Christian Lindner hat sich jetzt kritisch zur deutschen Arbeitsleistung geäußert. Während der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds in Washington betonte der Finanzminister, dass Deutschland zu wenig arbeite. „In Italien, in Frankreich und anderswo wird deutlich mehr gearbeitet als bei uns“, wird er in der Wirtschaftswoche zitiert.

Seiner Ansicht nach seien aber nicht mangelnde öffentliche Investitionen das Hauptproblem der deutschen Wirtschaft, sondern ein Defizit an geleisteten Arbeitsstunden. Lindner begründet dies mit Arbeitszeitverkürzungen, demografischen Faktoren und Teilzeitarbeit aufgrund unzureichender Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Er befürwortet daher eine Reform des Arbeitsmarktes sowie den Abbau von Bürokratie und steuerlichen Anreizen für Unternehmen.

Bestrebungen nach Wirtschaftswende

Lindners Ziel ist es, das jährliche Wirtschaftswachstum (Potenzialwachstum) der deutschen Wirtschaft innerhalb von zwei bis drei Jahren zu verdoppeln. Dieses Wachstum beträgt derzeit weniger als ein Prozent, während es vor einem Jahrzehnt bei 1,5 Prozent lag. Für die dafür benötigte „Wirtschaftswende“ hat der Finanzminister bereits Vorschläge gebracht, die kein Geld kosten und auf lange Sicht sogar Einsparungen bringen. „Wenn Menschen arbeiten oder mehr arbeiten, zahlen sie schließlich höhere Steuern und Sozialabgaben und beziehen weniger soziale Transfers“, so Lindner.

Studie widerspricht Lindner

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) widerlegt allerdings Lindners Behauptungen, dass die Deutschen zu wenig arbeiten. Demnach erreichten abhängig Beschäftigte im letzten Jahr einen Rekord von insgesamt 55 Milliarden Arbeitsstunden, der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Dies sei vor allem auf die steigende Erwerbstätigkeit von Frauen zurückzuführen. Allerdings arbeitet fast die Hälfte der Frauen in Teilzeit, obwohl viele von ihnen gerne mehr arbeiten würden.

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