Starke Sommerhitze kann während der Arbeit zu weniger Leistung führen – unter anderem auch, weil man in den ebenfalls kaum kühleren Nächten beispielsweise weniger Schlaf findet. Konzentrationsprobleme können die Folge sein. Der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Johannes Nießen, empfiehlt daher nun einen Blick gen Süden: „Wir sollten uns bei Hitze an den Arbeitsweisen südlicher Länder orientieren: Früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta machen, ist ein Konzept, das wir in den Sommermonaten übernehmen sollten“, zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) den Mediziner.
Flexible Arbeitszeiten – eine Sache der Unternehmen?
Keinen Zuspruch erhält dieser Vorschlag vom Verband der Familienunternehmer. Dieser beruft sich auf bereits vorhandene Regelungen zur Arbeit bei Hitze: „Bei hohen Temperaturen sind Arbeitgeber durch Vorgaben zum Arbeitsschutz bereits jetzt dazu aufgerufen, Maßnahmen für ein erträgliches Arbeiten zu ergreifen. Die Notwendigkeit einer flächendeckenden, womöglich gesetzlich festgelegten Siesta im Sommer sehe ich nicht“, erklärte die Präsidentin der Vereinigung, Marie-Christine Ostermann, der Rheinischen Post, wie es in einer dpa-Meldung bei Onvista heißt. Auch gebe es Vertrauensarbeits- und Gleitzeitmodelle, die diesbezüglich die notwendige Flexibilität bieten würden. „Frei nach dem Motto: Früher Vogel fängt den kühlsten Wurm“, so Ostermann.
Grundsätzlich positiv bewertete Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Idee. Der SPD-Politiker schrieb auf Twitter: „Siesta in der Hitze ist sicherlich kein schlechter Vorschlag.“ Dies sei medizinisch „sicher für viele Berufe sinnvoll“. Die Politik sieht er diesbezüglich aber nicht in der Pflicht: „Das sollten aber Arbeitgeber und Arbeitnehmer selbst aushandeln.“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte dem RND, schon jetzt würden viele Betriebe Möglichkeiten wahrnehmen, um Arbeitszeiten an Hitzetagen anzupassen – „sodass sich auch in Deutschland bei weiter voranschreitendem Klimawandel die Arbeitszeitgepflogenheiten mancherorts wandeln werden, sofern die verantwortlichen Tarifvertragsparteien und Betriebspartner dies für sinnvoll erachten“.
Arbeitgeberverband befürwortet politischen Rahmen
Dem Vorschlag ebenfalls wohlgesonnen ist der Arbeitgeberverband BDA. So sei zwar in den Betrieben gesunde Arbeit auch bei Hitze gewährleistet. Dennoch: „Unterstützend kann bei längeren Pausen eine Reform des Arbeitszeitrechts helfen, um Beschäftigten die Chance zu geben, flexibler zu arbeiten“, sagte ein BDA-Sprecher dem RND. Dies sei auch in Bezug auf längere Mittagspausen denkbar, soweit das mit den betrieblichen Abläufen vereinbar sei und sich Betrieb und Beschäftigte einig würden. Die Politik müsse den Rahmen schaffen.
Nicht in allen Berufen ist so eine flexible Arbeitszeitgestaltung aber überhaupt möglich, beispielsweise in der Pflege. Aber etwa auch bei Bauarbeitern, Erntehelfern oder Reinigungskräften sei dies schwerlich umsetzbar, kritisiert der IG-Bau-Chef Robert Feiger. Baustellen könnten wegen der Lärmbelästigung nicht früher als 7 Uhr mit der Arbeit beginnen, auch fehle es an potenziellen Rückzugsräumen für eine Erholung. Ist es zu heiß, müssen derlei Tätigkeiten gestoppt werden. Für die fehlende Arbeitszeit forderte Feiger stattdessen ein aus staatlichen Hilfen finanziertes Ausfallgeld.
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Die Arbeitgeber müßten von dem Vorschlag eigentlich begeistert sein, verschafft er Ihnen doch Personal, das bis 20 Uhr im Büro sitzt.
In der Pflege gibt es sowas übrigens schon, nennt sich dort "geteilte Dienst" und ist völlig zurecht unbeliebt
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