Große Handelsunternehmen wie Amazon, Ikea und Otto haben sich längst eingängig mit den Themen Diversity & Inklusion beschäftigt und entwickeln die eigene Unternehmenskultur dahingehend weiter. Auch Zalando treibt das Thema voran. Doch greifen auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus der Handelsbranche Konzepte wie Vielfalt, Gleichbehandlung und Inklusion auf?
Es gibt zumindest eine entsprechend hohe Erwartungshaltung: 55 Prozent der KMU möchten, dass Diversität für ihr eigenes Unternehmen in Zukunft ein immer wichtigeres Thema sein soll. Bereits mehr als ein Drittel der kleineren Firmen (37 Prozent) misst dem Konzept Diversity, Equity und Inclusion, kurz DEI, bereits jetzt eine hohe Bedeutung bei. Jeweils knapp ein Drittel sind dem Konzept gegenüber neutral eingestellt oder gaben an, dass das Thema habe keine Relevanz für ihren Betrieb, wie die Studie „Diversity, Equity & Inclusion (DEI) – wie reif ist der Handel?“ von Google, dem Handelsverband HDE und dem Marktforschungsinstitut PwC ergab. Dafür wurden sowohl 52 große als auch 334 kleine und mittelständische Betriebe aus dem Handel befragt.
Bekanntheit von Diversity abhängig von der Unternehmensgröße
Firmen befinden sich bei einer Umsetzung von Gleichbehandlungskonzepten auf unterschiedlichen Stufen. Es sei aber wichtig für sie, Ziele in Bezug auf Vielfalt und Gleichbehandlung zu formulieren – und diese dann auch entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verfolgen und mit messbaren Leistungskennzahlen zu steuern. Das allerdings ist für viele Unternehmen eine Herausforderung. „Auch wenn eine wachsende Zahl der kleinen und großen Handelsunternehmen erkannt hat, dass Diversity in Zukunft einen maßgeblichen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten wird, steht ein wesentlicher Teil bei der konkreten Implementierung einer DEI-Strategie noch am Anfang. Dies liegt auch an oftmals fehlenden KPIs“, erklärt Ilana Rolef-Heberling, Head of Brand Transformation, Communications & DEI bei PwC Deutschland.
Die Studie nutzt ein Reifegradmodell, das Unternehmen helfen könne, sich selbst einzuordnen und Ziele auf dem Weg zu einer ganzheitlichen DEI-Strategie zu definieren und den Prozess messbarer und transparenter zu machen, so die Diversity-Expertin. Sind Strategien, interne Prozessen, Richtlinien, Kommunikation und Unternehmenskultur rund um Diversität noch sehr häufig nicht im Unternehmen verankert, wird dies als Reifegrad 1 klassifiziert. Auf dieser Stufe seien derzeit rund ein Drittel der Befragten. Der Großteil der Firmen befinde sich indes bei Grad 2: Es sind bereits mehrere Initiativen zu Diversity und Inklusion vorhanden und es werden Veränderungen angestoßen. Etwa ein Fünftel der Unternehmen wird dem Grad 3 zugeordnet. Das heißt, Prozesse werden überarbeitet, Maßnahmen umgesetzt und Prinzipien spiegeln sich im Unternehmen wider. 2 Prozent der Firmen erreichten Reifegrad 4 – DEI sind bei ihnen strategische Grundpfeiler in allen Unternehmensbereichen.
Ob und inwieweit die inklusiven Prinzipien aber überhaupt bekannt oder eben schon mehr oder weniger stark verankert sind, ist letztlich abhängig von der Betriebsgröße. Nur 13 Prozent der kleinen Unternehmen mit wenigen Mitarbeitenden haben sich bisher überhaupt mit dem Thema beschäftigt. Von Betrieben mit über 50 Beschäftigen hat sich bislang etwa jeder vierte mit DEI-Konzepten auseinandergesetzt.
So können Unternehmen mehr für Diversity tun
Auf Basis der Befragung, in einem Workshop sowie aus Tiefeninterviews mit der Rewe Group, der Otto Group und Metro wurden im Rahmen der Studie auch Best Practices und konkrete Handlungsempfehlungen formuliert. Eine wesentliche Rolle zur Umsetzung von DEI-Konzepten spielen demnach folgende Aspekte:
- ein kontinuierlicher Austausch, um bei den Beschäftigten ein Bewusstsein für Diverstitätsthemen zu schaffen
- eine klare Festlegung von Rollen und Verantwortlichkeiten, etwa durch eine Diversity-Management-Rolle oder ein Team
- die Überarbeitung von Recruiting-Prozessen, um gleiche Chancen beim Einstellungsprozess zu stärken
Darüber hinaus helfen auch gesetzliche Vorgaben, Vorbilder sowie die zunehmende Forderung nach klaren Unternehmenswerten bei der Etablierung solcher Konzepte. „Der Handel passt sich seinen Kund:innen und der Gesellschaft an. Deshalb ist ein entscheidender Impuls, laut Aussagen einiger Unternehmen, die Vielfältigkeit der Kundschaft. Unternehmen, die diesen gesellschaftlichen Wandel und Bedarf erkennen, legen besonders viel Wert auf die Umsetzung von DEI-Konzepten“, heißt es in der Studie. Auch Rolef-Heberling betont, wie innere Veränderung und Außenwirkung letztlich zum Erfolg führen: „Unternehmen, die DEI als integralen Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie betrachten und leben, schaffen nachhaltiges Vertrauen in die Marke bei ihren Kund:innen und erhöhen ihre Attraktivität als Arbeitgeber.“
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