Die Kosten, die Unternehmen im vergangenen Jahr insgesamt für den Bruttolohn, Arbeitgeberanteile an Sozialbeiträgen, Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung sowie als Arbeitskosten geltende Steuern aufzuwenden hatten, haben sich in Deutschland zuletzt erhöht: 2022 stiegen die Arbeitskosten je Arbeitsstunde in der Privatwirtschaft um jahresdurchschnittlich 6,4 Prozent auf 40 Euro. Im Vorjahr hatten sie lediglich 1,3 Prozent zugelegt. Das ermittelte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
Damit erhöhten sich diese Aufwendungen hierzulande stärker als in anderen europäischen Ländern, in der EU wurde ein Plus von 5,4 Prozent und im Euroraum um 5 Prozent registriert. Deutschland hat die sechsthöchsten Arbeitskosten der 27 EU-Länder, noch höher fällt dieser Kostenpunkt in Luxemburg, Dänemark, Belgien, Schweden und Frankreich aus. In Rumänien und Bulgarien sind die Ausgaben mit 9,30 bzw. 8 Euro am geringsten.
Einführung des Mindestlohns führt zu höheren Kosten im Dienstleistungssektor
Grund für die generelle Steigerung waren europaweit die Energiepreisschocks und die sehr hohe Inflationsrate. Hierzulande habe vor allem auch die Mindestlohnerhöhung zu einem Anstieg beigetragen. So nahmen die Kosten im Dienstleistungsbereich mit 7,2 Prozent mehr, der traditionell im Vergleich niedrigere Arbeitskosten aufweist, stärker zu als in der Industrie (plus 4,8 Prozent). Dazu habe allen voran die Mindestlohnanhebung auf 12 Euro geführt. „Das ist eine positive Entwicklung, da Deutschland nach wie vor den höchsten Lohnabstand zwischen Verarbeitendem Gewerbe und Dienstleistungssektor aufweist“, erläutern Ulrike Stein und Alexander Herzog-Stein, die die Studie verfassten.
Deutschland bisher „stabil durch die Krise gekommen“
Wenn Arbeitskosten stärker als die Arbeitsproduktivität steigen, bedeutet dies in der Regel, dass Firmen mehr rationalisieren, weil sie mehr Kapital benötigen – und des wiederum kann zum Abbau von Arbeitsplätzen beitragen. Daher sollte sich die Lohnpolitik idealerweise an den Produktivitätszuwächsen der Wirtschaft orientieren. Die Entwicklung bei den sogenannten Lohnstückkosten, die die Arbeitskosten ins Verhältnis zum Produktivitätsfortschritt setzen, weist in Deutschland trotz 3,8-prozentiger Steigerung – und damit mehr als im Euroraum (3,3 Porzent) längerfristig weiterhin eine moderate Tendenz auf, teilen die Forschenden weiter mit.
„Die meisten europäischen Länder und insbesondere Deutschland sind bislang recht stabil durch diese Krise gekommen und außenwirtschaftlich weiterhin sehr wettbewerbsfähig“, so die Einschätzung des wissenschaftlichen Direktors des IMK, Sebastian Dullien, angesichts der Untersuchungsergebnisse. „Im laufenden Jahr müssen wir zwar mit einer leichten Schrumpfung beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) rechnen. Aber angesichts der großen Belastungen wäre viel Schlimmeres möglich gewesen.“
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