Mitte Dezember wurde eine wegweisende Vereinbarung für mehr Sicherheitsstandards in der Textilindustrie ins Leben gerufen: das neue pakistanische Abkommen über Gesundheit und Sicherheit in der Textil- und Bekleidungsindustrie zwischen den globalen Gewerkschaften IndustriALL und UNI Global Union sowie Bekleidungsmarken und Einzelhändlern.
Mit der Unterzeichnung der Erklärung verpflichten sich teilnehmende Unternehmen, das bestehende Gesundheits- und Arbeitssicherheitsprogramm neben Bangladesch auf ein weiteres Textil- und Bekleidungsproduktionsland auszuweiten: Pakistan.
Zahlreiche Marken gaben nun offiziell bekannt, das Pakistan-Abkommen unterzeichnet zu haben: Dazu zählen die Otto Group, BESTSELLER, C&A, H&M, Inditex, und PVH Corp. Sie sind seit der Gründung Mitglied im Lenkungsausschuss des International Accord, zu dem insgesamt 14 Vertreterinnen und Vertreter aus globalen Unternehmen und Gewerkschaften zählen. „Wir freuen uns, zu den ersten unterzeichnenden Unternehmen zu gehören und bekennen uns damit klar zu unserer unternehmerischen Verantwortung“, kommentiert Dr. Tobias Wollermann, Vice President Corporate Responsibility der Otto Group.
Rund 190 Unternehmen haben das neue Abkommen bereits unterschrieben. Dazu zählt neben den genannten Mitgliedsmarken beispielsweise auch Tchibo.
Dazu verpflichten sich die Unterzeichner
Das Arbeitsschutzabkommen hat das Ziel, in enger Zusammenarbeit mit pakistanischen Geschäftspartnern und anderen Interessengruppen die Sicherheit von Tausenden Beschäftigten am Arbeitsplatz in Pakistan zu verbessern. Folgende Aspekte sollen durch das gemeinsame Abkommen zwischen globalen Gewerkschaften, internationalen Bekleidungsmarken und Einzelhändlern sowie durch die Einbindung lokaler Partner sichergestellt werden:
- unabhängige Sicherheitsinspektionen zur Behebung festgestellter Brand-, Elektro-, Struktur- und Kesselrisiken
- Schulung des Sicherheitsausschusses in den Produktionsstätten
- Programme zur Sensibilisierung der Arbeitnehmenden bezüglich Sicherheit am Arbeitsplatz
- unabhängiger Mechanismus für Beschwerdeverfahren
- Sicherstellung der finanziellen Mittel für Sanierungsarbeiten
- umfassende Transparenz und der Aufbau lokaler Kapazitäten zur Förderung einer Kultur der Gesundheit und Sicherheit in der Branche
Es handelt sich um eine rechtsverbindliche Vereinbarung. Sie gilt ab 2023 zunächst für eine Laufzeit von drei Jahren, heißt es in einer Mitteilung der niederländischen Stiftung The International Accord.
Langer Weg zu einem gemeinsamen Abkommen
Sicherheit bei der Arbeit ist ein Grundbedürfnis und hierzulande im Vergleich eine Selbstverständlichkeit. Bis es aber in Pakistan zu einer Vereinbarung über die Sicherheitsstandards kam, war es ein langer Weg und, wie etwa Tchibo schreibt, längst überfällig: „Trotz aller angebrachten Euphorie kommt das Abkommen spät.“ Bereits im Herbst 2012 brach in einer Fabrik im pakistanischen Karatschi ein verheerender Brand aus, bei dem 250 Menschen starben. Im Nachbarland Bangladesch reagierte man indes nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Folgejahr, bei dem 1.000 Menschen ums Leben kamen, dann schneller mit konkreten Maßnahmen.
Im Mai 2013 wurde das erste Abkommen – das sogenannte Bangladesch Accord – initiiert, um die Brand- und Gebäudesicherheit in den Textilfabriken zu verbessern. Rund 40 Marken und Händler unterzeichneten eine entsprechende Vereinbarung, im Juli 2015 waren es dann etwa 200. Der größte Anteil erneuerte seine Unterschrift 2018. Im Jahr 2021 wurde The International Accord gegründet. Er führte die grundlegenden Komponenten früherer Vereinbarungen fort, bis Oktober 2022 haben über 180 Unternehmen die internationale Vereinbarung unterzeichnet.
Dieses Abkommen jetzt auf Pakistan auszuweiten, sei also insgesamt ein wichtiger Schritt: „Denn die Ausweitung der Erfolge, die der Accord in Bangladesch für die Sicherheit von Arbeiter*innen erzielt hat, auch in weitere Länder, ist ein hoffnungsvoller Ausblick“, erklärt Dr. Tobias Wollermann von der Otto Group.
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