Unternehmen sammeln Daten – das ist weder neu, noch aufsehenerregend. Doch in der heutigen Zeit, wo Daten Gold wert sind und vor fremden Zugriffen geschützt werden müssen, ist es für viele Kunden wichtiger denn je, Herr über ihre Informationen zu sein. Ein Erfahrungsbericht eines Otto-Kunden zeigt allerdings, dass Daten manchmal auch dort zum Einsatz kommen, wo man sie nicht erwartet hätte.
Ein Kunde hat eine Frage zu einem Produkt, das er in einem stationären Baumarkt der Firma Hagebau kaufen möchte. Um Hilfe beim Kundenservice zu erhalten, sucht er sich im Online-Shop Hagebau.de die entsprechende Telefonnummer des Callcenters heraus und wird dort prompt mit vollständigem Namen angesprochen. Wie ist das möglich, wo er doch noch nie Kunde bei Hagebau war?
– Genau dies ist dem Journalist Jürgen Vielmeier passiert, berichtet Golem. Diese Ausgangssituation war der Startschuss für eine Suche nach Daten – besser gesagt nach dem Weg, den die persönlichen Daten von Jürgen Vielmeier genommen haben.
Die verworrenen Unternehmenszweige der Otto Group
Im Zuge der besagten Suche nach dem Gang der eigenen Daten führte Vielmeier laut Golem „ein gutes Dutzend Telefongespräche und E-Mails mit verschiedenen Hotlines und Pressesprechern“. Nach dieser schieren Odyssee brachte die Pressestelle der Hagebau-Gruppe dann Licht ins Dunkel und fragte Vielmeier, ob er ein Kundenkonto bei Otto.de hätte. Dies könne der Grund sein, weshalb der Callcenter-Agent auf die persönlichen Daten habe zugreifen können. Die Antwort lautete übrigens „ja“, denn dort hatte Vielmeier zuvor nicht nur seinen Namen und die Postanschrift, sondern auch die E-Mail-Adresse, Telefonnummer und seine Geburtsdaten hinterlegt.
Warum aber der Hagebau.de-Kundenservice auf die Kundendaten von Otto.de zugreifen kann, ist damit noch nicht erklärt. Dazu muss man Folgendes wissen: Die stationären Baumarkt-Filialen von Hagebau haben mit dem Online-Shop Hagebau.de recht wenig zutun, obwohl der Name Gegenteiliges vermuten lässt. Der digitale Hagebau-Shop wird nämlich betrieben von der Baumarkt Direkt GmbH & Co KG, die ein Joint Venture der Hagebau-Gruppe und Otto ist. Golem bezeichnet die Präsenz Hagebau.de deshalb treffend als „Otto-Shop mit fremdem Label“.
Das hat wiederum zur Folge, dass hinter der Telefonnummer des Hagebau.de-Kundenservices kein Kundenservice der stationären Hagebau-Filialen steckt, sondern der Kundendienst von Otto. Den wenigsten Kunden dürfte dies allerdings klar sein. Und genau dies ist einer der Hauptkritikpunkte: die fehlende Transparenz.
Otto spricht von einem Einzelfall
Was nun die Verwendung der sensiblen Kundendaten betrifft: Golem vermutet in besagtem Artikel, dass die Struktur der Otto Group es offenbar ermöglicht, „Kundendaten unternehmensübergreifend zu nutzen, ohne dass dies als Werbezweck gesondert vom Kunden genehmigt werden muss“.
Unsere redaktionsinterne Rechtsexpertin und Anwältin, Yvonne Bachmann, weiß, dass genau hier der Knackpunkt in puncto Datenschutz liegt: „Wer seine Daten im Zuge der Vertragsabwicklung an einen bestimmten Online-Shop gibt, muss nicht damit rechnen, dass die Daten unternehmensintern – oder gar darüber hinaus – weitergegeben werden. Im Gegenteil muss zum Schutz der persönlichen Daten ein strenges Maß an Datensicherheit und sog. ‚Datensparsamkeit‘ eingehalten werden. Persönliche Informationen haben bei dem zu bleiben, für den sie bestimmt sind. Ein (versteckter) Hinweis in den Datenschutzhinweisen kann darüber nicht hinweghelfen.“
Otto hat uns gegenüber allerdings „mit allem Nachdruck“ versichert, dass die Firmen der Otto Group nicht gegen geltendes Datenschutzrecht verstoßen. Auch habe laut Frank Surholt, dem stellvertretenden Pressesprecher und Abteilungsleiter Corporate PR Otto, zu keinem Zeitpunkt eine Datenweitergabe stattgefunden. Der geschilderte Erfahrungsbericht sei ein Zu- und Einzelfall gewesen: Da Herr Vielmeier als Otto-Kunde sozusagen beim Otto-Kundenservice anrief, der sich wie beschrieben hinter dem Hagebau.de-Service verbirgt, konnte er dort mit Namen angesprochen werden. Dies habe nichts mit „Datenweitergabe“ zu tun, so Surholt weiter.
Otto will die Transparenz seiner Shops prüfen
Surholt bestätigte im Gespräch, dass es für Kunden durchaus schwierig sein kann, hinter die Strukturen der Otto Group zu blicken. Dass in diesem Zuge die nötige Transparenz nicht unbedingt gegeben war, habe Otto registriert: Das Unternehmen wolle nun prüfen, ob man die Online-Präsenzen transparenter gestalten könne, um künftig Verwirrungen bei den Kunden vorzubeugen oder aus dem Weg zu schaffen. Auch mit Blick auf das Vertrauen der Kunden ist dieser Plan sicher von Vorteil
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