Der Countdown auf Jet.com läuft. Ab morgen soll es ganz offiziell eine weitere Alternative zu Amazon und Co. geben. Amerikaner sollen über den künftigen Shopping-Club besonders günstig einkaufen können. Allerdings gibt es auch Zweifel daran, ob Jet.com tatsächlich als Alternative etabliert werden soll.

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© Jet.com - Screenshot

Es gibt nicht viele große Online-Player, aber die die es gibt, haben den US-amerikanischen Markt unter sich aufgeteilt. Neulinge haben es da äußert schwer. Jet.com wagt jetzt den Angriff – am 21. Juli 2015 soll es offiziell losgehen mit dem Shopping-Club von Marc Lore.

Mit rund 10 Millionen Produkten und Kooperationen mit circa 1.600 Händlern ist Jet.com für den Kampf gegen Amazon gut gerüstet. Nicht nur die künftigen Kunden freuen sich – auch die Geldgeber blicken dem Start entgegen, denn diese haben hohe Erwartungen. Kein Wunder, schließlich sammelte Jet.com schon lange vor dem offiziellen Start über 220 Millionen US-Dollar (200 Millionen Euro) ein.

Jet.com: Die niedrigsten Preise im Internet

Um auf Jet.com shoppen zu können, müssen die Kunden eine Mitgliedschaft für jährlich 50 Dollar abschließen. Als Gegenleistung erhalten die User "die niedrigsten Preise für alles, was sie im Internet kaufen". Die Produkte sollen rund 10 Prozent günstiger als bei der Konkurrenz angesetzt sein. Zudem soll auf „dynamische“ Preise zurückgegriffen werden. Das bedeutet, dass sich die Gesamtkosten des Einkaufs abhängig davon, welcher Jet-Partner die ausgewählten Produkte am günstigsten anbietet und liefert, stetig verändern können.

Während die Medien den Start von Jet.com als Angriff auf Amazon verstehen, gibt sich Jet.com selbst eher zurückhaltend. "Jet versucht nicht, mit anderen großen Firmen des Onlinehandels zu konkurrieren oder von diesen vernichtet zu werden – der Markt ist groß genug für viele verschiedene Firmen", erklärte ein Jet-Sprecher.

Experten bleiben kritisch

Experten sind bezüglich der neuen Rolle von Jet.com zwiegespalten. Während Analystin Sucharita Mulpuru von Forrester Research urteilt, dass wenn überhaupt jemand eine Chance habe, neben Amazon zu bestehen, dies Jet.com sei, bleiben andere Beobachter skeptisch. Bob O'Donnell von der Beratungsfirma Technalysis Research verweist zurecht drauf, dass Amazon sich mit seinem Service einen äußerst treuen Kundenstamm aufgebaut hat. Aber auch wenn die Kunden zufrieden sind, sind es die Händler oft nicht. "Wenn ich Jet wäre, würde ich die Firmen heraussuchen, die nicht glücklich sind, und versuchen, sie einzubeziehen", sagt Marketing-Professor Larry Chiagouris von der New Yorker Pace Universität.

Chiagouris hält aber auch ein weiteres Szenario für möglich. So vermutet er, dass es Jet gar nicht darum geht, sich als echte Alternative zu etablieren. „Die Strategie scheint“, so Chiagouris, „eher darauf abzuzielen, so stark zu werden, dass Jet sich am Ende an Amazon verkaufen kann." Dass diese Annahme nicht von ungefähr kommt, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. Denn Marc Lore verkaufte 2011 seine Onlinehandelsfirma Quidsi für 545 Millionen Dollar. An wen? Genau: an Amazon.