Der niederländische E-Commerce hat gleich mehrere Eigenheiten, die angesichts seiner Größe überraschen. Doch die Niederländer sind Online-Natives, kaum ein Land hat eine ähnliche Durchdringung von Online-Shoppern.
(Bildquelle Niederlande, Tulpen, Windmühlen: JeniFoto via Shutterstock)
Mit 16,9 Millionen haben die Niederlande weniger Einwohner als zum Beispiel Nordrhein-Westfalen. Trotzdem gehört der niederländische zu den größten E-Commerce-Märkten Europas. Einer der Hauptgründe dafür ist der „Digitalisierungsgrad“ der niederländischen Gesellschaft: 13,6 Millionen Holländer sind bereits mit dem Internet verbunden, unglaubliche 12,9 Millionen davon shoppen online – und das im Land der Windmühlen und Holzschuhe, der Tulpen und Wassertomaten. Der Online-Handel im Land bietet so einige Eigenheiten, die den Markt teilweise deutlich von anderen abheben.
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Steiler Anstieg der Wachstumsrate
Das erste Kuriosum im niederländischen E-Commerce ist der explosionsartige Anstieg der Wachstumsrate im vergangenen Jahr. Rangierte dieses in den Vorjahren stets im einstelligen Prozentbereich, wuchs der Markt 2015 um stolze 16,1 Prozent auf einen Gesamtumsatz von 16,1 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr erwarten die Experten von Ecommerce Europe das Überschreiten der 18-Milliarden-Euro-Marke. Interessanterweise geben die vielen Online-Shopper des Landes vergleichsweise wenig Geld aus. Geht es darum, wie viel die Käufer durchschnittlich pro Jahr in Online-Shops bezahlen, landen die Niederlande mit 1.242 Euro nicht einmal in den Top Ten. Zum Vergleich: Die Briten lassen jährlich im Schnitt 3.625 Euro pro Person in den Online-Shops.
Auch die Niederländer kaufen online am liebsten Kleidung und buchen Flugtickets. Hier laufen sogar 85 Prozent aller Buchungen bereits über das Internet. Der Online-Vertrieb von Musik – ob über Streaming- oder Download-Portale oder der CD-Kauf im Internet – ist dagegen weit weniger verbreitet als in anderen Ländern. Medien und Entertainment insgesamt rangieren bei den Services nur auf Platz 5. Noch recht klein ist der Markt für Food- und Near-Food-Produkte. Hier lag der Online-Anteil bei nur 2,1 Prozent. Allerdings sind die Verkäufe im Vergleich zu 2014 fast um die Hälfte gewachsen. Im Online-Lebensmittelkauf steckt also erhebliches Potenzial. Ein weiteres Indiz: 15,9 Prozent aller niederländischen Haushalte haben in den vergangenen zwei Jahren online mindestens einmal Lebensmittel gekauft.
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Tablets vor Smartphones?
Auch beim Thema Smartphone-Durchdringung reihen sich die Niederlande im europäischen Vergleich auf den vorderen Plätzen ein. 76 Prozent der Bevölkerung sind mit einem Smartphone ausgestattet, der Mobile-Anteil der Online-Verkäufe liegt bei 15 Prozent (2,3 Milliarden Euro). Erneut kurios an dieser Stelle: Während in der Regel das Smartphone den M-Commerce dominiert, und zwar mit viel Abstand, ist es in den Niederlanden genau umgekehrt. Der meiste Umsatz, nämlich etwa 1,8 Milliarden Euro, wird via Tablet erzielt, „nur“ 439 Millionen Euro mit dem Smartphone. Das kommt nicht von ungefähr: 67 Prozent der holländischen Haushalte nennen bereits ein Tablet ihr Eigen.
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Cross-Border und Amazon-Unabhängigkeit
Ein weiteres Kuriosum findet sich beim Blick auf die beliebtesten Online-Shops in den Niederlanden. Denn wo sonst Amazon oder Ebay dominieren, sucht man diese in den Niederlanden vergebens. In den Top Ten der beliebtesten Anbieter tauchen die internationalen Schwergewichte nicht auf. Auf den vorderen Plätzen finden sich mit Ahold, RFS Holland Holding oder Thuisbezord fast ausschließlich einheimische Unternehmen, einzig Zalando schafft es als ausländischer Anbieter in die fünf umsatzstärksten Online-Händler.
Dabei hat der holländische Online-Shopper an sich offenbar eigentlich nichts gegen ausländische Anbieter, Cross-border Shopping wird zusehends beliebter. 23 Prozent der Bevölkerung (3,2 Millionen) gab im Jahr 2015 513 Millionen Euro in ausländischen Online-Shops aus. Das Lieblingsziel ist an dieser Stelle aber nicht Großbritannien oder die USA. Auch Deutschland muss sich mit dem zweiten Platz begnügen. Am meisten haben die Niederländer außerhalb der eigenen Grenzen in China eingekauft (insgesamt 118 Millionen Euro).
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Bezahlt wird per Direktüberweisung
Und noch ein Kuriosum: Die beliebteste Zahlungsmethode in den Niederlanden heißt iDeal. Kennen Sie nicht? Nun, es handelt sich bei iDeal um die niederländische Version der Direktüberweisung. Diese wird für über die Hälfte (56 Prozent) aller Transaktionen genutzt. Weit abgeschlagen folgen Kreditkarten auf dem zweiten Platz mit 12 Prozent. Daher sollten auch Online-Händler, die sich auf dem Markt platzieren wollen, iDeal unbedingt als Zahlungsmethode anbieten, denn ansonsten gehen viele potenzielle Kunden verloren. Doch das Potenzial des Marktes ist groß, auch wenn er so seine Eigenheit hat.
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- E-Commerce in den USA: Weniger Wachstum, mehr Mobile
- E-Commerce in Großbritannien: Der Brexit bedroht ein Milliardengeschäft
- E-Commerce in der Schweiz: Grenzüberschreitender Handel wird wichtiger
- Der E-Commerce-Markt Europa: Riesiges Potenzial, noch lange nicht ausgeschöpft
- Der E-Commerce in Spanien: Die Lage auf der iberischen Halbinsel
- E-Commerce in Frankreich: Was den französischen Markt kennzeichnet
- Der chinesische E-Commerce: Online-Handel im Reich der Mitte
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Antwort der Redaktion
Liebe Frau Pilz,
damit sollten Sie sich auf jeden Fall an den Kundensupport des Shops wenden. Solange diese die vermeintliche zweite Bestellung sowie deren Auslieferung nicht nachweisen kann, gibt es auch keine Grundlage für die Berechnung dieser.
Beste Grüße
die Redaktion
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