gleichzeitig wichtig und es erwartet, dass Unternehmen darauf entsprechend eingehen. Dieser Trend zeigt sich auch in einer Idealo-Studie aus dem Frühjahr. Demnach legen beispielsweise 60 Prozent der Konsumierenden Wert darauf, dass ein Shop verantwortungsvoll nachhaltig handele, mehr als zwei Drittel der Befragten wünschen sich Aufklärung zu den Herstellungsbedingungen für Produkte, für einen klimafreundlichen Versand würden 72 Prozent sogar 3 Euro mehr zahlen.
Dieser bewusstere Konsum offenbart sich auch an anderer Stelle, so eine repräsentative Umfrage des Online-Supermarkt Motatos und des Marktforschungsinstitut Kantar, deren Ergebnisse OnlinehändlerNews vorliegen: 45 Prozent der Deutschen wollen demnach weniger Lebensmittel entsorgen, gut zwei Drittel der über-60-jährigen auf Plastik verzichten und sogar drei Viertel in dieser Altersgruppe achtet auf eine regionale Herkunft der Produkte, etwa ein Drittel will weniger Fleisch essen oder weniger Wasser verbrauchen. „Das Bewusstsein für diese wichtigen Themen ist also da“, erklärt Alexander Holzknecht, Deutschland-Manager von Motatos. Das junge Unternehmen rettet Produkte, in erster Linie Lebensmittel, die sonst aufgrund von Überproduktionen, Fehldrucken, falschen Verpackungen oder Saisonalität von den Produzenten entsorgt worden wären, und verkauft sie online stark rabattiert weiter. „Unsere Befragung zeigt deutlich, dass die deutschen Verbraucher klimafreundlicher einkaufen wollen. Das spüren wir auch in unserer Community. Die Sensibilisierung für nachhaltigen Konsum hat enorm an Bedeutung gewonnen“, führt Holzknecht aus.
Händler und Marken entscheiden sich aktiv gegen Black Friday
Der Wandel im Konsumbewusstsein führt längst dazu, dass immer mehr Marken und Händler sich mit diesen Themen auseinandersetzen, neben Ikea gilt das für den Black Friday beispielsweise für H&M: Zwar hat der Modehändler hierzulande kostenlosen Versand und Mitglieder-Rabatte zum Black Friday im Angebot, erstmals wurde in den Niederlanden jedoch auf dergleichen verzichtet – zugunsten der Nachhaltigkeit. „H&M legt großen Wert darauf, dass die Einkäufe wertgeschätzt werden und dass die Produkte so nachhaltig wie möglich eingekauft werden“, zitiert Fashionunited aus der Erklärung des Unternehmens. Demzufolge gilt die Niederlande als wichtiger Markt für H&M – und die niederländische Kundschaft habe „ein zunehmendes Interesse an nachhaltiger Mode und bewussterem Einkaufen, was wir sehr begrüßen“, heißt es.
Motatos schwört auf den Circular Monday: „Aus unserer Sicht ist es wichtig, einen Gegenentwurf zum Black Friday zu etablieren. Der Circular Monday will genau das. Zahlreiche Initiativen, Verbände und Unternehmen stellen hier ihre Ideen und Produkte vor, die auf dem Modell der Kreislaufwirtschaft basieren und einen verantwortungsvollen, nachhaltigen Umgang mit Ressourcen fordern. (Wiederbe-)Nutzen, erhalten und pflegen, was wir bereits haben, ist die Devise. Daher sind wir stolz, auch in diesem Jahr als Partner dabei zu sein“, so der Deutschland-Manager des Online-Lebensmittelhändlers.
Aktionen langfristiger denken
Mit diesen Aktionen liegen Unternehmen Thomas Täuber zufolge auch genau richtig. Firmen müssten nun „Faktoren wie Gesundheitsaspekte, Umweltvorgaben und Produktqualität gleichermaßen berücksichtigen“, führt der Transformationsexperte von Accenture aus. „Denn für die Kunden reicht es nicht mehr aus, dass nachhaltige Labels lediglich im Rahmen von Marketingkampagnen stattfinden. Sie sind gut informiert und fordern ein, dass Händler auch ihre Wertschöpfungsketten transparent und nachhaltig gestalten und Lieferanten nach nachhaltigen Gesichtspunkten auswählen.“
Und da kommen solche Aktionstage gerade recht. Er rät Händlern deshalb dazu, künftig auf solche Möglichkeiten für eine klare Positionierung zu setzen: „Echte Nachhaltigkeitsinitiativen konnten so in einem stark konsumorientiertem Umfeld wirksam platziert werden. Wenn Unternehmen diesen Gedanken zu Ende denken und eine Benchmark setzen möchten, können sie auch Kooperationen mit Unternehmen eingehen, die bereits für ein Maximum an Nachhaltigkeit stehen“, empfiehlt er. So empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit Anbietern wie Motatos, aber auch Too Good To Go oder Sirplus, über die sich überschüssige Artikel und Lebensmittel abverkaufen lassen, ohne sie wegschmeißen zu müssen. „Das wäre dann eine Maßnahme, mit der man über den Aktionstag Black Friday hinaus eine Möglichkeit zur Eindämmung von Lebensmittelverschwendung etablieren könnte.“ Es müsse auch nicht immer gleich der komplett geschlossene Online-Store am Black Friday sein. Täubers Tipp: „Unternehmen und Marken könnten beispielsweise an diesem Tag ausschließlich Produkte zur Pflege der eigenen Waren verkaufen und so den Aspekt der Langlebigkeit ihres Sortiments unterstreichen“.
Es gehe nicht darum, den Black Friday oder Konsum per se zu verteufeln, findet auch Alexander Holzknecht. „Nicht zu konsumieren, ist schlichtweg realitätsfern, aber es gibt einen Mittelweg und der heißt Circular Consumption. Initiativen wie Circular Monday werden Aktionstage wie den Black Friday vermutlich nie ersetzen, aber sobald Menschen durch Initiativen wie diese angeregt werden, ihre eigenen Konsumgewohnheiten zu hinterfragen, ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan.“
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