Im Internet kann man scheinbar wirklich mit allem handeln – selbst mit Flensburg-Punkten und Bußgeldern. Das Geschäftsmodell der Punktehandel-Börsen ist dabei simpel und scheinbar leider auch sehr effektiv. Doch das ganze Geschäft spielt sich nicht unbedingt im legalen Bereich ab.

Hauptgebäude Kraftfahrtbundesamt in Flensburg
© Kraftfahrtbundesamt

Keiner hat in Flensburg gern ein volles Punkte-Konto. Doch was machen, wenn man bereits fünf oder sechs Punkte hat? Ab dem achten ist der Führerschein weg. Entsprechend ist es nur wenig verwunderlich, dass findige Händler Punkte-Tauschbörsen im Netz eröffnet haben.

Das System des Tausches ist einfach und läuft von kleinen Abweichungen abgesehen immer gleich ab: Der Verkehrssünder meldet sich bei dem entsprechenden Portal an und reicht den Anhörungsbogen der Bußgeldstelle ein. Das Portal sucht dann nach einem passenden Ersatz in der Datenbank. Der Strohmann wird dabei nach Geschlecht, Alter und Aussehen ausgewählt. Das Ziel ist, einen möglichst passenden Ersatz zu finden. Dieser füllt dann den Anhörungsbogen der Bußgeldstelle aus und übernimmt somit Punkte oder Fahrverbote. 

Bis zu 1.000 Euro für den 8. Punkt

Geld verdienen die Portale, indem der Verkehrssünder eine „Gebühr“ bezahlt. Laut MDR variiert diese je nach Anbieter und Vergehen. So sollen für einen Punkt je nach Anbieter zwischen 80 und 250 Euro fällig werden. Bei einem Fahrverbot liegt der Betrag gern zwischen 150 und 300 Euro. Wie auf bussgeld-info.de zu lesen, kann der betrag sogar im vierstelligen Bereich liegen, wenn mit dem Punkte-Verkauf der Zweck des Behaltens vom Führerschein erreicht werden soll.

Ein Teil der Gebühr geht an das Portal, der Rest an den „Tauschpartner“. Wie hoch die Anzahl der getauschten Punkte und Bußgelder ist, lässt sich schwer sagen, da sich die Portale bedeckt halten bzw. auch im privaten Kreis solche Tauschgeschäfte stattfinden. Wie der MDR jedoch herausgefunden hat, scheint sich das Geschäft für die Betreiber der Portale zu lohnen. Gegenüber dem MDR erklärt ein Betreiber eines entsprechenden Online-Portals, dass er ca. 2.000 Autofahrer in seiner Datenbank hätte. In sechs Jahren, so heißt es, konnte er ca. 1.000-mal vermitteln.

Ist der Punkte-Verkauf legal?

Stellt sich die Frage, ob der Handel mit Punkten legal ist. Die Portalbetreiber erklären auf ihren Seiten, dass die „Selbstbezichtigung einer Ordnungswidrigkeit“ straffrei sei. Aber entspricht das auch den Tatsachen? Ivan Bremers, Volljurist und juristischer Redakteur bei den OnlinehändlerNews, erklärt:

„So verlockend der Online-Handel mit Flensburg-Punkten für den betroffenen Fahrer erscheint, rechtlich kann nicht dazu geraten werden. Auch der Handel kann oftmals strafbar sein. Lange Zeit war verbreitet, dass es straflos ist, wenn sich ein Anderer selbst bezichtigt. Diese Meinung wird auch oft im Internet verbreitet. Im Raum steht für beide jedoch die falsche Verdächtigung nach dem Strafgesetzbuch (§164 StGB). Dies hat das OLG Stuttgart entschieden. Daneben kann wegen Falschbeurkundung ermittelt werden. Und das Geld gäbe es bei sittenwidrigen Geschäften auch nicht zurück.“

Und auch das Portal bussgeld-info.de ist sehr eindeutig. Dort heißt es, dass sich Menschen, die Punkte übernehmen, laut deutschem Recht strafbar machen. Die, die die Punkte verkaufen, ebenso. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) ist bemüht, verstärkt gegen diese Art des Betrugs anzukämpfen und möchte dagegen vorgehen. Insbesondere deshalb, weil die Vergabe von Punkten einen verkehrsrechtlich-erzieherischen Wert übermitteln soll.