Hohe Energie-, Logistik- und Einkaufskosten, die sich negativ auf die Umsatzzahlen auswirken, sorgten in den vergangenen Monaten für Sorgenfalten in den Gesichtern der kleineren E-Commerce-Anbieter. Nun scheint sich die Lage ein wenig zu entspannen: Wie Handelsblatt-Experte Julian Olk erklärt, sind wir der drohenden Rezession – Stand jetzt – gerade noch entkommen.
Trotzdem sind die weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen noch nicht vollumfänglich absehbar. Tritt das Konjunkturtief doch noch ein oder verbessert sich die Wirtschaftslage stetig weiter? Onlinehändler stehen dementsprechend vor noch unbekannten Herausforderungen. Doch es gibt in Zeiten der Ungewissheit auch Licht am Ende des Tunnels.
Zwei Drittel der Online-Händler weiterhin optimistisch
Obwohl die E-Commerce-Branche durch die Corona-Pandemie stärkere Umsätze verzeichnete als je zuvor, gingen auch an ihr die letzten Monate, inklusive Inflationsanstieg, nicht spurlos vorüber. Die Umsätze deutscher Onlinehändler sanken im vergangenen Jahr um ein Prozent, so die Ergebnisse einer Studie des Handelsforschungsinstituts ECC Köln und des Finanzdienstleisters Mollie.
Gründe dafür sind unter anderem Kaufzurückhaltung, Kaufabbrüche von Verbrauchern sowie Lieferengpässe. Die Studienergebnisse machen aber auch Mut, denn: Zwei Drittel der befragten Online-Händler schätzen ihre langfristige Perspektive optimistisch ein. Doch was muss getan werden, um dem Optimismus die gewünschten Ergebnisse folgen zu lassen?
Optimismus in die Tat umsetzen
Trotz der gesunkenen Umsätze und der nicht absehbaren wirtschaftlichen Entwicklung investieren kleine und mittelständische E-Commerce Unternehmen schon heute smart, um mit Global Playern wie Amazon oder Alibaba mitzuhalten. Um derartige Investitionen realisieren zu können, muss jedoch vorab der Cashflow des Unternehmens gesichert sein – gerade für kleinere Unternehmen allzu oft ein schwieriges Unterfangen.
Der Prozess von der Beantragung eines klassischen Bankkredits über die Genehmigung bis hin zum Erhalt des Kapitals dauert zum Teil mehrere Wochen – wenn der Antrag denn überhaupt genehmigt wird; Wochen, in denen die betroffenen Unternehmen keine notwendigen Investitionen treffen können, um ihren Webshop beziehungsweise ihre Strategie den sich wandelnden Kundenbedürfnissen rechtzeitig anzupassen.
Finanzdienstleister schließen eine Lücke am Markt
Mittlerweile ermöglichen aber auch Finanzdienstleister den Zugriff auf schnelles und flexibles Kapital. Beträge im bis zu sechsstelligen Bereich können dabei helfen, die Liquidität von KMU abzusichern. Die Dienstleister schließen so die vorhandene Lücke in puncto Finanzierungen.
Das ermöglicht E-Commerce-Händlern punktuelle Investitionen, die gerade jetzt entscheidend sind, um im wirtschaftlichen Aufschwung nicht ins Hintertreffen zu geraten. Die Investitionen sind dabei größtenteils pragmatischer Natur; die Verbesserung der Customer Experience und die Umsatzsteigerung stehen im Vordergrund.
Strategisches Online-Marketing statt KI und Blockchain
Aus der Studie geht des Weiteren hervor, dass die Gelder vor allem in die digitale Weiterentwicklung mit kurzfristigen Ergebnissen fließen sollten, anstatt in langfristige Strategien wie Künstliche Intelligenz (KI) oder Blockchain.
Mit 47 bzw. 45 Prozent Zustimmung sind vor allem Online-Marketing und Mobile-Commerce Felder, in denen die befragten Onlinehändler Entwicklungspotenzial sehen und deshalb entsprechende Investitionen planen. Auch der Ausbau des eigenen Marktplatzes (26 Prozent) und die Optimierung des Online-Bezahlprozesses (23 Prozent) stehen weit oben auf der Agenda der Befragten.
Diese Priorisierung ist der Tatsache geschuldet, dass innovative Technologien wie Blockchain und KI zwar ihre Daseinsberechtigung haben (und in absehbarer Zeit ihren Durchbruch feiern werden), im aktuellen Marktumfeld ob der Entwicklungs- und Anschaffungskosten allerdings kaum abbildbar sind. Zu schmal sind die Budgets der Händler und Konsumenten gleichermaßen. Vordergründig wird deshalb auf schnell und verhältnismäßig günstige Maßnahmen gesetzt, die sich auch kurzfristig positiv beim Umsatz und bei der Kundenbindung bemerkbar machen.
Beim Check-out auf die Bedürfnisse der Kunden achten
Der europäische E-Commerce Report aus dem Jahr 2022 zeigt, dass vor allem der Check-out-Prozess eine tragende Rolle bei der Auswahl des Online-Shops spielt. Fast die Hälfte der befragten Konsumenten bricht den Kauf ab, wenn die favorisierte Zahlungsmethode nicht angeboten wird. Ebenfalls sind für 75 Prozent Versand- und Retourenprozesse wichtige Punkte, wenn es zur Kaufentscheidung kommt – und der abermalige Besuch eines Online-Shops in Erwägung gezogen wird.
Deutsche Onlinehändler sollten daher zwingend die im Land beliebtesten Bezahlmethoden Paypal, Debit Card und Sofort-Überweisung in ihren Webshop integrieren. In Österreich haben zum Beispiel hingegen PayPal, Kartenzahlung und SEPA-Überweisung die Nase vorn. Diesen Bedürfnissen sollte demnach ein Online-Shop gerecht werden, um bereits gewonnene Leads in zahlende Kundschaft umzumünzen und den Kundenstamm sukzessive zu erweitern.
Antizyklische Investitionen für den zukünftigen Erfolg
Statt im schwierigen Wirtschaftsumfeld Stagnation walten zu lassen, krempelt der deutsche Onlinehandel also die Ärmel hoch und investiert antizyklisch, mit dem Ziel, jetzt die Weichen für den zukünftigen Erfolg zu legen. Das wichtigste Aushängeschild dabei, sozusagen die Visitenkarte eines jeden Händlers, ist der eigene Webshop. Dieser muss an die Kundenbedürfnisse angepasst werden, um die Customer Journey zu optimieren, einen loyalen Kundenstamm aufzubauen und neue Kunden zu überzeugen.
Genau das hat die Mehrheit der Anbieter erkannt, weshalb sie dank neuer und flexibler Finanzierungsmodelle ihre Pläne effizient in die Tat umsetzen können. Diese Entwicklung macht Hoffnung, die Branche ist gewappnet für steigende Kauflust und ein abermals florierendes E-Commerce-Geschäft.
Über die Autorin
Annett Polaszewski-Plath ist seit März 2022 Managing Director für die DACH-Region beim Finanzdienstleister Mollie. Die Digitalexpertin treibt das Wachstum des Unternehmens in Deutschland, Österreich und der Schweiz voran. Mollie ist seit 2019 am deutschen Markt vertreten. Annett ist maßgeblich für die strategische Ausrichtung und Vision in der DACH-Region verantwortlich.
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