Beschäftigte in Deutschland sehen sich verstärkt nach neuen Jobs um. Das ergab eine Studie der Wirtschaftsprüfgesellschaft EY. Demnach sucht aktuell etwa ein Viertel der Erwerbstätigen aktiv oder zumindest gelegentlich nach einer neuen Arbeitsstelle. Etwa je 37 Prozent der insgesamt 1.555 befragten Arbeitnehmer:innen, sei bereit, den Job zu wechseln, sobald sich etwas Passenderes ergebe, heißt es – ebenso viele würden sich aktuell nicht mit der Frage eines Jobwechsels beschäftigten.
Damit sind inzwischen wieder deutlich mehr Menschen wechselwillig, wie EY weiter mitteilt: So erklärte 2021 noch etwa die Hälfte, dass sie nicht über eine neue Stelle nachdenken würde, 2017 lag der Wert sogar noch bei 82 Prozent.
Führungsverhalten oft ausschlaggebend für den Wechsel
Wem etwas nicht passt, der schaut sich anderweitig um. Das gilt vor allem für junge Menschen. Ein besonders triftiger Grund für den Wechsel der Arbeitsstätte für diese Altersgruppe ist, wenn sie mit ihrer Führungskraft unzufrieden sind: Knapp ein Drittel der Teilnehmenden im Alter zwischen 21 bis 35 Jahren gab an, dass sie bereits einmal wegen des Verhaltens ihres Vorgesetzten gekündigt hätten. Trotz längerer Berufstätigkeit taten dies bei den 51- bis 65-Jährigen nur etwa 28 Prozent. Im Mittel gaben 29 Prozent aller Beschäftigten an, dass das Führungsverhalten eine der wesentlichsten Ursachen für den Jobwechsel ist.
„Junge Menschen, die am Anfang ihrer Karriere stehen oder erst einige Jahre gearbeitet haben, ergreifen ganz offensichtlich schneller drastische Maßnahmen als die Generation der sogenannten Babyboomer – viele von ihnen kündigen, wenn ihnen der Führungsstil und die Unternehmenskultur im Arbeitsalltag nicht passen“, erklärt Jan-Rainer Hinz, Mitglied der Geschäftsführung, Leiter Personal und Arbeitsdirektor bei EY. So ist eine schlechte Unternehmenskultur für immerhin 23 Prozent ein ausschlaggebender Faktor. Die jungen Leute könnten sich Kündigungen aktuell erlauben, weil der Arbeitsmarkt es hergebe – und viele Unternehmen weiter nach Fachkräften suchen.
Gehalt und Benefits für die Fachkräftegewinnung
An erster Stelle der Kündigungsgründe stehe aber weiterhin das Gehalt. 34 Prozent der Angestellten verlassen das Unternehmen wegen zu niedriger Vergütung. „Die Bezahlung ist hier ganz klar eine Stellschraube, die gerade bei der jüngeren Generation wichtiger ist als bei den älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zum Teil bereits in Richtung Rente schielen“, so Hinz weiter. „Aber auch softe Faktoren, die Art der Führung, die Kultur im Konzern und das Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen, spielen eine wichtige Rolle und dürfen nicht außer Acht gelassen werden.“ Weitere Gründe sind eine spannendere Position woanders (22 Prozent), private Gründe (19 Prozent) – und mit immerhin noch 18 Prozent eine zu hohe Arbeitsbelastung. Vor allem letztere hat in den letzten Jahren angesichts des hohen Fachkräftebedarfs in IT-Jobs noch deutlich zugelegt, wie sich bereits in der Vergangenheit zeigte.
Unsicherheit spielt, etwa auch in Zeiten von künstliche Intelligenz, die mehr auf den Markt drängt, ebenfalls eine Rolle. So schätzt aktuell nur ein gutes Drittel den eigenen Job als sicher an – seit 2015 ist dies der niedrigste Wert. Ebenfalls auf einen Tiefstwert sinkt, mit 13 Prozent, die Anzahl jener, die sich mit ihrem Unternehmen eng verbunden fühlen, 2017 war dies noch bei einem Drittel der Fall. „Dies ist ohne Frage eine herausfordernde Situation für die Unternehmen: Talente und Fachkräfte zu halten, die ganz offensichtlich immer häufiger zu einem Jobwechsel bereit sind“, so der HR-Experte Hinz. Flexible Arbeitszeitmodelle, wie die Vier-Tage-Woche, Teilzeitmöglichkeiten oder Gleitarbeitszeit, seien weitere wichtige Faktoren, um Fachkräfte zu binden: 63 Prozent der Befragten betrachten flexible Arbeitszeitmodelle als Benefit, welcher ihnen bei Arbeitgeber:innen wichtig ist. Relevant sind weiter Überstundenkompensation (58 Prozent) sowie Weiterbildungsmöglichkeiten (57 Prozent). Firmenwagen oder kostenfreie Snacks im Büro werden deutlich uninteressanter.
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