Der stationäre Mode-Handel muss neue Wege gehen, um die Kaufwahrscheinlichkeit zu erhöhen: Denn ein Kunde, der beim zweiten Besuch der Umkleidekabine keinen passenden Artikel findet, verlässt das Geschäft einfach wieder. Die Phizzard GmbH will mit einer digitalen Lösung aus dem E-Commerce helfen.

Frau in der Phizzard-Umkleide

Bildquelle: © Messe Düsseldorf / ctillmann

Die POS-Lösung der Phizzard GmbH ist ein digitaler Größenberater, der die Verkaufszahlen im stationären Mode-Geschäft deutlich erhöhen soll. Auf einen Touchscreen in der Umkleide können die Kunden dabei das gerade anprobierte Kleidungsstück per Barcode einscannen und angeben, ob die Größe zu klein, zu groß oder passend war. Damit lernt das Multichannel-System, wie die Kleidungsstücke und Schuhe ausfallen und kann immer bessere Produktvorschläge machen. Die ausgewählten Artikel sollen dann auch von den Verkäufern direkt in die Kabine gebracht werden – der Kunde muss sie also nicht einmal mehr verlassen.

„Wir verbinden die Stärken des Online-Handels mit den Stärken des stationären Handels – Conversion Rate Optimierung und Cross-Selling durch Recommender Systems werden mit der Anprobe und der emotionalen Shopping Experience verbunden“, erklärt Phizzard. Mode-Händler können das System optimal nutzen, wenn sie neben ihrem stationären Geschäft auch noch einen Online-Shop führen. Dann kann Phizzard auch Cross-Selling-Artikel anbieten, die den Durchschnittsbon erhöhen sollen.

Entwicklung einer Smartphone-App wurde verworfen

Zwar wird Mode zu 80 Prozent noch immer stationär gekauft, aber der Handel muss auf die Entwicklungen des Marktes reagieren, um nicht diesen Vorteil irgendwann zu verlieren. „Die Mehrheit der Kunden wird in Zukunft in beiden Kanälen aktiv sein: online und stationär“, betont Peer Hohn, Geschäftsführer von Phizzard, gegenüber OnlinehändlerNews. „Wir glauben, dass in den nächsten Jahren jeder Kanal seine Stärken in der Interaktion mit dem Kunden weiter entwickeln wird und sich aus der Kombination dieser Stärken bzw. Kanäle dann eine verbesserte Shopping Experience ergeben wird.“

Einen früheren Plan, die Lösung als Smartphone-App für jeden Kunden verfügbar zu machen, verwarf Phizzard laut ChannelPartner direkt. Denn bei einer Multichannel-App wird den Kunden vermittelt, dass sie diese besitzen – also entscheiden, was aktiviert oder deaktiviert wird. Aus Händlersicht ist das aber nachteilig und mit der Hard- und Software-Lösung in den Umkleiden verspricht Phizzard den Händlern Handlungsmacht und mehr Einfluss auf das Kundenerlebnis. Zudem wird so auch die Nutzung wirklich sichergestellt – mobile Apps verbreiten sich oft nicht so stark wie erwünscht.

Phizzard erhielt "Best of eCommerce"-Award

Damit das Multichannel-System läuft, müssen die Daten der Händler aus ihrem Warenwirtschaftssystem und aus dem Online-Shop im Phizzard Rechenzentrum und die Informationen zu Produkten, Beständen und Bestellungen in die Datenbankstruktur von Phizzard überführt werden. Die stationären Geschäfte erhalten einen dezentralen Miniserver für die Kommunikation mit Phizzard. Dazu musste zunächst die Datenstruktur im Warenwirtschaftssystem des Kunden verstanden werden.

Hier zeigte sich dann eine weitere Herausforderung: Die Händler hatten ihre Daten bisher nie vollständig gepflegt. Um die fehlenden Daten zu bereinigen, mussten verschiedene Algorithmen entwickelt werden – unter anderem fehlten oft die korrekten Farbbezeichnungen. Das Problem löste Phizzard mit einer Analyse der Produktbezeichnung und durch Farbmatchings. So wurden auch unterschiedliche Farbbezeichnungen vereinheitlicht.

Die Multichannel-Lösung scheint zu funktionieren. Bodycheck etwa habe seinen Umsatz um acht Prozent gesteigert. Deutlich war dabei, dass mehr Besucher nach der Anprobe in der Umkleide auch etwas kauften. Zudem hatte sich der durchschnittliche Warenkorbwert erhöht und die Zahl der gekauften Produkte sei durch die Empfehlungen auf dem Touchscreen gestiegen. Weitere Ehrungen für das Projekt erhielt Phizzard bei den zweiten „Best in eCommerce“-Awards. Hier konnte Geschäftsführer Peer Hohn den 1. Preis in der Kategorie „Innovation“ entgegennehmen.