Sollten Kaufhäuser an mehr als vier Sonntagen geöffnet haben? „Ja“, sagen die großen Ketten, um mit dem Online-Handel auf Augenhöhe zu bleiben. Den E-Commerce selbst endlich vernünftig in die Hand zu nehmen, ist also keine Option?

Die Diskussion um verkaufsoffene Sonntage ist älter als der E-Commerce. Wer unter der Woche arbeiten geht, hat abends nicht noch Zeit, durch die Einkaufsmeilen zu schlendern, das ist am Wochenende sowieso viel entspannter. Der stationäre Handel will hier seit Jahren eine Liberalisierung, nicht nur, was die Sonntage, sondern auch was die generellen Öffnungszeiten angeht. Mittlerweile kann man den Online-Handel sehr leicht als Feindbild hinzuziehen, das die Kunden aus den Städten an die Rechner treibt und den stationären Handel in den Ruin treibt. Nun fordern die stationären Schwergewichte, allen voran Karstadt und Kaufhof, erneut mehr verkaufsoffene Sonntage, um „Waffengleichheit“ zu erringen, wie es KaDeWe-Chef Andre Maeder ausdrückte.

Gesetze statt Konzepte?

Weil der Online-Handel keine Öffnungszeiten hat, soll er im Vorteil sein, vier Sonntage im Jahr seien zu wenig. „Wir möchten an den Sonntagen öffnen, an denen es kaufende Kundschaft gibt – und Mitarbeiter, die arbeiten wollen.“ Schon das ist ein Scheinargument, das sich als Manager leicht behaupten lässt. Man kann sich die strahlenden Gesichter der fröhlichen Mitarbeiter regelrecht vorstellen, als sie von dem Vorstoß ihrer Chefs hörten, man möge in Zukunft bitte den Sonntag zum Shopping-Tag machen. Sonntags-Zuschläge hin oder her, wer im Einzelhandel tätige Freunde hat, der weiß, wie sehr sie sich jedes Mal auf die Wochenend-Schichten „freuen“.

Viel bezeichnender an der Forderung der großen Ketten ist aber die Tatsache, dass man nun am liebsten per Gesetz den Online-Handel einholen will. Wenn man das hört, klickt man sich dann ein bisschen durch Karstadt.de und Kaufhof.de, lächelt und überlegt, wann man zuletzt in der Innenstadt beim stationären Ebay-Händler eingekauft hat…

Entwicklungen verschlafen – seit Jahren

Die Warenhäuser fordern keine Waffengleichheit, sie fordern einen Freifahrtschein, um den E-Commerce auf Distanz zu halten. Noch immer wird der meiste Umsatz im stationären Handel generiert, längst ist Omnichannel aber eine vielversprechende Option, den Kundenstamm ins Internet zu erweitern (Real etwa ist hier nur das aktuellste Beispiel). Es ist leicht (und zwar kinderleicht, liebe Traditionsunternehmen!) wie nie zuvor, die eigenen Flächen um eine Online-Präsenz zu erweitern und das haben quasi alle, die jetzt bockig Regelungen vom Staat fordern, sogar bereits gemacht.

Es ist aber nicht das Problem der Online-Pure-Player, wenn Warenhausketten es nicht auf die Reihe bekommen, sich ein vernünftiges Konzept zu überlegen, um online vernünftige Marktanteile zu erreichen. Dass die Online-Shops von Karstadt und Kaufhof im Vergleich mit der Konkurrenz quasi keine Rolle spielen, spricht Bände und zeigt einmal mehr, dass hier eine ganze Branche über mittlerweile Jahrzehnte wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen komplett verschlafen hat.

Da helfen auch zehn verkaufsoffene Sonntage mehr nicht, ganz im Gegenteil: Das führt nur dazu, dass man sich weiter auf seinen mehrstöckigen Gemischtwarenläden ausruht und die Konkurrenz aus dem Netz irgendwann tatsächlich die Nase vorn hat. Waffengleichheit? Die ist längst da, man könnte sogar auch online weit im Vorteil sein. Mit der Einstellung „Dieses Internet wird sich sowieso nie durchsetzen“ hat es der stationäre Handel aber fast geschlossen in den vergangenen Jahren einfach verschlafen, mit der Zeit zu gehen. Jetzt per Gesetz Öffnungszeiten liberalisieren zu wollen, um die Quittung dafür nicht zu erhalten – das wirkt schon sehr verzweifelt, um es milde auszudrücken.