Zugegeben: Unsere Hoffnungen, dass wir die Coronakrise in diesem Jahr endlich überwinden und es ein wenig erfreulicher als 2020 wird, haben sich nicht bestätigt. Trotzdem war es auch abseits der Coronakrise ein bewegtes Jahr mit vielen Höhepunkten, aber auch Tiefpunkten. Die Redaktion blickt auf ein Jahr voll kleiner Freuden, grundsätzlicher Umbrüche und großer Ereignisse zurück.
Danke, WhatsApp!
von Christoph
Also dass dieses Jahr genauso ein Reinfall war wie 2020, ist ja kein Geheimnis. Viel passiert ist auch nicht, wie ich schon im Podcast gewohnt eloquent dargelegt habe. Das ist natürlich nicht richtig, aber mein Gedächtnis trainiert gerade ein Corona-Filtersystem – meine geistige Gesundheit ist wichtig, schließlich mach’ ich was mit Texten. Für meine geistige und seelische Gesundheit hat in diesem Jahr, quasi im Vorbeigehen, aber auch WhatsApp etwas getan. Man versucht zwar mittlerweile, die Facebook-Tochter einzuschränken, aber im Bekanntenkreis kann man im Zweifel gegen „Pff, Daten, na und?“ nicht immer etwas ausrichten.
Aber WhatsApp hilft mir seit diesem Jahr zumindest dabei, die Nutzungszeit stark zu reduzieren. Denn WhatsApp hat ermöglicht, dass man Sprachnachrichten in doppelter Geschwindigkeit abspielen kann. Haben Sie eine Ahnung, wie großartig das ist? Wir haben doch alle mindestens die eine Freundin oder den einen Freund, die es „zu anstrengend“ finden, immer alles einzutippen und dafür auch „überhaupt keine Zeit“ haben und stattdessen Hörbücher einsprechen. Niemand liebt diese minutenlangen Mehrteiler, die sich in der Regel in einem Satz zusammenfassen ließen und nun sind sie – immerhin – nur noch halb so lang. Ich wäre zwar noch immer für eine Komplettabschaffung, aber man nimmt, was man kriegt und wenigstens klingt es ganz lustig, vor allem bei Menschen, die ohnehin sehr schnell sprechen.
Wie bitte? Ja, ich weiß, dass es 2021 nun wahrlich wichtigeres gab, aber das ist mir egal! (Ich arbeite noch an der Filter-Feinabstimmung.)
Ein Schiffchen stand mal kurz quer
von Hanna
Mit übergroßen Fahrzeugen in engster Umgebung rangieren – was kann da schon schiefgehen. Hier leicht den Abstand unterschätzt, da vielleicht eine kleine Windböe, nun ein bisschen zu viel nach rechts gelenkt, dann schnell wieder etwas weiter nach links gerudert und – Zack! – steckste halt mit deinem 400 Meter langen, 59 Meter breiten Containerschiff mit Waren im Wert von etwa 775 Milliarden Dollar im Suezkanal fest.
Elf Tage lang. Auf der wichtigsten Seehandelsroute zwischen Asien und Europa, auf der 12 Prozent der globalen Fracht und etwa 30 Prozent des Containervolumens verschifft werden. Während sich vor und hinter dir je etwa 400 weitere Schiffe stauen. No Pressure. Vor allem nicht für den Baggerführer, der mit seinem im Vergleich zum Frachter winzig wirkenden Fahrzeug mühsam kleinste Erdhaufen vorm Bug wegkratzt, damit du endlich freigeschleppt wirst und der Warenstrom wieder fließen kann, theoretisch zumindest. Allerdings nicht dein eigener – denn dein Schiff steht noch gut 100 Tage lang rum, bevor dir die Behörden erlauben, eine halbe Milliarde zu zahlen und weiter zu fahren. Und inzwischen sind alle stinksauer auf dich, weil sich Lieferungen verzögern, Container knapp werden, sich Aufträge nach hinten verlagern, Transportkosten explodieren und Regale und Warenlager leer bleiben und plötzlich nur noch über Lieferketten geredet wird.
Aber vielleicht sollte man auch nicht 95 Prozent des Welthandels auf den Ozeanen abwickeln, wer weiß das schon? Das Highlight an der ganzen Sache: Die Netzreaktionen.
Kein Bock mehr auf Plastikberge!
von Tina
In Zeiten von Corona und Homeoffice habe ich mir einen Zweitjob zugelegt: Ich bin mittlerweile amtliche Paketannahmestelle in unserem Haus. Jeden Tag trudeln zahlreiche Pakete ein und führen mir tagtäglich vor Augen, was für eine immense Umweltschleuder der Online-Handel ist. Insbesondere Plastikverpackungen, plastikhaltige Verpackungschips, Luftkissen und Luftpolsterfolien geben mir den Rest! Und der Erde natürlich auch!
In den vergangenen Monaten haben zahlreiche Unternehmen angekündigt, ihre Prozesse umweltfreundlicher und ihre Logistik plastikfrei(er) gestalten zu wollen. Diese grundsätzliche Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit ist mein persönliches Highlight 2021. Allerdings gibt es, wie immer, auch einen Haken. Denn nur allzu oft dürfte die pompöse, medienwirksame Verkündung grüner Strategien nicht mehr als eine Image-Maßnahme sein. Denn grün ist ja mittlerweile Trend. Die Skepsis gegenüber einer kompromisslosen, vielleicht sogar radikalen Umstellung auf umweltfreundliche Ressourcen hängt sicher auch mit hohen Investitionen zusammen, die eine Umstellung auf Nachhaltigkeit erfordert. Doch sie sind es wert. Und zwar langfristig.
In meinen Augen tragen die großen Konzerne als Marktführer eine große Verantwortung gegenüber der gesamten Branche, den Kunden sowie der Umwelt. Sie sollten Vorbild sein, Wegbereiter für eine plastikfreie Normalität in der Logistik. Alternativen gibt es mittlerweile genug: Kartonagen aus schnell nachwachsenden Rohstoffen bzw. verantwortungsvoller Forstwirtschaft, Füllchips aus Pflanzenstärke oder kompostierbares Verpackungsmaterial. Die Zeit der plastikverliebten, kurzsichtigen, rückgratlosen Umweltschleudern ist vorbei. Ich wünsche mir für das neue Jahr noch mehr – bestenfalls ehrliches – Engagement, noch mehr Vorbilder und mehr Butter bei die Fische im Kampf gegen die Plastikberge. Danke sehr!
Eine neue Regierung mit digitalen Prioritäten
von Patrick
Die größte Überraschung zuerst: Es ist Ende Dezember 2021 und wir haben eine neue Bundesregierung. Das war vor einem halben Jahr nicht zu erwarten, schließlich war so gut wie klar, dass es zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Regierung geben würde, die aus drei Parteien besteht. Nachdem die letzten Verhandlungen für ein Dreierbündnis – 2017 ging es um Jamaika – bekanntermaßen krachend scheiterten und Angela Merkel erst im März des Folgejahres vereidigt wurde, war mit einer so schnellen Regierungsbildung wie jetzt im Vorfeld nicht zu rechnen.
Jetzt kann es endlich auch um die Inhalte gehen. Mit denen haben wir uns bei OnlinehändlerNews ausführlich beschäftigt. 924 Seiten Wahlprogramme haben wir gelesen und die wichtigsten Themen für Online-Händler analysiert. Nach der Wahl ging es natürlich ans Wesentliche und darum, was aus den vielen, vielen Wahlversprechen auch wirklich den Weg in den Koalitionsvertrag findet. Zuerst stritten sich Grüne und FDP miteinander, dann stieg die SPD auch noch in die Verhandlungen ein und am Ende gab es 177 Seiten Koalitionsvertrag mit dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“.
In diesem Regierungsprogramm stehen viele spannende Punkte. Der Online-Handel soll gefördert werden, die Digitalisierung wird zur Kernaufgabe der Regierung und der Wettbewerb zwischen KMU und Digitalriesen soll fairer werden. Wie und ob die Regierung hier Wort hält, wird sich in den kommenden vier Jahren zeigen. Gerade an digitalen Themen wird sich die Ampelkoalition messen lassen müssen.
Shopify wird zum StarCraft-2-Star
von Micha
Seit Jahren schon verfolge ich die StarCraft-2-Szene und in diesem Jahr gab es dort ein gewaltiges Highlight – vor allem für den Echtzeitstrategie-Titel, aber auch mit Bezug auf die E-Commerce-Branche: Shopify hat im Februar ein eigenes E-Sports-Team gegründet und diesen Sektor deutlich verstärkt, nachdem das Unternehmen zuvor einige Turniere als Sponsor unterstützt hatte. Seit Februar heizen die Shopify Rebels den Größen der Szene gehörig ein. Dass als Ausgangspunkt des Teams, das inzwischen auch in Titeln wie Volarant und Rocket League aktiv ist, ausgerechnet Starcraft 2 genutzt wurde, war mir persönlich ein Fest.
Ohnehin haben E-Commerce-Unternehmen immer wieder die E-Sport-Szene unterstützt, indem sie Turniere gesponsort haben. Logisch: Die Zielgruppe bewegt sich natürlich im Netz, neigt vermutlich eher zum Online-Einkauf und große Gaming-Equipment-Marken haben nicht einmal stationäre Geschäfte. Shopify-CEO Tobias Lütke liegt das Projekt aber offenbar besonders am Herzen: Er selbst spielt StarCraft 2 und streamt selbst auf Twitch. Mit seiner Unterstützung konnten die Turniere in den letzten Jahren höhere Preisgelder aussprechen beziehungsweise überhaupt stattfinden. Shopify hat die Szene gewissermaßen am Leben erhalten.
Mit dem eigenen E-Sports-Team dürfte Lütke sich dann auch einen Traum erfüllt haben. Für mich persönlich umso erfreulicher, dass die Shopify Rebellion einige der beliebtesten Spieler im Kader hat, die dann auch noch erfolgreich die Szene aufmischen. Inzwischen gehört die Shopify Rebellion zu den Fan-Favoriten – und Shopify zu den bekanntesten Unternehmen in der StarCraft-2-Szene.
Nächstenliebe in Zeiten der Corona
von Ricarda
Wir beenden bald das zweite Jahr mit Corona. Vielen Unternehmen geht es durch das auf und zu der Ladentüren zunehmend schlecht. Viele Menschen sind psychisch und finanziell an der Belastungsgrenze. Eine Zeit, in der jeder sich und seinen Lieben vermutlich am nächsten ist. Doch dann zeigte die Flutkatastrophe im Juli diesen Jahres plötzlich, dass selbst in Zeiten von Corona Nächstenliebe und Solidarität noch nicht ausgestorben sind.
In Deutschland waren besonders Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz betroffen. Viele Menschen mussten ihre Häuser evakuieren und standen plötzlich vor dem Nichts. Ein Nichts, welches viele daran erinnerte, in was für einer privilegierten Gesellschaft wir hier in Deutschland doch leben. Ja, Corona hat uns viel genommen: Freiheit, Arbeitsplätze, Veranstaltungen – aber es half uns auch, uns zurückzubesinnen. Wir haben immerhin unser Leben, wir haben ein Dach über dem Kopf und eigentlich geht es uns doch gar nicht so schlecht. Zumindest nicht so schlecht, dass wir nicht helfen können, wenn wir sehen, dass es den Menschen in der Flutregion offensichtlich schlechter geht.
Und so wurde diesen Menschen ohne Wenn und Aber geholfen. Ob Einzelpersonen, die kräftig mit anpackten, oder Großunternehmen, welche Sach- und Geldspenden generierten. Pampers lieferte Windeln und Feuchttücher, Obi, Hornbach und Co. stellten Schaufeln und dergleichen für Aufräumarbeiten zur Verfügung, die Schwarz-Gruppe kümmerte sich um die leibliche Versorgung von Helfern und Opfern. Ich bin nicht kitschig veranlagt, aber da wird mir warm ums Herz. Ich hoffe, dass alle, die während der Flutkatastrophe ihr Heim verloren, dieses Weihnachten irgendwo bei ihren Liebsten sind und trotz allem, was dieses Jahr passiert ist, ein paar schöne Feiertage genießen können.
Talk mit den Toten
von Markus
Wenn jemand aus dem Freundeskreis oder der Familie stirbt, ist das meist grausam. Manchmal hätte man vielleicht noch was zu sagen gehabt, gerne was gewusst oder geklärt. Microsoft kann zwar die Toten nicht wiedererwecken, will den Verbliebenen aber zumindest eine etwas gruselige Alternative bieten: Einen Chatbot, der durch gesammelte Daten des Verstorbenen dessen Sprechverhalten imitieren soll. So könnten Nutzer quasi wieder mit ihren Liebsten ansatzweise in Kontakt treten. Das entsprechende Patent wurde in den USA angemeldet.
Einerseits könnte es für manche Menschen eine gewisse Form der Verarbeitung sein und Trost spenden – gerade, wenn vielleicht sonst nicht mehr viele echte Menschen da sind. Andererseits wäre es eine absurde Flucht in eine Scheinwelt, denn man redet mit einem Algorithmus – und die laufen oft auch gewaltig schief, wie massenweise Beispiele allein bei Amazon zeigen: So hielten die jeweiligen Künstlichen Intelligenzen Politiker für Verbrecher, verwechselten Männer und Frauen oder diskriminierten People of Colour und andere Minderheiten. Was solche fatalen Fehler bei einem derart sensiblen Thema auslösen könnten, darf sich jeder selbst ausmalen.
Einen interessanten Aspekt bietet das Projekt aber: Laut Microsoft könnte man nach dem Prinzip etwa auch mit verstorbenen Stars, fiktiven Figuren und historischen Persönlichkeiten sprechen – wer also immer schon mal mit Jesus, James Dean oder Jeanne d'Arc plaudern wollte, darf hoffen.
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