Der tödlich verunglückte Unister-Chef Thomas Wagner hat offenbar alle Warnungen vor dem dubiosen Geldgeschäft in Venedig in den Wind geschlagen. Der Prozess gegen den Finanzberater Wilfried S. bringt immer neue Details über die letzten Wochen vor dem schicksalshaften Tag im Juli letzten Jahres ans Licht.
© Unister
„Thomas, lass die Finger davon, die Sache ist suspekt, wir wissen nicht, was das für Leute sind!“ – Die Warnungen von Roland S., Aufsichtsratvorsitzender der Unister-Tochter Capital One AG, ignorierte Thomas Wagner offenbar. Mehrfach sollen enge Mitarbeiter dem tödlich verunglückten Unister-Chef von dem Darlehensgeschäft in Venedig abgeraten haben, berichtet die Leipziger Volkszeitung – vergebens. Wagner schlug die Warnungen in den Wind, verlor 1,5 Millionen Euro bei einem dubiosen Koffer-Austausch und kam einen Tag später beim Absturz seines Kleinflugzeugs in Slowenien ums Leben. Kurz darauf meldete sein Unternehmen Insolvenz an.
Details über die Wochen vor dem schicksalhaften Tag im Juli 2016 kommen nun im Prozess gegen Wilfried S. ans Tageslicht. Er soll maßgeblich an dem Kreditschwindel beteiligt gewesen sein, dem Wagner zum Opfer fiel.
„Ich glaube, wir haben mit der Mafia gesprochen.“
Wagner steckte, wie bereits bekannt war, in großer Geldnot. Um an frisches Kapital zu kommen, habe er einen Teil der Unister-Reisesparte an die Börse bringen und so Einnahmen von mindestens 100 Millionen Euro generieren wollen. Der Plan sollte über die Capital One AG abgewickelt werden. Von Banken konnte sich Wagner allerdings kein Geld mehr erhoffen, weshalb er nach Investoren suchte und in Kontakt zum Leipziger Immobilienkaufmann Oliver B. trat. Der vermittelte anschließend zu Karsten K., einem ehemaligen Bankdirektor in Leipzig.
K. habe schließlich die Möglichkeit präsentiert, über den Privatmann Levy Vass an eine Millionensumme zu kommen. Die Details zu dem Deal wurden im Hotel Luisenhof in Hannover besprochen. Wagner selbst nahm an dem Treffen nicht teil, sondern schickte den Vorstandsvorsitzender der Capital One AG, Marvin A., und einen Kollegen. Beide sagten nun vor dem Leipziger Landgericht aus: Sie trafen sich im Luisenhof mit dem Angeklagten Wilfried S., dem Banker Karsten K. und dem Finanzmakler Heinz B., der schließlich mit Wagner im Flugzeug verunglückte. Noch am Abend nach dem Treffen meldeten die beiden Manager sich bei Wagner mit einer deutlichen Warnung: „Ich glaube, wir haben mit der Mafia gesprochen.“
Wagner führte den Deal trotz aller Warnungen durch
Das Gespräch mit den drei dubiosen Herren wollen Marvin A. und sein Kollege nach 20 Minuten abgebrochen haben. Sie hätten Wagner „mehrfach und eindringlich“ gewarnt, das Gespräch sei eine Zeitverschwendung gewesen. Thomas Wagner blieb aber in Kontakt mit dem Banker K. und reiste schließlich nach Venedig, um den Geschäftsmann Levy Vass zu treffen. Weder Marvin A. noch sein Kollege können sich erklären, wieso Wagner sich auf den Deal, bei dem ihm eine hohe Summe Falschgeld untergejubelt wurde, eingelassen hatte.
Der Prozess gegen Wilfried S. wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt. Dann will der Angeklagte auch umfangreich aussagen – bleibt abzuwarten, ob weitere Details zu der Geschichte, die wie ein Wirtschaftskrimi anmutet, bekannt werden.
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