Luxemburg ist das zentrale Land in Europa, in dem viele große Internet-Unternehmen ihre europäischen Sitze haben. Doch wie sieht der E-Commerce dort aus? Wir haben mit Jacques Lorang, Vizepräsident von Ecom.lu, darüber gesprochen.

Luxemburgische Flagge

(Bildquelle Luxemburgische Flagge: CGinspiration via Shutterstock)

OnlinehändlerNews: Was zeichnet die luxemburgische e-Commerce-Industrie und das Online-Kundenverhalten aus?

Jacques Lorang: Es ist kaum möglich, ein heterogenes Bild der luxemburgischen E-Commerce-Landschaft zu zeichnen, da einige Internetriesen wie z.B. Amazon ihre Firmensitze in Luxemburg haben und mit ihren überwältigenden Umsätzen die nationalen Zahlen bestimmen.

Um insbesondere kleinen Online-Händlern im Land mehr Gewicht zu verleihen und diese adäquat zu vertreten, wurde vor wenigen Monaten Ecom.lu gegründet, ein Zusammenschluss von Unternehmen, die in den verschiedensten Bereichen ihre Produkte und Dienstleistungen sowohl im Ausland als auch auf dem lokalen Markt anbieten. Die wichtigsten Auslandsmärkte sind Deutschland und Frankreich.

Luxemburgs zentrale Lage in Europa und die im Land stark verbreitete Mehrsprachigkeit (viele Luxemburger sprechen drei oder mehr Sprachen) vereinfachen den luxemburgischen Online-Händlern den Eintritt in ausländische Märkte. Trotzdem sind Zahl und Angebot der heimischen E-Commerce-Unternehmen noch überschaubar. Aktuell gibt es leider nur wenige verlässliche Statistiken, weshalb Ecom.lu an einer Aufbereitung der Situation arbeitet. Einen Anhaltspunkt bietet allerdings eine Studie von Ecommerce Europe, nach der der Gesamtumsatz der Online-Händler (ohne Amazon & Co.) 2015 bei rund 600 Millionen Euro liegen soll. Das entspräche etwa 1,2 % des luxemburgischen BIP.

Angesichts des eingeschränkten Online-Angebots im eigenen Land kauft der typische luxemburgische Kunde in ausländischen Web-Shops ein. Wichtigste Länder sind auch hier Deutschland und Frankreich. Da aber viele kleinere ausländische Anbieter keine Lieferung nach Luxemburg anbieten, entfällt ein Großteil der Umsätze auf die großen Plattformen und Marktplätze (Amazon, Ebay, Zalando usw.), die eine entsprechende Leistung anbieten. Einige dieser Plattformen sind zwar auch in Luxemburg ansässig, unterhalten allerdings meist keine spezifischen Shops auf dem luxemburgischen Markt. Es gibt beispielsweise kein Amazon.lu. Marktrelevante luxemburgische Marketplaces sind ebenfalls nicht vorhanden.

Was sind die größten Herausforderungen für luxemburgische Online-Händler?

Trotz der guten geographischen Lage und der damit kurzen Lieferwege zu den wichtigsten Märkten in Europa, ist die Logistik ohne Zweifel die größte Herausforderung für die heimische Online-Branche. Die Logistik-Kosten liegen oft weit u¨ber denen anderer Länder. Die Gru¨nde dafu¨r sind aber sehr vielschichtig und kompliziert und würden den Rahmen dieses Interviews sprengen.

Aufgrund des hohen Anteils an Auslandsverkäufen mu¨ssen luxemburgische Online-Händler außerdem oft viele rechtliche und administrative Hu¨rden u¨berwinden. Das ist vor allem fu¨r kleinere Händler ohne Rechtsabteilung oder permanente externe Rechtsberatung ein echtes Problem.

Es deuten sich also schon wichtige Arbeitsfelder fu¨r unseren Verband Ecom.lu an. Die Rahmenbedingungen fu¨r den Online-Handel in Luxemburg mu¨ssen in allen Bereichen verbessert werden, um diesen wichtigen Sektor hierzulande zukunftsfähig zu machen.

Vor welchen Herausforderungen stehen ausländische Onlinehändler, die in den luxemburgischen Markt einsteigen wollen?

Abgesehen von möglichen kleineren logistischen Problemen ist es fu¨r ausländische Onlinehändler im Prinzip recht einfach, den luxemburgischen Markt zu bedienen. Mehrsprachigkeit, hohe Kaufkraft pro Kopf, niedrige Mehrwertsteuer und wenig Konkurrenz machen Luxemburg attraktiv. Man muss allerdings Aufwand und Nutzen sehr genau abwiegen, da das Großherzogtum dann doch ein sehr kleiner Markt ist.

Jacques Lorang
@ Ecom.lu

Über Ecom.lu

Die Ecom.lu möchte die Online-Händler bei ihrer Geschäftsentwicklung in Luxemburg und im Ausland vor allem praktisch unterstützen. Der Verband wirbt bei Verwaltungen und politischen Instanzen für die Branche, um so ein investitionsfreundliches juristisches und wirtschaftliches Umfeld zu schaffen.

Unsere Reihe zum E-Commerce in Europa:

Finnland - Der Markt der kleinen Händler

Italien - Der Markt der geringen Retourenquote

Tschechien - Der Markt des günstigsten Anbieters

Griechenland - Der schnell wachsende Markt mit vielen Herausforderungen

Belgien - Der Markt der drei Sprachen

Luxemburg - Der Markt der zentralen Lage