Der britische Online-Händler AO will den deutschen Markt erobern. Das Unternehmen könnte für deutsche Händler tatsächlich gefährlich werden, denn die Briten haben sich früh auf den Online-Handel eingestellt. Der hiesigen Konkurrenz will man „um Jahre“ voraus sein.
(Bildquelle Konkurrenzkampf: Africa Studio via Shutterstock)
Der britische Online-Händler AO – kurz für Appliances Only – hat sich auf den Verkauf von Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen, Kühlschränke, Musikanlagen oder auch Computer spezialisiert. Er verkauft dabei ausschließlich über das Netz – und das schon seit 15 Jahren. Nun drängt AO zunehmend auf den deutschen Markt und ist überzeugt, hier große Erfolge feiern und die deutsche Konkurrenz abhängen zu können. Seit Oktober 2014 führt das Unternehmen eine deutschsprachige Website und beliefert Kunden aus einem eigenen Logistikzentrum.
AO ist eine durchaus ernst zu nehmende Gefahr für deutsche Online-Händler, wie die WirtschaftsWoche berichtet. Für Kunden ist es mittlerweile egal, aus welchem Land ihre Bestellung kommt – solange Preis und Lieferkonditionen stimmen. Die EU-Kommission unterstützt zudem mit ihrem Plan eines europäischen digitalen Binnenmarkts den grenzüberschreitenden Handel. „Die Gefahr für den deutschen Handel ist der Online-Shop aus dem Nachbarland“, sagt auch Gerrit Heinemann, Leiter des eWeb Research Centers und anerkannter Handels-Experte.
Preis, Verfügbarkeit und Kundenservice
Kevin Monk, Deutschland-Chef von AO, sieht bereits erste Erfolge beim Einstieg in den deutschen Markt. „Die Zahl der Kunden steige, ihre Zufriedenheit mit dem Anbieter liegt auf Rekordniveau“, schreibt die WiWo. „Bei seiner Expansion kommt AO zugute, dass sich der deutsche und der britische Käufer lediglich in zwei Punkten unterscheiden.“ So seien die Briten weniger an Energiebilanz interessiert, in Deutschland ist das Interesse an technischen Daten und Einzelheiten weit größter.
Der entscheidende Faktor ist aber ein anderer: „Die Erwartungen an einen Online-Händler sind in Deutschland deutlich niedriger“, so Monk. „Vor allem im Bereich des Kundenservices.“ Will heißen: In Deutschland gibt es eigentlich keinen reibungslos funktionierenden Versandhandel – meinen zumindest die Briten. Die deutschen Kunden sollen darum mit drei Argumenten überzeugt werden: Preis, Verfügbarkeit und Kundenservice.
Der britische Online-Handel ist weiter
Doch in Sachen Preis und Verfügbarkeit kann sich AO kaum von der Konkurrenz abheben. Und die versprochene Tiefstpreisgarantie greife nicht, wenn ein anderer Händler mit einem Sonderangebot einen günstigeren Preis bietet. Zudem bietet AO keinen kostenfreien Versand an. „Über Preis und Angebot allein wird der Wettstreit mit den deutschen Händlern nicht zu gewinnen sein“, urteilt die WiWo. Deshalb sei vor allem die Lieferung entscheidend. Hier will AO sich nicht auf Logistik-Unternehmen verlassen, sondern setzt ausschließlich eigene Transporteure ein.
Der große Vorteil der britischen Online-Händler ist aber, dass sie weit mehr Erfahrung als die deutsche Konkurrenz haben. „In England waren die Händler viel früher bereit, ihre komplette Lieferkette an die Herausforderungen des Online-Handels anzupassen“, erklärt Branchenkenner Dirk Homberg. „Die Deutschen zögern da bis heute.“ Das zeigt sich unter anderem darin, dass viele britische Supermärkte immer wieder mit Abholstationen und Same-Day-Delivery punkten ("Click & Collect: Online-Supermärkte bieten neue Möglichkeiten"), während in Deutschland diese Konzepte erst jetzt von einigen Anbietern erprobt werden.
Die Eroberung des deutschen Marktes ist für AO aber trotzdem aufwendig und vor allem teuer. Elf Millionen Pfund soll der Einstieg in den deutschen Markt gekostet haben, bis das Geschäft profitabel ist, braucht es noch Zeit. Trotzdem sind die Weichen gestellt: Laut Monk habe man in einem halben Jahr in Deutschland das Umsatzvolumen erreicht, was man in Großbritannien erst nach sieben Jahren ausweisen konnte. In Zukunft will AO auch weiter in Zentraleuropa expandieren und den heimischen Händlern einheizen.
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