Sollten Angestellte lieber wieder ins Büro kommen – oder aber weiterhin mindestens teilweise im Homeoffice arbeiten können? Die Frage wird immer wieder diskutiert, etwa wenn man den Blick auf die Regelungen großer Tech-Konzerne richtet: Für Missmut unter den Beschäftigten sorgte etwa Amazons recht rigorose Vorgabe zur Rückkehr der eigenen Angestellten in die Firmenzentralen – wer lieber remote arbeiten wolle, müsse eben kündigen. Einen ähnlich harten Kurs verfolgte auch Elon Musk bei X/Twitter. Google führte ebenfalls wieder eine Büropflicht an drei Tagen ein, Apple ebenso. Auf Gegenliebe stießen Vorschriften eher nicht, da viele Angestellte die hohe Flexibilität in Bezug auf ihren Arbeitsort schätzen und Themen wie die mentale Gesundheit und eine gute Work-Life-Balance ohnehin immer relevanter werden.
Argumentativ beruft man sich bei der Diskussion zum Arbeitsort oftmals auf die Produktivität, die nun je nach Auffassung zu- oder abnehmen würde. Dass diese im Büro größer sei als im eigenen Zuhause, hat sich in der Vergangenheit nicht unbedingt bestätigt – im Gegenteil: „Die mehrheitlich positiven Erfahrungen mit der Produktivität sind ein wichtiger Grund, warum sich das Homeoffice in vielen deutschen Unternehmen etabliert hat“, meint Mathias Dolls, Forscher am Ifo-Institut.
Und die hiesigen Firmen sehen dies einer Befragung des Instituts unter 9.000 Unternehmen zufolge offenbar ganz ähnlich: Ein Großteil – rund 60 Prozent – rechnet nämlich nicht damit, dass sich bei einem Wechsel vom hybriden Arbeitsmodell in die Präsenzpflicht etwas an der Produktivität der eigenen Beschäftigten ändere, sondern diese gleich bleibt.
Wissensaustausch und Jobzufriedenheit als Produktivitätsfaktor
Nicht wenige Firmen rechnen aber auch mit Leistungsveränderungen: Einer von drei Betrieben vermutet, dass Beschäftigte bei vollständiger Anwesenheit im Büro produktiver seien. Wiederum ein Drittel dieser Gruppe erwartet einen Produktivitätszuwachs zwischen 10 und 20 Prozent. Rund acht Prozent sind hingegen der Ansicht, dass die Mitarbeitenden bei der Büropflicht unproduktiver werden – die Hälfte der Befragten geht in diesem Fall von Einbußen von etwa 5 bis 10 Prozent aus, ein Drittel von Verlusten in Höhe von 10 bis 20 Prozent.
Je nach Auffassung würden ganz unterschiedliche Faktoren zur Produktivität beitragen bzw. diese beeinträchtigen: Wer bei einer Präsenzpflicht eine höhere Leistungsfähigkeit der Beschäftigten erwartet, geht von effizienterer Kommunikation aus, weniger Ablenkung und mehr Wissenstransfer. Jedes zweite Unternehmen meint, dass sich die Teams vor Ort besser managen lassen.
Wer von weniger Produktivität ausgeht, begründet das mit den Vorzügen des Remote-Ansatzes, bei dem sich die Arbeitszeit flexibler einteilen lässt und es auch weniger Ablenkung gibt. Auch haben die Zufriedenheit mit dem Job und eine positive Work-Life-Balance Auswirkungen auf die Produktivität der einzelnen Mitarbeiter:innen.
Homeoffice – gekommen, um zu bleiben?
Wie sich die künftige Entwicklung rund um Remote-Work und Präsenzpflicht gestalten wird, bleibt demnach spannend. So ist die Frage, ob sich die Produktivität ändert, auch branchenabhängig: In der Textilindustrie gehen sogar insgesamt über 54 Prozent der befragten Firmen davon aus, dass sich die Arbeit vor Ort produktiver macht, ähnlich hohe Quoten gibt es in der Druckindustrie und bei Autoherstellern.
Einer Ifo- und Randstadt-Erhebung aus dem Sommer zufolge würden derzeit noch 3 von 5 Firmen standardmäßig hybride Arbeitsmodelle anbieten. Wegen des höheren Anteils der Personen, die von zu Hause aus arbeiten, stehen aber auch mehr Immobilien leer – die Anzahl ungenutzter Flächen hat sich aktuell sogar verdreifacht. Im Jahr 2022 arbeiteten laut Statistischem Bundesamt knapp ein Viertel der Deutschen im Homeoffice, die Zahl hat sich auch im Vergleich zum von Lockdowns geprägten Coronajahr 2021 nur marginal verringert.
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