Judith Williams ist Löwin der ersten Stunde. Zum mittlerweile vierten Mal wird sie mit den vier anderen Löwen um die besten Investment-Möglichkeiten konkurrieren. Wir haben vor dem Start der vierten Staffel „Die Höhle der Löwen“ mit ihr über das Scheitern und Neuanfänge gesprochen.
OnlinehändlerNews: Die Gründerkultur in Deutschland wird in den vergangenen Jahren – auch durch „Die Höhle der Löwen“ – wieder stärker diskutiert und ist wieder in den Vordergrund gerückt. Wo steht das Gründertum hierzulande Ihrer Meinung nach?
Judith Williams: Die Höhle der Löwen hat bereits viel bewirkt. Die StartUps haben nicht nur Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch einen kleinen Kulturwandel eingeleitet. Gerade junge Menschen träumen davon, ein eigenes StartUp zu gründen. Ich glaube, diesen Effekt kann man nicht hoch genug bewerten. Dennoch ist Deutschland noch kein Gründerland. Die Politik muss mehr tun, um die gesetzlichen Barrieren zu lockern. Und wir brauchen bessere Voraussetzungen für Investoren, die sich an StartUps beteiligen. Die Summen, die in Deutschland für Firmengründungen zur Verfügung stehen, sind verglichen mit den USA Peanuts. Kein Wunder also, dass weltmarktbeherrschende Firmen wie Google, Facebook und Amazon nicht bei uns entstanden sind.
Welcher Pitch aus den vergangenen Staffeln ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Der Popcornloop. Murat Akbulut und seine Familie standen damals vor der Insolvenz, hatten nichts mehr und setzten alles auf eine Karte. Heute leben die Akbuluts in einer Villa mit Pool. Die Höhle der Löwen hat deren Leben komplett verändert. Ich war von der ersten Sekunde von diesem Produkt überzeugt. Ich bin Amerikanerin und liebe Popcorn. Jetzt gibt es endlich eine Lösung, daheim gesundes und leckeres Popcorn zu machen. Auch geschäftlich ist der Popcornloop ein großer Erfolg. Mittlerweile konnten wir sogar in den USA, dem Mutterland des Popcorns, Verkaufserfolge feiern.
Was muss ein Gründer mitbringen, um Sie zu überzeugen?
Begeisterung und Ausdauer. Ein Gründer muss mit ganzem Herzen für den Aufbau seines Unternehmens brennen. Und er muss Rückschläge als wesentlichen Teil eines erfolgreichen Unternehmensaufbaus verstehen. Wer aus Fehlern nichts lernt oder gleich die Flinte ins Korn wirft, sollte kein StartUp gründen. Das Produkt ist dagegen fast schon zweitrangig. Das kann man ändern, verbessern oder ersetzen.
Gibt es einen Deal, bei dem Sie es bereuen, dass Sie ihn nicht gemacht haben?
Nein, im Gegenteil. Es gibt Deals, da freue ich mich heute, dass nicht ich sie gemacht habe.
Worauf können sich die Fans der Sendung in der kommenden Staffel freuen?
Auf bissige Löwen, die um viele gute Deals kämpfen, und auf sehr engagierte Gründer mit tollen Produkten. Jahr für Jahr werden die Pitches bei Die Höhle der Löwen professioneller. Man sieht, dass diese Business-Show die Gründerkultur in Deutschland positiv beeinflusst.
Aufgrund einer Krankheit mussten Sie für zwei Folgen ausfallen. Glaubt man in einer solchen Situation, dass man vielleicht den ganz großen Deal gerade verpasst?
Nein, denn ich hatte die beste Vertretung, die man sich wünschen kann. Mein Geschäftspartner Dr. Georg Kofler ist ein Vollblut-Unternehmer und hat schon viele Unternehmen groß gemacht, darunter auch mehrere Fernsehsender. Also wenn nicht er, wer dann?
Mit welchen drei Worten würden Sie die Löwen in dieser Staffel beschreiben?
Bissig, konzentriert, entschlossen.
In der letzten Staffel hat man – vor allem gegen Ende – deutliche Spannungen zwischen Ihnen und Jochen Schweizer beobachten können. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm heute?
Ich habe Jochen Schweizer seit der letzten Aufzeichnung nicht mehr getroffen, wünsche ihm, seiner Familie und seinem Unternehmen aber nur das Beste.
Wann wagen Frauen einen Neustart?
Frauen wagen einen Neustart oft dann, wenn es in ihrem Leben ein Bruch gibt. Oder wenn sie sich verändern wollen. Das kann in jedem Alter passieren. Und oft spielt auch die private Situation eine wichtige Rolle dabei, komplett neu anzufangen.
Wann haben Sie selbst beschlossen einen Neustart zu wagen?
Das Schicksal hat mich dazu gezwungen. Ich wollte eigentlich Opernsängerin werden, aber dann wurde bei mir ein gutartiger Tumor entdeckt. Die Therapie führte dazu, dass ich für einen längeren Zeitraum nicht mehr singen konnte. Ich war natürlich am Boden zerstört, aber nach ein paar Tagen tiefster Trauer wurde mir klar, dass Aufgeben keine Option ist. Ich habe dann in einem Fitnessstudio angefangen, hinter der Theke zu arbeiten, wo ich mein Verkaufstalent entdeckte. Später habe ich dann bei einem Casting für einen Shoppingsender teilgenommen – und bin durchgefallen. Erst im zweiten Anlauf hat es dann geklappt.
Wer sind gute Ratgeber beim Neustart? Wo kann man sich Hilfe holen?
Der beste Ratgeber ist man zunächst selbst. Nur ich kann die Frage beantworten: Was ist mein Ziel? Wenn die Richtung klar ist, dann holt man sich gezielt Ratgeber für die einzelnen Schritte. Ich will eine GmbH gründen? Dann nehme ich zum Beispiel die Beratung einer Industrie- und Handelskammer in Anspruch oder absolviere gleich ein ganzes Gründerseminar. Wichtig ist: Nicht zu große Schritte machen. Kein erfolgreiches Unternehmen ist über Nacht aufgebaut worden.
Welche Risiken birgt ein Neustart?
Was passiert, wenn ein kleines Kind laufen lernt? Es fällt hin. Nicht einmal, nicht zweimal, zig mal. Trotzdem: Irgendwann läuft es und erobert die Welt. Wer einen Neustart wagt, wird Fehler machen oder in Sackgassen landen. Aber das gehört zu jedem Neustart. Das größte Risiko eines Neustarts sind deshalb nicht Fehler, die passieren, sondern sich von diesen Pannen entmutigen und aus der Bahn werfen zu lassen.
Wenn man den großen Neustart nicht wagen kann: Wie kann man in kleinen Schritten neu starten? Fünf goldene Regeln für den Neustart?
Wer zu neuen Ufern will, muss alte verlassen. Wachsen kann man nur, wenn man seine eigene Komfortzone verlässt. Auch einen großen Neustart sollte man in kleinen Schritten absolvieren, um kleine Fehler schnell auszubügeln. Ich würde deshalb nicht alles auf eine Karte setzen. Wichtig für einen erfolgreichen Neustart ist es außerdem, ein konkretes Ziel vor Augen zu haben. Und last but not least: Glaube an dich. Höre auf deine innere Stimme. Gehe mit offenen Augen durchs Leben. Sehe die Dinge positiv, auch wenn sie sich in deinen Weg stellen. Und blühe dort, wo du gepflanzt bist und vergleiche dich nicht mit Menschen, denen es vermeintlich besser geht.
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