Ein Unternehmen zu führen, ist immer eine gewisse Herausforderung. So mag eine freundschaftliche und familiäre Atmosphäre gut fürs Teambuilding sein, kann jedoch auch zu Komplikationen führen, sobald wirtschaftliche Herausforderungen zu Umbrüchen zwingen.
Doch was, wenn man mit seiner tatsächlichen Familie ein Geschäft führt? Wie der Generationswechsel eines solchen Familienbetriebes ablaufen kann, und mit welchen Komplikationen zu rechnen ist, weiß Ann-Kathrin Uraz. Sie ist Geschäftsführerin des Konditorei-Fachhändlers Jacobi Decor GmbH und erzählt OnlinehändlerNews im Interview, wie der Mix aus Familie und Geschäft laufen kann.
„Anfangs war unklar, ob wir gut zusammenarbeiten können.“
OnlinehändlerNews: Sie sind ein Familienunternehmen. Wie funktioniert das geschäftliche Miteinander, wenn auch familiäre Beziehungen eine Rolle spielen?
Ann-Kathrin Uraz: Als ich mit ins Familiengeschäft eingestiegen bin, habe ich zuerst meine eigene Firma, Süssbedruckt, gegründet. Einfach aus dem Grund, dass mein Vater und ich nicht sicher waren, wie gut wir zusammenarbeiten können. Aber nach ein paar Jahren zeigte sich, dass wir Geschäft und Privat gut voneinander trennen können. So konnten wir, auch wenn es im Geschäft Unstimmigkeiten gab, abends gemeinsam beim Essen sitzen.
Also habe ich meine Firma an die Firma meines Vaters verkauft und dafür Anteile an der Jacobi Decor erworben und bin dann mit in die Geschäftsleitung eingestiegen. Mitte 2023 ist dann mein Bruder aus Hongkong zurückgekehrt und ebenfalls mit in den Betrieb eingestiegen, da unsere Eltern Ende 2023 in den Ruhestand gehen wollten. Auch hier haben mein Bruder und ich eine gute Balance zwischen Geschäft und Privat gefunden.
Wann wurde die Entscheidung getroffen, dass das Unternehmen familienintern weitergeführt wird und welche Faktoren flossen in diese Entscheidung ein?
Eigentlich stand diese Entscheidung schon während meines Studiums fest. Hier war dann aber erst nicht klar, wie wir das Unternehmen weiterführen wollen. Daher haben wir erst Süssbedruckt gegründet, um dann flexibel entscheiden zu können, wie die Jacobi Decor weitergeführt werden soll.
Aber es war vor allem meinem Bruder und mir wichtig, dass das Unternehmen nicht an Externe verkauft wird. Wir haben schon seit unserer Kindheit alles aus dem Betrieb mitbekommen und es war uns irgendwie wichtig, dass wir das weiter machen, was unsere Eltern aufgebaut haben.
Der Senior als Berater im Hintergrund
Standen zu irgendeinem Zeitpunkt auch externe Kandidaten oder ein Exit im Raum?
Nein, es war immer klar, dass entweder ich alleine oder zusammen mit meinem Bruder das Unternehmen weiterführen werden.
Gab es im Rahmen des Generationswechsels bestimmte Diskrepanzen – beispielsweise Dinge, die Sie als die Folgegeneration gerne neu gestalten wollten, entgegen der Wünsche der Elterngeneration?
Unser Vater hat von Anfang an den Standpunkt vertreten, dass er sich zurücknimmt, wenn mein Bruder und ich übernehmen und daher kam es hier nicht zu Unstimmigkeiten. Wenn wir Fragen haben, können wir ihn immer fragen, aber ungefragt gibt er uns seine Meinung nicht. Daher sind wir hier sehr frei in unseren Entscheidungen. Und können nach unserem Ermessen die Firma weiterführen.
Bewirkte der Generationswechsel merkliche Veränderungen im Unternehmenserfolg (Umsatzgewinn/-rückgang, mehr Neukunden oder ähnliches)?
Wir sind nun erst seit Mitte 2023 im Betrieb, daher gibt es noch nicht so viele Veränderungen. Was wir merken, ist, dass wir ein paar Projekte angeschoben haben und diese erfreulicherweise auch sehr dankend angenommen wurden. Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren zu wachsen.
Haben Sie durch die betrieblichen Veränderungen Bestandskunden verloren?
Nein, zum Glück haben wir keine Bestandskunden verloren.
Welche Verkaufskanäle bedienen Sie insgesamt betrachtet? Waren diese bereits vorm Generationswechsel Bestandteil der Geschäftsstrategie oder kamen danach welche hinzu?
Wir verkaufen unsere Artikel online, aber auch telefonisch. Auf Amazon waren wir auch bereits aktiv. Insgesamt haben mein Bruder und ich dahingehend einige Veränderungen angestoßen, die sich bereits positiv bemerkbar machen.
Die nächste Generation soll sich frei entfalten dürfen
Gab es auch Ideen, welche sich im Nachgang als nicht ganz optimal erwiesen?
Bisher noch nicht. Aber da wir erst seit August zusammen arbeiten, werden diese bestimmt noch kommen. Auch schlechte Ideen gehören ab und zu dazu. Damit wir vor allem aus Fehlern lernen können. Aber ich hoffe, diese bleiben in der Minderheit.
Würden Sie das Geschäft eines Tages auch gerne wieder familienintern weitergeben oder lieber einen anderen Weg wählen?
Das wissen wir noch nicht. Da mein Bruder drei, und ich zwei Kinder haben, sind da natürlich ein paar potenzielle Kandidaten, die eines Tages übernehmen könnten. Aber unsere Kinder sind noch sehr klein und haben ihr ganzes Leben noch vor sich. Sie sollen sich so entfalten, wie sie sich das wünschen.
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