Es ist wieder so weit: Heute, am 8. März, wird der internationale Frauentag begangen – ein Tag wie kaum ein anderer: Denn selten ruft eine Feierlichkeit so viele Kontroversen, so laute Kampfansagen, aber zugleich auch so viel Empörung und Hass hervor, der sich in das World Wide Web ergießt.
Während sich beispielsweise bei Twitter Menschen gegenseitig die digitalen Köpfe einschlagen, weil sie darüber streiten, wie Frauen zu definieren sind und welche Menschen sich Frauen nennen dürfen und welche nicht, ernten Unternehmen an anderer Stelle Kritik, weil sie den Tag nutzen, um Rabatte auf Mode oder Haushaltsgegenstände zu gewähren. Ob man das gut findet oder nicht – die Lage zeigt, es bleibt noch viel zu tun.
Mit Wertschätzung fängt alles an
Man sollte es eigentlich nicht betonen müssen, doch Wertschätzung ist wichtig. Jeder Mensch jeden Alters, jeden Geschlechts fühlt sich gern gewertschätzt. Wertschätzung ist nicht nur simples Lob, sondern Anerkennung und Bestätigung und geht auch Hand in Hand mit Respekt.
Dass Frauen am Frauentag eine Wertschätzung entgegengebracht und ihre Leistungen somit gewürdigt werden, versteht sich. Noch wichtiger ist es allerdings, dieser Wertschätzung nicht nur am Frauentag Ausdruck zu verleihen – schließlich haben Frauen auch an den 364 übrigen Tagen grundlegende soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche Bedeutung. Große und kleine Kampagnen, die für diesen Punkt Sichtbarkeit schaffen, sind daher nach wie vor wichtig.
Mehr als ein Tag. #weltfrauentag#internationalwomensday #equalrights pic.twitter.com/FZWsqHpN32
— GLS Germany (@GLS_Germany) March 8, 2023
Wir nehmen den heutigen Internationalen #Frauentag zum Anlass, um ALLEN Frauen DANKE zu sagen! Ihr seid großartig! Ohne euch geht es nicht. Danke, dass es euch gibt! https://t.co/plsFBGi5ef pic.twitter.com/PvmTcGQcOF
— Stadtreinigung Leipzig (@StadtreinigungL) March 8, 2023
Egal, wo ihr einsteigt: Es gibt eine Beförderungsgarantie. pic.twitter.com/STGU8tDmN0
— Weil wir dich lieben (@BVG_Kampagne) March 8, 2023
Wertschätzung hört bei der Bezahlung auf
Dass Wertschätzung allein aber nicht reicht, zeigen nicht nur Erfahrungen und ein Blick in den Alltag, sondern auch zahlreiche Studien, Statistiken und Zahlen, die belegen, dass eine Gleichbehandlung von Frauen noch immer nicht Realität ist: insbesondere bei der Bezahlung.
Was Frauen wollen: Gerechte Bezahlung.
— Mrs. Penny (@MrsPennyBean) March 8, 2023
Was wir vom Betriebsrat bekommen: Lila Kugelschreiber mit Strass-Steinchen. pic.twitter.com/IGNpEJys2b
Gleicher Beruf + gleiche Arbeitserfahrung = weniger Gehalt 👍
— KATAPULT Magazin (@Katapultmagazin) March 8, 2023
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In den unteren Einkommensklassen ist das Geschlechterverhältnis ausgewogen. In den gut bezahlten Positionen dominieren allerdings die Männer. #EqualPayDay pic.twitter.com/0X1DT397zP
Frauen arbeiten an 66 Tagen im Jahr im Vergleich zu Männern unbezahlt. Und dazu noch öfter an Feiertagen – auch wenn Frauentag ist ► https://t.co/Fs1V2aBKo6
— KATAPULT MV (@katapult_mv) March 7, 2023
Rechtliche Streitigkeiten rund um Gleichberechtigung und gleiche Bezahlung
Einen Schritt Richtung Gleichbehandlung ist Deutschland mit einer jüngsten Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 16.01.2023, Az. 8 AZR 450/21) gegangen, in deren Rahmen die Gleichbehandlung – und Gleichbezahlung! – von Frauen und Männern gestärkt wurde. Verknappt formuliert: Nur weil Männer unter Umständen besser verhandeln können, sei dies kein hinreichender Grund, sie besser zu bezahlen als Frauen mit gleicher Arbeitsleistung.
Während das Urteil aus Sicht der Gleichbehandlung zu begrüßen ist, haben Arbeitgeber bereits Unmut verkündet: Das Urteil greife in die Verhandlungsfreiheit ein. Auch dies zeigt, dass es vielerorts in Sachen Wertschätzung auf mündlicher Ebene bleibt.
Grundsätzlich landen in Deutschland immer wieder Fälle von Ungleichbehandlung vor Gericht. Auch die geringere Sichtbarkeit von Frauen sowie fehlende Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bleiben wichtige Themen, die wir an dieser Stelle nochmals ausführlich beleuchten:
- Ex-Bürgermeisterin bekommt Schadensersatz wegen ungleicher Bezahlung
- EU beschließt europaweite Frauenquote für Aufsichtsräte
- Einzelhandel, Floristik, Pflege: Frauen arbeiten eher in Branchen mit geringen Löhnen
Auch die Probleme rund um den Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft offenbaren die Relevanz von Frauen: Eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom unter 503 Firmen mit 10 oder mehr Mitarbeitenden hat ergeben, dass sechs von zehn Unternehmen aus dem IT- und Telekommunikationssektor (59 Prozent) der Überzeugung sind, dass der Fachkräftemangel ohne Frauen nicht gelöst werden könne. „Drei Viertel (74 Prozent) befürchten, ohne Frauen verspiele die Branche ihre Zukunft“, heißt es weiter. Auch die Politik sei hier gefragt, um Förderung zu forcieren und Ungleichbehandlung entgegenzuwirken.
Der Kampf um Anerkennung muss weitergehen
Erst jüngst haben die Vereinten Nationen eindrücklich vor Rückschritten bei den Rechten von Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt gewarnt. Nach Angaben der Uno-Frauenrechtskommission liege die Gleichstellung nach derzeitigem Stand noch „300 Jahre entfernt“, wird Generalsekretär António Guterres vom Spiegel zitiert. Rund um die Welt würden Frauenrechte „missbraucht, bedroht und verletzt“. Eindrücklichste Beispiele sind derzeit wohl die Entwicklungen in Afghanistan, wo Frauen und Mädchen aus dem öffentlichen Leben verbannt wurden, oder die Proteste für mehr Frauenrechte in Iran, die gewaltsam niedergeschlagen werden.
Gerade vor diesem Hintergrund muss Gleichberechtigung immanentes Ziel der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sein. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, um ein Leben für Frauen und Mädchen in Freiheit und Selbstbestimmung zu garantieren.
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