Themen wie soziale Verantwortung oder Nachhaltigkeit werden in vielen Unternehmen offenbar noch wenig Relevanz beigemessen: Nur etwa ein Viertel der Personalverantwortlichen hat bislang Schulungen für Mitarbeitende (23,9 Prozent) oder die Geschäftsführung (24,9 Prozent) zum Thema Umwelt, Soziales und Governance (ESG) durchgeführt. Das ergab eine Umfrage des Personaldienstleisters Effectory und dem Marktforschungsinstitut Civey unter 1.900 Personalentscheider:innen und 2.500 Angestellten in Deutschland.
Allerdings gibt es in den Personalabteilungen auch den Wunsch nach mehr Rückenwind: 24,7 Prozent der befragten Verantwortlichen hätten für die Durchführung von ESG-Schulungen gern Unterstützung aus der eigenen Geschäftsführung. Auf Seiten der Beschäftigten zeigt die Studie, dass bisher nur in etwa jede:r Vierte (23,8 Prozent) das gesellschaftliche Engagement des eigenen Arbeitgebers als wichtig erachtet. Die Angestellten sind allerdings in knapp 60 Prozent der Fälle auch gar nicht in ESG-Aktivitäten eingebunden worden – das gilt allen voran bei jüngeren Mitarbeitenden zwischen 18 und 29 Jahren (71,2 Prozent).
Ökonomische Denkweise dominiert
Bei den Personalentscheider:innen sagt zwar knapp die Hälfte, dass ihnen die ESG-Themen beispielsweise auch in Bezug auf die Mitarbeitergewinnung wichtig sind. Wirtschaftliche Interessen stehen jedoch im Fokus: Gehaltsstrukturen (47 Prozent), flexible Arbeitszeitmodelle (45,6 Prozent) sowie Weiterbildungsangebote und Aufstiegschancen (33,3 Prozent) werden überwiegend genannt. Soziales (11,7 Prozent) und ökologisches Engagement (4 Prozent) spielen eine untergeordnete Rolle.
Werden Angestellte gefragt, was ihrer Ansicht nach zu einem nachhaltigen Aufbau beiträgt, so zeigt sich ein ähnliches Bild. Ökonomischen Aspekten wird der Vorzug gegeben. So bekommen Diversität und Inklusion mit 26,1 Prozent, ethisches Bewusstsein (33,6 Prozent) oder Verantwortung für die Umwelt (38,4 Prozent) im Vergleich deutlich weniger Zustimmung als langfristiges Denken entwickeln (63,4 Prozent), Fähigkeiten zur Konfliktlösung beherrschen (56,8 Prozent) oder die wirtschaftlichen Folgen des Handelns kennen (55,1 Prozent).
Soziale und gesellschaftliche Verantwortung als Wettbewerbsvorteil
Zwar ist die Unternehmenskultur für die Beschäftigten von zentraler Bedeutung, denn etwa 25 Prozent würde den Job kündigen, wenn diese nicht passt – was auch die über die Hälfte der Verantwortlichen auf dem Schirm haben. Doch in der Praxis schlägt sich das noch nicht so recht nieder. Das wäre aber nötig, meint Volker Grümmer, Geschäftsführer von Effectory Deutschland: „Die Studie zeigt, dass Personalentscheider:innen die Bedeutung von ESG-Kriterien als Werttreiber innerhalb der Unternehmenskultur unterschätzen“, kommentiert er die Studienergebnisse. „Die Umsetzung einer soliden ESG-Strategie ist nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch eine Verantwortung gegenüber allen Stakeholdern, zu denen in erster Linie die eigenen und zukünftigen Mitarbeiter:innen zähle.“
Eine ganzheitliche ESG-Strategie zieht voraussichtlich umfassende Veränderungen von Unternehmensstrukturen und -prozessen – fördere aber auch Wachstum und Erfolg. „Die Frage ist also nicht mehr, ob wir ESG in unsere Geschäftstätigkeit integrieren sollen, sondern wie wir es am besten tun, und Personalverantwortliche nehmen dabei eine wichtige Rolle ein“, so Grümmer. Nützlich dafür sei beispielsweise, dazu weitreichend das Feedback der eigenen Angestellten zu erfragen.
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