China: Aus hiesiger Sicht liegt das Land – umgangssprachlich formuliert – irgendwo am anderen Ende der Welt. Doch trotz der großen Entfernung bietet der chinesische Markt auch für deutsche Händler und Unternehmen ein riesiges Potenzial. Ganz unbedarft sollten Anbieter dennoch nicht nach China expandieren, schließlich hat jede Kultur eigene Gewohnheiten und Standards – das trifft natürlich auch auf den Handel bzw. Online-Handel zu. Wir haben uns mit dem Thema einmal genauer befasst und starten heute eine kleine Themenreihe, in deren Zuge wir auch Spezialisten der Branche befragt haben. 

Chinesische Flagge auf Laptop
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Das Thema „China“ ist in der E-Commerce-Branche heiß diskutiert. Da gibt es auf der einen Seite immer wieder weniger gute Schlagzeilen, die mit dem asiatischen Land in Verbindung stehen: Zum Beispiel gilt China als Land, in dem massenhaft Produktpiraterie betrieben wird und das als Plagiat-Oase herhält. Nicht wenige Hersteller und Händler fürchten sich vor den gigantischen Mengen an Billigprodukten oder Fälschungen, die Jahr für Jahr den europäischen Online-Markt überschwemmen.

Doch lässt man die Vorurteile und schwarzen Schafe mal beiseite, erblickt man ein Land, in dem auf der anderen Seite auch enorme Digitalisierungsschübe vonstattengehen und das zahlreiche Beispiele liefert, wie moderne Mittel und Hightech äußerst gewinnbringend in den Handel integriert werden können.

Was hat der chinesische Markt eigentlich zu bieten?

Nun könnte sich dem ein oder anderen deutschen Händler die Frage stellen, warum er die Mühe auf sich nehmen sollte, um seine Produkte bis nach China zu verkaufen. Diese Frage beantwortet sich relativ einfach – weiß auch Nenad Cetkovic, COO des Online-Dienstleisters Lengow: „Mit rund 500 Millionen Online-Käufern, einem Umsatzvolumen von 654 Milliarden US-Dollar in 2015 und weiteren Wettbewerbsvorteilen zählt China zu einem der größten E-Commerce-Märkte: Er ist doppelt so groß wie der E-Commerce-Markt in Europa und macht 40 Prozent der E-Commerce-Ausgaben weltweit aus.“

China: Deutsche Produkte sind äußerst beliebt

Zudem, so Cetkovic weiter, leben in China rund 688 Millionen Internet-User, wobei rund die Hälfte der Bevölkerung über einen Internetzugang verfüge – sogar in den ländlichen Regionen. Nicht nur die Kaufkraft sei dort in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen, auch ausländische Produkte und Services stoßen bei den chinesischen Kunden auf große Beliebtheit. „Deutsche Produkte, insbesondere Küchenzubehör, Haushaltsgeräte, pharmazeutische Produkte, Babyprodukte (wie Milchpulver), Nahrungsmittel, Getränke und Maschinen sind bei den Chinesen besonders gern gesehen. Denn diese Produkte stehen für eine gute Qualität, weltbekannte Marken, zuverlässigen Lieferdienst und Kundenservice.“ Nicht nur für Online-Händler, sondern auch für deutsche Markenhersteller dürfte der Markt also durchaus interessant sein.

Wie die Bilanzen zeigen, haben im vergangenen Jahr laut Lengow mehr als ein Drittel der chinesischen Online-Shopper (genauer gesagt 36 Prozent) über die Ländergrenzen hinweg eingekauft. Dabei könne sich Deutschland gleich nach den USA und Japan den dritten Platz im Ranking um die beliebteste Herkunftsregion importierter Produkte auf dem lokalen Marktplatz JD Worldwide sichern. Eine beachtliche Entwicklung, die das Potenzial für deutsche Händler deutlich aufzeigt.

Welche Kanäle sind anzuraten?

Doch wie erreicht man als deutscher Händler überhaupt die chinesischen Kunden? Welche Wege müssen beschritten werden, um auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen? Die Antworten kennt Karl Krainer. Der Gründer des Beratungsunternehmens Gedankenfabrik ist erst vor einigen Wochen von einer Pekingreise zurückgekehrt und kann aus erster Hand über den Markt vor Ort berichten.

Während in Deutschland nämlich beispielsweise Amazon bei vielen Kunden die erste Anlaufstelle beim Shopping ist, sieht die Lage in China völlig anders aus: „Online-Plattformen wie JD.com, Taobao.com oder Tmall.com sind die wichtigsten „One Stop Shop“-Destinationen. Chinesen sind nicht wie im Westen mit der Evolution des Internets in den 2000ern aufgewachsen, sondern direkt in das Internet 2.0 hineingeworfen worden“, sagt Krainer.

Anders als bei uns in Europa, wo viele traditionell stationäre Unternehmen mit der Zeit immer tiefer in den Online-Handel vorgedrungen sind, „gab es in China gleich vom Start weg große E-Commerce-Portale.“ Händler, die erfolgreich in China handeln wollen, müssen sich auf eben diesen Online-Portalen präsentieren. Als Wichtigste nennt Krainer die beiden Cross-Border-Commerce-Lösungen JD Worldwide oder Alibabas Tmall International.

Welche Vorlieben die chinesischen Online-Shopper besonders haben, worauf deutsche Online-Händler bei ihrer Expansion unbedingt achten sollten und welche Stolperfallen es zu beachten gibt, erfahren Sie in der nächsten Runde unserer Themenreihe China.