Konservatives Denken läuft oftmals gleich ab: Erst werden neue Ideen belächelt, später kritisiert und wenn sie sich dennoch als erfolgreich erweisen, manchmal angegriffen. Dieses Phänomen gibt es nicht nur in der Politik, sondern zunehmend auch in der Wirtschaft. Ein solches Beispiel scheint gerade in der Carsharing-Branche stattzufinden, in welcher der Bundesverband der Autovermieter angekündigt hat, aufstrebende Carsharing-StartUps vor Gericht zu bringen. Der Verband sieht die Sicherheit der Autos bei privaten Carsharing-Anbietern nicht gewährleistet und hat deshalb beim Landgericht Berlin Klage gegen das Geschäftsmodell eingereicht.
StartUps als Sicherheitsrisiko?
Carsharing ist in Deutschland längst auf dem Vormarsch. Das Modell, welches zu Anfang im Autoland Deutschland tatsächlich von manchen als "Öko-Spinnerei" abgetan wurde, hat nicht nur zahlreiche StartUps wie Nachbarschaftsauto oder Autonetzer ermöglicht. Auch alteingesessene Autohersteller wie BMW oder VW investieren heute in Carsharing-Konzepte. Einigen Autovermietern scheint der Erfolg der aufstrebenden Konkurrenz nun aber zu viel zu werden. „Der Bundesverband der Autovermieter will gerichtlich durchsetzen, dass Kraftfahrzeuge, die regelmäßig vermietet werden, auch als Mietwagen zugelassen sind“, teilt der Verband in einer Pressemitteilung mit.
Man gehe nicht gegen die Konkurrenz vor
Nach einem verdeckten Carsharing-Test gab der Verband bereits Anfang des Jahres an, Sicherheitsmängel bei Carsharing-Anbietern gefunden zu haben. Er fand sogar eine sehr prominente Fürsprecherin, niemand anderes als die Bundeskanzlerin höchst selbst. Angela Merkel hatte in ihrer Cebit-Eröffnungsrede 2013 nämlich angemerkt, sie habe noch keine Untersuchung darüber gelesen, wie heil und sauber Carsharing-Fahrzeuge seien und wie gut das alles funktionieren würde. Eine Vorlage, die der Chef des Bundesverbands der Autovermieter Michael Brabec damals dankend aufnahm: „Es werden Fahrzeuge angeboten, die nicht verkehrssicher und nicht nach den geltenden Vorschriften zugelassen werden“, hatte Brabec bereits im März moniert.
Carsharing-Autos müssen weniger kontrolliert werden
Auch wenn der Verband meint, sich für die Sicherheit und nicht für die eigene Marktposition stark zu machen, so liegen doch wirtschaftliche Motive nahe. Denn bislang gelten für private Carsharing-Autos in Sachen TÜV- und Abgasuntersuchung weniger strenge Vorlagen, als bei den Autos der Mietwagenfirmen. Mietwagen müssen besonders versichert sein und nicht wie private Carsharing-Autos alle zwei Jahre zum TÜV, sondern jedes Jahr. Ein Umstand, den die Mietwagenfirmen so offenbar nicht mehr hinnehmen möchten.
Carsharing-Anbieter wehren sich gegen Vorwürfe
„Mit dem juristischen Vorgehen gegen Autonetzer reiht sich der BAV ein in die Liste der Lobbyistenverbände, die getrieben sind von der eigenen Gewinnmaximierung und der Angst vor innovativer Konkurrenz. Sie scheuen Innovationen und gehen mit großem Geschütz gegen diese vor.“, schreibt beispielsweise das StartUp Autonetzer in einer aktuellen Stellungnahme. Der Geschäftsführer Sebastian Ballweg sagte gegenüber Stern.de, dass er es schade finde, dass innovative Ideen in Deutschland oft so viel Gegenwind bekommen würden. Für die Anschuldigungen des Verbandes sah Ballweg keine Anhaltspunkte: Man habe alle vom Verband getesteten Fahrzeuge nochmal selbst zum TÜV gebracht, und keines sei beanstandet worden.
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