Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hat analysiert, wie sich der Brexit im ersten Jahr seit vollem Inkrafttreten auf die Wirtschaft auswirkte. Für den bereits vierten „German British Business Outlook“ wurden zwischen Dezember 2021 und Februar dieses Jahres 69 Unternehmen befragt, welche geschäftliche Beziehungen mit Großbritannien führen. Die durch KPMG veröffentlichten Umfrageergebnisse machen deutlich, dass nicht nur die Umsätze für jedes dritte Unternehmen sanken, sondern auch viele Kosten, beispielsweise durch Zölle, signifikant stiegen.
Geschrumpftes Handelsvolumen
Der Handel zwischen Großbritannien und Deutschland ist für beide Länder von hoher Bedeutung. Noch befindet sich Großbritannien in den Top Ten der Länder, mit denen deutsche Unternehmen Handel betreiben. Doch die Position könnte der ausgeschiedene EU-Staat laut KPMG bereits in diesem Jahr verlieren.
So lag das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Großbritannien im Jahr 2015 noch bei 127 Milliarden Euro. Im Jahr 2021, also in direkter Folge des Brexits, sank dieses jedoch auf 97 Milliarden. Vorherigen Prognosen zu Folge hätte das Volumen, ohne das Eintreten des Brexits, stattdessen auf 150 Milliarden ansteigen können.
Die deutschen Unternehmen sehen die Entwicklung insgesamt pessimistisch. Verzeichnete bereits 2021 jedes dritte Unternehmen mäßige bis starke Umsatzrückgänge, so rechnen für das laufende Jahr 22 Prozent mit noch weiteren Einbußen. Über die Hälfte (56 Prozent) der Befragten geht überdies davon aus, dass die britische Wirtschaft binnen der nächsten fünf Jahre deutlich abnehmen werde.
Neuverlagerung des Handels
Der Handel, welcher nunmehr nicht mehr mit Großbritannien betrieben wird, wird von vielen Unternehmen mittlerweile neu verlagert. Ein Viertel der befragten Unternehmen hat hierfür laut KPMG bereits neue Wege gefunden. So haben sechs Prozent die Geschäfte nach Deutschland geholt, während drei Prozent auf andere EU-Länder auswichen.
In den nächsten fünf Jahren avisieren jeweils 15 weitere Prozent ebenso eine Auslagerung nach Deutschland oder andere EU-Länder. Eine Verlagerung außerhalb der EU sehen mit nur sechs Prozent dagegen weniger Unternehmen vor.
Wie Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business KPMG, die Umfrage kommentiert, sollten Wege für ein weiteres Miteinander gefunden werden. Insbesondere für den deutschen Handel erachtet er dies als essenziell: „Deutschland ist innerhalb der EU mit großem Abstand das Land, welches den höchsten Preis für den Brexit gezahlt hat und zugleich das Land, das mit am stärksten von den wirtschaftlichen Folgen des Kriegs Russlands in der Ukraine betroffen ist. Insofern muss Deutschland auch ein großes inhärentes Interesse daran haben, die Wirtschaftsbeziehungen mit Großbritannien wieder auf eine solide, zukunftsgewandte Basis zu stellen.“
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