Das Bundeskartellamt hat die Aufgabe, den Wettbewerb zu schützen. Dazu gehört auch, die Marktmacht von Unternehmen zu überwachen. Doch die bisherigen Regeln lassen sich nur schwer auf Internet-Unternehmen anwenden. Nun beschäftigt sich das Bundeskartellamt mit diesem Problem.
(Bildquelle Digitalisierung: Peshkova via Shutterstock)
Das Bundeskartellamt hat ein Arbeitspapier zum Thema „Marktmacht von Plattformen und Netzwerken“ vorgestellt und beschäftigt sich darin mit der Frage, wie die Marktmacht von Unternehmen im Internet bewertet werden kann. Denn die bisherigen Regeln und Faktoren, nach denen das Bundeskartellamt die Marktmacht von Unternehmen bewertet, lassen sich nur bedingt auf Internet-Unternehmen und -plattformen anwenden.
„Die Internetwirtschaft ticket anders. Netzwerkeffekte fördern große und marktmächtige Unternehmen, die die digitale Wirtschaft prägen“, erklärt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. So würden die Platzhirsche Big Data nutzen, um sich einen Vorteil zu verschaffen, den neue Unternehmen kaum aufholen könnten. „Daher bedeutet Wettbewerbsvorsprung im Internet vor allem, die Märkte für Wettbewerber, neue Unternehmen und neue Geschäftsmodelle offen zu halten. So leistet die konsequente Durchsetzung des Wettbewerbrechts einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt der Dynamik des Internets.“
Dazu müsse das Bundeskartellamt die bestehenden Prüfkonzepte weiterentwickeln, damit Fälle schneller analysiert und beurteilt werden können. Denn die Komplexität der Geschäftsmodelle und die wirtschaftlichen Beziehungen auf den digitalen Märkten stellen die kartellbehördliche Praxis vor neue Aufgaben und Herausforderungen. Immer wieder gibt es Diskussionen um die Marktmacht von großen Unternehmen, vor allem Google liefert sich seit geraumer Zeit einen Kampf mit europäischen Wettbewerbsbehörden.
Besondere Faktoren für die Beurteilung von Internet-Plattformen
Deshalb hat das Bundeskartellamt Anfang 2015 einen „Think Tank Internet“ eingerichtet, der sich mit den Fragen rund um Marktabgrenzung und Marktmachtbestimmung digitaler Plattformen beschäftigt.
„Bei der Beurteilung von mehrseitigen Plattformen, die verschiedene Nutzergruppen zusammenbringen (etwa Verkaufplattformen, Immobilienportale, Dating-Plattformen etc.) und Netzwerken (bspw. Soziale Netzwerke), wie sie in den digitalen Märkten allgegenwärtig sind, sind dabei besondere Faktoren zu berücksichtigen“, heißt es in der Pressemitteilung des Bundeskartellamts. „Hierzu gehören insbesondere Netzwerkeffekte, das Ausmaß des Zugangs zu Nutzerdaten sowie das Innovationspotenzial des Internets.“
Die Erkenntnis des Bundeskartellamts, dass „mehrseitige Plattformen“ und Netzwerke im Internet allgegenwärtig ist, kommt dabei schon reichlich spät. Schließlich sind Amazon, Ebay und Google bereits seit Mitte der 90er-Jahre aktiv. Das soziale Netzwerk Facebook startete im Jahr 2004. Und auch wenn diese Unternehmen einige Zeit brauchten, um allgegenwärtig zu sein, ist das weit vor dem Jahr 2015 geschehen. Dass sich das Bundeskartellamt nun damit beschäftigt, seine Regeln zur Bewertung dieser Plattformen anzupassen, ist weit überfällig.
Anpassungen nur in „wenigen Bereichen“ nötig
Aber wie sehen die neuen Faktoren zur Marktmachtbewertung von Internet-Unternehmen aus? „Im Vordergrund der Marktmachtprüfung müssen dabei – auch im Hinblick auf die verbreitete ‚Kostenlos-Kultur’ im Internet – nicht notwendigerweise der Preiswettbewerb und damit ein möglicher Preiserhöhungsspielraum stehen“, hält der Think Tank Internet in seinen ersten Ergebnissen fest. Vor allem der Innovationswettbewerb habe im Internet eine eigenständige und „oft gewichtige“ Bedeutung. Neben den herkömmlichen Marktmachtfaktoren sollen aus Sicht des Bundeskartellamts unter anderem Netzwerkeffekte, Größenvorteile der Plattform oder des Netzwerks, der Zugang zu Daten sowie das Innovationspotenzial auf digitalen Märkten mit einbezogen werden.
Grundsätzlich hält das Bundeskartellamt allerdings fest, dass das bestehende kartellrechtliche Instrumentarium für die wettbewerbliche Analyse und Beurteilung digitaler Plattformen „geeignet“ sei. Nur in „wenigen Bereichen“ sei es nötig, die bestehenden kartellrechtlichen Regelungen zu ergänzen oder zu präzisieren. Entsprechende Vorschläge finden sich bereits im Grünbuch Digitale Plattformen, das das Bundeswirtschatfsministerium erst kürzlich vorgestellt hat.
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