In diesem Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt um 0,6 Prozent zurückgehen und damit, anders als noch im Frühjahr erwartet, nicht um 0,3 Prozent steigen. Die deutsche Wirtschaft sei seit etwa einem Jahr im Abschwung, melden die fünf führenden Wirtschaftsinstitute in ihrer Gemeinschaftsprognose, wie u. a. das ifo-Institut mitteilt.
Der Hauptgrund sei, „dass sich die Industrie und der private Konsum langsamer erholen, als wir im Frühjahr erwartet haben“, erläutert Oliver Holtemöller, stellvertretender Präsident und Leiter der Abteilung Makroökonomik am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Ausschlaggebend waren dafür unter anderem Energiepreise, die sich infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hierzulande im letzten Jahr sprunghaft erhöhten, sowie die Inflation. „Dadurch wird den privaten Haushalten Kaufkraft entzogen“, heißt es weiter zur Erläuterung.
Schlechtere Stimmung in den Unternehmen
In den deutschen Unternehmen sei unter anderem auch aufgrund der derzeitigen politischen Unsicherheit die Stimmung erneut trüber geworden. Die Ökonom:innen hätten sich bezüglich des veränderten politischen Klimas im Land auf der Pressekonferenz in Berlin auch generell ihre Besorgnis geäußert, etwa darüber, „dass sich extremes Gedankengut in der Gesellschaft ausbreite“, meldet Reuters/Onvista. Dadurch könnte hierzulande langfristig Wohlstand und Wachstum eingebüßt werden.
„Derzeit gerät etwas in Gefahr, das bis vor kurzem in Deutschland als selbstverständlich galt“, führt Oliver Holtemöller aus. „Nämlich ein gesellschaftliches Klima, welches Haushalten und Unternehmen das Vertrauen gibt, dass die Grundregeln unserer Gesellschaft allgemein akzeptiert werden, und dass diese Grundregeln deshalb auch in Zukunft Bestand haben“, so der Wirtschaftsforscher. Dies betreffe Selbstverständlichkeiten, etwa den Respekt vor Mitmenschen sowie vor dem Eigentum oder der Handlungsfreiheit. Mit Blick auf eine migrationsfeindliche Einstellung im Land würde dies auch langfristige Folgen haben, so Holtemöller.
Potenziell leichtes Wachstum im nächsten Jahr
Die Zahl der Arbeitslosen soll in diesem Jahr voraussichtlich leicht sinken, rund 2,6 Millionen Personen sollen demnach in der Arbeitslosigkeit sein. Da allerdings die Löhne infolge der hohen Inflation etwas angehoben worden seien und die Energiepreise wieder sinken, könnte die Kaufkraft wieder zurückkehren und der Abschwung zum Jahresende abklingen, so die Aussichten der Wirtschaftsinstitute.
Für das Jahr 2024 wird dann ein geringes Wachstum von 1,3 Prozent vorausgesagt. Dieser Wert liegt 0,2 Prozentpunkte unter der vergangenen Frühjahrsprognose. Die Inflationsrate dürfte im Jahr 2023 bei 6,1 Prozent liegen und auf 2,6 Prozent im Jahr 2024 zurückgehen.
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